Kommentar

Schwarze Schafe

von: Kai-Werner Fajga
Da müssen die Nerven schon blank gelegen haben: Nachdem Zollbeamte bei einer Razzia auf dem Hof einer Baufirma in Weil der Stadt Anfang Juli sechs Schwarzarbeiter festgenommen hatten, wandte sich drei Tage später die Bauinnung Böblingen-Leonberg an die Presse. Mit der Information, dass die Razzia keinen der Mitgliedsbetriebe der Innung betroffen habe. Der stellvertretende Obermeister der Bauinnung, Maik Waidelich, habe sich nach unzutreffenden Verdächtigungen im Netz "zu einer öffentlichen Klarstellung gezwungen" gesehen. Der Fall habe gezeigt, wie wichtig es sei, sich bei der Auftragsvergabe an seriös arbeitende Bauunternehmen zu wenden. Aufmerksamen Beobachtern wird nicht entgehen, dass Zollkontrollen regelmäßig Verstöße auf Baustellen feststellen – jeden Monat finden sich neue Meldungen in der Presse. Ob illegale Beschäftigung, Ketten- oder Mindestlohnbetrug, der verbrecherischen Fantasie vieler "Unternehmer" scheint da keine Grenze gesetzt. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Bundesfinanzministeriums – eine Ermittlungsabteilung des Zolls – hat 2020 über 100.000 Strafverfahren in allen Branchen eingeleitet, Schäden in der Gesamthöhe von rund 816 Millionen Euro wurden aufgedeckt. Die Baubranche steht leider bei vielen Ermittlungen im Fokus. Nach Angaben der Süddeutsche Zeitung hatte hat sich der Bundesrechnungshof beispielsweise 2019 mit dem Phänomen des Kettenbetrugs in der Baubranche befasst und 2606 Fälle erfasst. Die IG BAU verwies jüngst darauf, dass die Finanzkontrolle Schwarzarbeit für 2020 über 4000 Ermittlungsverfahren wegen Mindestlohnverstößen eingeleitet hatte – die meisten Verstöße habe es auf Baustellen gegeben. Auch wenn sich der überwiegende Teil der Unternehmen gesetzestreu verhalte, sorgten 'schwarzen Schafe' mit ihren Machenschaften immer noch für 'Wild-West-Methoden' auf manchen Baustellen, konstatierte der IG BAU-Vorsitzende Robert Feiger. Das Volumen der Verstöße gebietet, dass der Kontrolldruck auf Baustellen erhöht werden muss, um eine gewisse Abschreckung zu erreichen. Auch die Erhöhung der Bußgelder und die verpflichtende Nachzahlung unterschlagener Leistungen kann helfen. Aber reicht das aus? Der IG BAU-Vorsitzende machte zur Unterbindung von Mindestlohnverstößen in der Baubranche nun einen Vorschlag, der aufhören lässt: Er forderte ein öffentliches Mindestlohn-Melderegister, in dem Verstöße von Unternehmen eingetragen werden und auf dessen Grundlage "schwarze Schafe" von Vergaben öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden sollen. Eine hehre Forderung, die vielleicht den Gerechtigkeitsnerv aller weißen Schafe der Branche treffen würde, die aber sicherlich weit über das Ziel hinaus schießt. Schon allein aus Datenschutzgründen hätte ein solches Ansinnen keine Chance auf Realisierung, die rechtliche Zulässigkeit eines solchen Registers erscheint ebenfalls mehr als fraglich. Zudem erinnert mich der Vorschlag dann doch etwas sehr deutlich an einen mittelalterlichen Pranger, wo seinerzeit Missetäter öffentlich zur Schau gestellt und gepeinigt wurden. Wünschen wir uns tatsächlich solche Verhältnisse zurück?

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