Bauaussichten 2023
Jetzt Investitionsimpulse schaffen
Nachfrageseitig sind deutliche Rückgänge zu erwarten, insbesondere im Wohnungsbau. So sind die Auftragseingänge in diesem Bereich seit einigen Monaten stark rückläufig, hinzu kommt eine hohe Zahl an Stornierungen. Vor allem im Eigenheimbau werden viele Bauprojekte aufgegeben oder verschoben. Aber auch der Mehrfamilienhausbau dürfte deutlich nachlassen, darauf deuten nicht zuletzt entsprechende Umfragen aus der Immobilienwirtschaft hin. Im Nichtwohn-Hochbau und im Tiefbau ist die Baunachfrage ebenfalls rückläufig. Dabei ist im öffentlichen Bau im Zusammenhang mit den nominalen Haushaltsansätzen und den sprunghaft angestiegenen Baupreisen ein deutlicher Rückgang der nachgefragten realen Bauleistungen absehbar. Da der noch bestehende Auftragsbestand zunehmend abgearbeitet wird und nur wenig Aufträge nachkommen, erwartet der bbs für 2023 rückläufige Bauinvestitionen in allen Sparten.
Der absehbare Nachfrageeinbruch im Bau steht im Gegensatz zum Baubedarf. So hatte die Bundesregierung aus gutem Grund ambitionierte Wohnungsbauziele formuliert, die in immer weitere Ferne gerückt sind. Auch im Bereich der energetischen Gebäudesanierung und des Ausbaus beziehungsweise der Ertüchtigung der öffentlichen Infrastruktur bestehen gewaltige Herausforderungen. Daher gefährdet die absehbare Baukrise nicht zuletzt auch die Klimaziele der Bundesregierung und sorgt für eine weitere Verschärfung der sozialen Ungleichgewichte auf dem Wohnungsmarkt.
Damit der Bau seine Rolle zur Stützung der Konjunktur und für die Modernisierung der Gesellschaft weiter ausfüllen kann, ist die Politik aufgefordert, die Bautätigkeit durch zielgerichtete Maßnahmen zu stabilisieren. Doch dazu benötigt es einen parteiübergreifenden Willen, etwa für die Vereinfachung ordnungsrechtlicher Vorgaben, die Schaffung weiterer Anreize für den Bau von bezahlbaren Mietwohnungen und die Er-weiterung der geplanten Wohneigentumsförderung im Hinblick auf die Stärkung der Eigenkapitalbasis. Im Bereich energetischer Modernisierungen wäre angesichts des großen Handlungsbedarfs mit Blick auf die ambitionierten Klimaziele für den Gebäudesektor, die Einführung neuer befristeter Förderinstrumente wie etwa eines Modernisierungs-Kindergeldes sinnvoll; daneben sollte die Verschlechterung der BEG-Förderung etwa im Hinblick auf den Wegfall der EH 100-Förderung korrigiert werden. Im Bereich öffentlicher Investitionen ist es im Interesse einer funktionierenden Infrastruktur wichtig, das reale Investitionsvolumen an die Preisentwicklung anzupassen.
In Zeiten von Ukraine-Krise, Energiekrise und perspektivischer Baukrise, muss klar sein, dass zusätzliche Nachfrageimpulse für die Bauwirtschaft mit erheblichen Belastungen für die öffentliche Hand einhergehen. Allerdings werden damit auch zentrale Investitionen in die Zukunft Deutschlands geleistet, Arbeitsplätze erhalten und Wirtschaftswachstum generiert. Die Baustoff-Steine-Erden-Industrie könnte, gemeinsam mit der gesamten Wertschöpfungskette Bau, dauerhaft zur Modernisierung unserer Volkswirtschaft beitragen und Taktgeber für die gesellschaftliche Transformation und mehr Resilienz sein kann. Die Mittel wären zukunftsfest investiert.