Komplexe Aufgabe gemeinsam gelöst

Kegelstrahlschieber instand gesetzt

Hilpoltstein (ABZ). – Der Main-Donau-Kanal ist mit rund 171 km Länge eine wichtige Bundeswasserstraße, die den Main mit der Donau verbindet. Insgesamt 16 Schleusen sorgen für die Überwindung der Höhenunterschiede auf der Strecke. Zwischen den beiden Schleusen Hilpoltstein und Bachhausen liegt die knapp 17 km lange Scheitelhaltung, die mit 406 m über NN den höchsten Punkt im europäischen Wasserstraßennetz bildet. Der Höhenunterschied, den die Schiffe mit der Schleuse Hilpoltstein dabei überwinden müssen, beträgt 24,67 m. Damit ist sie eine der drei Schleusen in Deutschland mit der größten Fallhöhe. Umso wichtiger ist es, dass die Schleuse stets einwandfrei funktioniert.
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Beim Wiedereinbau war Millimeterarbeit gefragt: Der instandgesetzte Kegelstrahlschieber wurde langsam abgelassen. Fotos: CTR

Für diese Zwecke werden regelmäßig Inspektionen und Wartungen sowie Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt. Bei einer dieser Inspektionen wurden verschiedene Schäden an dem Kegelstrahlschieber des Leerschusskanals festgestellt. Zur Instandsetzung des Kegelstrahlschiebers, der bei einem Durchmesser von 1,5 m und einer Länge von etwa 4,5 m ein Gewicht von gut 9 t hat, beauftragte die Fachstelle Maschinenwesen Süd beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt MDK Donau die Firma Coswiger Tief- und Rohrleitungsbau GmbH (CTR). Als Nachauftragsnehmer fungierte die Firma RAC-Rohrleitungsbau Altchemnitz GmbH beziehungsweise die Tochtergesellschaft RAC Service GmbH, die sich unter anderem im Bereich Stahlbau auf die Instandsetzung von Armaturen, Pumpen sowie von Arbeits- und Kraftmaschinen spezialisiert hat.

Entlang der Schleuse Hilpoltstein befindet sich der sogenannte Leerschusskanal, durch den Wasser um die Schleuse herum vom Ober- ins Unterwasser geleitet wird. Er wird hauptsächlich zur Wasserüberleitung vom wasserreichen Donaugebiet in das wasserarme Maingebiet genutzt. Da ein ungeregelter Durchfluss zu einem Absinken des Wasserstandes im Oberwasser führen würde, wird der Abfluss durch einen Kegelstrahlschieber reguliert. Dieser besteht aus einem Schieberrohr und einer Schieberhülse, die über einen hydraulischen Antrieb angetrieben wird. Hierdurch kann die radiale Öffnung des Kegelstrahlschiebers verändert und die Durchflussmenge geregelt werden. Zusätzlich zu der Regulierung der Durchflussmenge kann mithilfe einer Absperrklappe, die als Notbeziehungsweise Revisionsverschluss dient, der Zufluss zu dem Kegelstrahlschieber komplett unterbunden werden. Zwischen Absperrklappe und Kegelstrahlschieber liegt ein Zwischenrohr. Oberhalb der gesamten Konstruktion aus Absperrklappe, Zwischenrohr und Kegelstrahlschieber befindet sich der Hydraulikantrieb der Schieberhülse.

Bei einer routinemäßigen Inspektion der Schleuse und des Leerschusskanals hatte sich nun herausgestellt, dass der Kegelstrahlschieber verschiedene Verschleißerscheinungen aufwies. Unter anderem waren die Gleitlager und die Anschlagpunkte der Hydraulikzylinder an der Schieberhülse verschlissen, an einem der Wasserleitbleche wurde ein Schweißnahtriss festgestellt und im Auslassbereich des Kegelstrahlschieber entdeckte man Kavitationsschäden, die durch den Unterdruck beim Durchfließen entstanden sind. Auch die Absperrklappe und das Zwischenrohr wiesen Schäden auf, die ebenfalls instand gesetzt werden mussten. Zudem sollte das Zwischenrohr eingekürzt und mit einem neu herzustellenden Ausbaustück ergänzt werden. Dieses neue Ausbaustück soll zukünftig eine einfachere Zugänglichkeit und Wartung des Rohrstrangs ermöglichen. Da für die Beseitigung der vorliegenden Schäden der Kegelstrahlschieber in seine Einzelteile zerlegt werden musste und auch das Einkürzen des Zwischenrohres nicht vor Ort erfolgen konnte, wurden beide Bauteile aus der Anlage ausgebaut, extern aufgearbeitet, beziehungsweise bearbeitet, und anschließend wieder eingebaut. Diese Arbeiten erfolgten während der turnusmäßigen Außerbetriebnahme der Schleuse für Inspektionszwecke. Für die Dauer zwischen Aus- und Wiedereinbau wurden die verbleibenden offenen Rohrenden mit Blindflanschen und Dichtungen verschlossen, damit kein Wasser in den Antriebsraum eindringen konnte.

