Kommentar
Stärken statt aufweichen
von:Robert Bachmann
Handwerk hat goldenen Boden, heißt es einer bekannten Redewendung zufolge. Vor allem auf die Bau- und Ausbaubranche bezogen erlangt der alte Sinnspruch derzeit wieder einiges an Aktualität. Und doch darf er nicht darüber hinweg täuschen,dass das Handwerk an vielen Fronten gegen Widrigkeiten kämpfen muss. Schwarzarbeit, Preisdumping und nicht zuletzt dervon Imageproblemen getriebene Nachwuchsmangel treiben dem Dienstleistungsgewerbe auch in Zeiten baukonjunktureller Jubelgesänge Sorgenfalten auf die Stirn. Da verwundert es nicht, wenn entsprechende Interessenvertreter hochsensibel auf die Ankündigung reagieren, dass die EU im Rahmen einer Dienstleistungsreform die innerdeutsche Regulierung der Berufsausbildung auf den Prüfstand stellen möchte. Die Mitgliedstaaten sollen künftig anhand von aufwendigen Prüfungen nachweisen, dass ihre Regeln für die Ausbildung oder die Anforderung an bestimmte Berufe Ausländern nicht den Zugang zu diesen Berufen erschweren. In Brüssel versteht man derartige Sorgen nicht. Schließlich wolle man lediglich für einen fairen Wettbewerb sorgen, Meisterbriefe und duales Ausbildungssystem blieben unangetastet. Dem will man hierzulande jedoch nicht recht trauen. Erst vor wenigen Jahren verabschiedete sich Deutschland auf Druck der EU in 53 Berufen vom Meisterzwang. U. a. das Fliesenlegerhandwerk hatte darunter stark gelitten. Auch in anderen Bereichen – zuletzt der Bauproduktnormung – zeigt sich ein beunruhigender Trend zu deregulierenden Eingriffen in den deutschen Binnenmarkt im Zuge europäischer Bestrebungen, einen "fairen Wettbewerb" zu gewährleisten. Sicherlich gilt es im vorliegenden Fall, Pro und Kontra sorgsam und objektiv abzuwägen. Klar ist auch, dass der Arbeitsmarkt in Deutschland, vor allem im Bau- und Ausbaugewerbe, auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen sein wird. Gleichwohl sollten alle politischen Eingriffe zunächst dahingehend ausgerichtet sein, Ausbildung und Beruf in diesen Bereichen zu stärken statt aufzuweichen.
ABZ-Stellenmarkt
