Kommentar
Säbelrasseln
von: Kai-Werner FajgaWenn diese Ausgabe der ABZ erscheint, ist der eilig anberaumte Autogipfel in Berlin, der in diesen Tagen stattfand, schon wieder Geschichte. Die seit geraumer Zeit kursierenden Meldungen über sinkende Absatzzahlen, hohe Kosten und wachsende Konkurrenz aus China waren allerdings wohl weniger der Grund für Wirtschaftsminister Habeck, den Rufen der kriselnden Autobranche eine Plattform zu geben. Vielmehr erfolgte die Einladung zum Autogipfel unmittelbar nach der Ankündigung von Hersteller Volkswagen, möglicherweise Personal abzubauen und Werke in Deutschland zu schließen, weil die selbstgesteckten Sparziele des Konzerns nicht erreicht worden seien.
Auch BMW und Mercedes hatten ihre Gewinnprognosen für 2024 jüngst nach unten angepasst, der schleppende Absatz vonE-Autos und hohe Kosten für die Umsetzung der Elektroauto-Strategien wurden genannt. Zum Autogipfel monierte auch die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie, Hildegard Müller, "drastische Versäumnisse beim Ausbau vom Wirtschaftsstandort Deutschland", der international nicht mehr wettbewerbsfähig sei. Es müsse erneut über die Senkung der europäischen CO2-Regeln gesprochen werden, habe Mercedes-Chef Ola Källenius gesagt, die IG Metall forderte ein Förderpaket für Elektromobilität.
Eine "Abwrackprämie 2.0", die den Absatz von E-Autos ankurbeln soll, hatte die SPD vor dem Treffen vorgeschlagen. An negativen Meldungen im Autoland mangelt es aktuell also nicht. Mancher zieht sogleich eine Parallele zum rückläufigen Wohnungsbaumarkt, der Hauptverband Deutsche Bauindustrie hatte jüngst festgehalten, dass der Markt seit 27 Monaten rückläufig sei, seit 22 Monaten im zweistelligen Bereich. Von solchen Hiobsbotschaften ist die Autoindustrie jedoch noch weit entfernt. Nach Ansicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) haben die deutschen Automobilhersteller weiterhin "alle Möglichkeiten und Fähigkeiten, sich im globalen Wettbewerb zu behaupten".
Dafür müssten sich die Automobilhersteller jedoch neu erfinden und ihre Innovationsstärke verlagern und nutzen, um den Umstieg auf E-Mobilität und autonomes Fahren schneller und besser umzusetzen", habe DIW-Präsident Marcel Fratzscher gesagt. Moritz Schularick, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft, plädierte gegen staatliche Hilfen für die Konzerne. Es stehe ein Strukturwandel bevor, der nicht aufgehalten werden dürfe.