Für die komplexen Arbeiten zur Instandsetzung des Kegelstrahlschiebers waren unterschiedliche Fachkompetenzen gefragt. Daher entschied sich CTR vor der Angebotsabgabe, die Aufarbeitung des ausgebauten Kegelstrahlschiebers und der Absperrklappe sowie die Kürzung des Zwischenrohres an RAC zu vergeben. Weitere Arbeiten, wie die Demontage der einzelnen Teile, Planung und Herstellung sowie Montage der beiden Blindflansche und deren Dichtungen, Fertigung des neuen Ausbaustückes und den Wiedereinbau aller Teile übernahm CTR selbst.

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Für die Demontagearbeiten hatten die Ausführenden nicht viel Platz: Erst nach dem Ausbau der Abdeckplatte und des Zwischenbodens im Antriebsraum sowie der Demontage des Hydraulikantriebes konnten sie den Kegelstrahlschieber demontieren.

"Wir suchen immer Projekte, die besonders spannend sind. Und dieses war durchaus eine Herausforderung", erläutert Jörg Werner, technischer Geschäftsführer von CTR. Der Ausbau des Kegelstrahlschiebers und des ungekürzten Zwischenrohres sei ein komplexer Vorgang gewesen, der durch die eigene Konstruktionsabteilung begleitet und betreut wurde. "Nicht nur, dass der Kegelstrahlschieber mit einem Gewicht von gut 9 Tonnen nicht gerade leicht gewesen sei, auch der vorhandene Raum für den Ausbauvorgang innerhalb des Antriebsraumes war sehr begrenzt", so Werner. Der Raum rechts und links neben dem Reglungsorgan sei kaum vorhanden gewesen und oberhalb habe sich der Hydraulikantrieb befunden, welchen man zunächst habe ausbauen müssen, um an die darunterliegenden Teile der Anlage zu gelangen. Nach der Demontage erfolgte der Transport des Kegelstrahlschiebers zusammen mit dem Zwischenrohr und der Absperrklappe nach Chemnitz in die Werkshallen von RAC. Zusätzlich musste ein Teil des Hydraulikantriebes ebenfalls nach Chemnitz gebracht werden, um im Werk einen Probebetrieb und die notwendigen Prüfungen nach der Instandsetzung durchzuführen.

Für die fachgerechte Instandsetzung des Kegelstrahlschiebers musste dieser zunächst in seine Einzelteile zerlegt werden. Mithilfe eines Hallenkrans wurde er vertikal aufgerichtet. Anschließend wurde das Schieberrohr aus der Schieberhülse herausgehoben. Bevor sie die Kavitationsschäden durch mehrlagige Auftragsschweißungen beseitigten, brachten die RAC-Mitarbeiter Glühgürtel am Schieberrohr an. Diese dienten der kontrollierten Wärmehaltung während der Schweißarbeiten. Nach Abschluss der Schweißarbeiten und der mechanischen Bearbeitung erhielt das Schieberrohr eine Zink- Grundbeschichtung. Anschließend prüften die Mitarbeiter die Schweißnähte mittels Magnetpulververfahren. Die Kavitationsschäden an der Schieberhülse wurden auf die gleiche Art und Weise durch Auftragsschweißungen unter Verwendung von Glühgürteln behoben. Nach der mechanischen Bearbeitung wurde zur Überprüfung der vorgegebenen Einbaumaße die Schieberhülse mithilfe des Hallenkranes über das Schieberrohr gefahren.

Diese Prüfung verlief positiv: Die Schieberhülse glitt leichtgängig über die Aluminiumbronze-Gleitschienen des Schieberrohres. Der abschließende Korrosionsschutz der einzelnen Bauteile erfolgte nach DIN EN ISO 12944 "Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme". Die Gesamtbeschichtung setzte sich demnach aus einer Grundbeschichtung, zwei Zwischenbeschichtungen und einer Endbeschichtung zusammen. Die einzelnen Schichtdicken wurden dabei mit einem Schichtdicken-Messgerät gemessen und die Werte im Rahmen der Qualitätsüberwachung dokumentiert.

Ebenso Bestandteil der Qualitätsüberwachung war die Funktions- und Druckprüfung des fertig instand- und wieder zusammengesetzten Kegelstrahlschiebers. Hier kam auch der Hydraulikantrieb zum Einsatz, der extra für diesen Zweck mit nach Chemnitz geliefert worden war. Nach Abschluss aller Instandsetzungsarbeiten wurden der komplette Kegelstrahlschieber, das gekürzte Zwischenrohr, die Absperrklappe und der Hydraulikantrieb zurück an die Schleuse Hilpoltstein geliefert.

"Die Montage der einzelnen Teile konnte von uns planmäßig in der Phase der Außerbetriebssetzung der Schleuse im Dezember 2018 durchgeführt werden", resümiert Werner. Theoretisch sei die Montage auch zu einem früheren Zeitpunkt möglich gewesen, aber das vorgeschriebene Zeitfenster konnte nicht verschoben werden.

Werner sei sehr zufrieden mit der Kooperation mit dem Chemnitzer Unternehmen RAC: Es gäbe im Main-Donau-Kanal noch weitere Schleusen mit Kegelstrahlschiebern, bei denen ähnliche Arbeiten erforderlich werden könnten. Eine Wiederholung der erfolgreichen Kooperation zwischen CTR und RAC sei durchaus denkbar.

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