Landesgartenschau in Schwäbisch Gmünd

Forstpavillon hat Kern aus Holzfaserplatten

Dämmstoffe
Der Schichtaufbau mit Gutex Holzfaserdämmung. Foto: ICD-ITKE-IIGS

SCHWÄBISCH GMÜND (ABZ). - Das auf der Landesgartenschau in Schwäbisch Gmünd so schlicht betitelte Objekt "Forstpavillon" ist ein Meisterwerk technischer Holzbaukunst auf Basis von natürlichen Vorbildern. Das Entwicklungsteam der Uni Stuttgart setzt sich aus Mitarbeitern des Instituts für Computerbasiertes Entwerfen (ICD), des Instituts für Tragskonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) sowie des Instituts für Ingenieurgeodäsie (IIGS) zusammen. Diese wurden in der Umsetzungsphase von der Firma müllerblaustein Holzbauwerke und der Kuka Roboter GmbH praxisnah beraten und unterstützt. Raum für solch eine spektakuläre und öffentlichkeitswirksame Holzkonstruktion bot die Landesgartenschau Schwäbisch Gmünd auf dem Gelände des "Himmelsgartens". Der Landesbetrieb Forst Baden-Württemberg zeigte während der Landesgartenschau in dem Forstpavillon eine interaktive Ausstellung zum Thema Holzverwendung. Jetzt wird das Gebäude für Schulungszwecke und Ausstellungen genutzt, wobei das Thema Holz, Holznutzung und auch Dämmung aus Holz im Mittelpunkt stehen wird.

Der Grundgedanke der Strukturelemente des Bauwerks ist angelehnt an die Hülle einer speziellen Seeigelart. Für den Holzbau wurden per Computer 243 Einzelelemente angelegt, die über robotergefräste Zinkenverbindungen wie ein Puzzle zusammengesetzt das Gesamtbauwerk ergeben. Was aussieht wie eine Hülle setzt sich wiederrum aus mehreren Schichten zusammen, u. a. Gutex Holzfaserdämmplatten.

Das Besondere am Forstpavillon steckt in der digitalen Planung und der mit Algorithmen per Computer gesteuerten Umsetzung. Händische Programmierarbeiten entfallen hierdurch fast völlig, so dass Fehlermöglichkeiten weitgehend ausgeschlossen werden können. Das Spezialistenteam erarbeitete im Vorfeld die Randparameter die das Gebäude ausmachen sollen. Das Grundstück und die Anordnung boten Raum für eine Holzkonstruktion von 18 m Länge, 9 m Breite und 6 m Höhe. Form und Räumlichkeit wurden nur bedingt vorgegeben. Der Computer entwickelte eigenständig aus den gemachten Angaben die bestmögliche Struktur. D. h. direkt am Anfang des Projektes wurden alle normalerweise nach und nach erarbeiteten Informationen direkt zusammengefügt: Plan vom Architekt, Statik, Holzbauanforderungen, Materialauswahl und Eigenschaften sowie Verbindungen . . . bis ins kleinste Detail wurde IT-seitig alles zusammengefügt.

Ein Schalentragwerk aus 50 mm starken Buchenplatten gibt dem Gesamtbauwerk die Stabilität und eine phantastische Innenansicht. Das Holz bleibt innen unbehandelt und der Besucher sieht die Struktur durch die feinen Linien der Zinkenverbindungen. Aus den sechseckigen Platten wurden mit einem Industrieroboter und modernster Holzfräsetechnik die Zinkenverbindungen ausgefräst. Da die Mehrdimensionalität nicht mit normaler CNC-Technik machbar war, war es wichtig, Roboter einzusetzen, die gleichzeitig rotieren und schwingen können. Die individuellen Freiformen jeder Platte waren hierdurch realisierbar. Die Plattenkanten sind angeschrägt, wodurch der Rundbau seine hohe Stabilität erhält.

Da die Gebäudehülle auch regen- und winddicht sein soll, ist der Dachaufbau in mehreren Ebenen ausgeführt worden. Auf der Tragkonstruktion verlegten die Zimmerleute eine feuchtevariable Dampfbremsfolie, welche dem Schutz der Dämmebene vor Raumfeuchtigkeit dient. Bei der feuchteadaptiven Dampfbremsfolie, die hier verwendet wurde, kann Feuchtigkeit, die in die Dämmung gelangt ist, wieder in das Rauminnere abgegeben werden.

Ursprünglich war keine Dämmebene geplant. Da es jedoch bei ungedämmten Gebäuden zu Kondensatbildung im Innenraum kommen kann entschied, sich das Team für eine Holzfaserdämmung – hergestellt aus Schwarzwaldholz und produziert in Süddeutschland. Diese Wahl folgte dem regional, nachhaltigen Anspruch der Ausstellung und der Forschungsarbeit. Die Holzfaserdämmplatten in 35 mm Stärke wurden analog zu den Buchenelementen aus größeren Platten herausgefräst. Allerdings mit glatten angeschrägten Kanten ohne Zinkenverbindungen. Diese Arbeiten konnten auch auf den herkömmlichen CNC-Anlagen ausgeführt werden. Die Holzfaserdämmplatten dienen als Hitzeschutz im Sommer und Kälteschutz im Winter. Das offenporige Material mit der höchsten Wärmespeicherkapazität unter den Dämmstoffen wird konventionell im Ein- und Mehrfamilienhausbau seit rund 80 Jahren eingesetzt. Gutex war der erste Hersteller in Europa und hat seinen Standort in Gutenburg im Südschwarzwald.

Zum Schutz der Dachhaut und als wasserführende Schicht ist auf jeder Gutex Platte eine EPDM-Dichtungsbahn mit 6 cm Überlappung nach allen Seiten direkt in der Vorproduktion befestigt worden. Die Stöße wurden auf der Baustelle verschweißt. Darauf werden pro Element eine sechseckige Lattung angelegt, die an den Ecken nicht zusammenstoßen darf, damit evtl. auftretendes Wasser ablaufen kann.

Eine Schicht aus unbehandelten Lärchenholzplatten bildet den optischen Abschluss. Sichtbar bleibt die Befestigung mit Edelstahlschrauben. Die Lärche wird nach und nach verwittern. Sie ähnelt einer hinterlüfteten Fassade ist aber stärker dem Wetter ausgesetzt. Die natürliche Verwitterung haucht dem Objekt Leben ein und steht für die Kraft der Veränderung.

Der Holzbau verändert sich derzeit rasant. Gebäude, Konstruktionen und Formen werden durch modernste Technik machbar, die noch vor einigen Jahren undenkbar waren. Die Nutzbarmachung von Robotertechnik aus der Automobilindustrie und die Umsetzung im Holzbau wurde bei diesem Projekt eindrucksvoll bewiesen. Auch finanziell scheint es hier keine größeren Hindernisse zu geben. Es mangelt eher an der Ressource Mensch, der sowohl in der IT-Technik als auch als Holzbauingenieur kompetent ausgebildet ist und beide Bereiche sinnvoll verbindet. Das es geht, hat das Forschungsteam in Zusammenarbeit mit der Firma müllerblaustein und der Kuka Roboter GmbH eindrucksvoll bewiesen. Für Benjamin Eisele, Bauingenieur bei müllerblaustein, ist das Projekt ein toller Erfolg.

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