Layher-Geschäftsführer Wolf Christian Behrbohm

"Wir können die Sicherheit im Gerüstbau nur alle gemeinsam erhöhen"

Layher TRBS 2121 Gerüstbau
Wolf Christian Behrbohm gehört zur Geschäftsleitung der Wilhelm Layher GmbH & Co KG. Fotos: Layher

Sicherheit ist im Gerüstbau besonders wichtig. Wenn es um den optimalen Arbeitsschutz im Gerüst geht, gibt es jedoch kein Allheilmittel, sagt Wolf Christian Behrbohm, Geschäftsführer der Wilhelm Layher GmbH & Co KG. Im Interview mit ABZ-Chefredakteur Robert Bachmann erklärt er, wo eine wirksame Minimierung von Unfallrisiken ansetzen muss.ABZ: Herr Behrbohm, wenn es um das Thema Arbeitssicherheit am Bau geht, steht häufig v. a. der Gerüstbau im Fokus. Laut Unfallstatistik der BG Bau haben sich 2017 rd. 40 % der tödlichen Arbeitsunfälle durch Stürze ereignet, ein Drittel davon im Gerüstbau. Die Betriebe selbst sehen sich hier zu Unrecht in der Kritik und fordern eine genauere Erfassung der statistischen Werte. Wie stehen Sie aus Herstellersicht zu dieser Diskussion?Behrbohm: Grundsätzlich ist jeder Arbeitsunfall natürlich einer zu viel. Trotzdem muss man bei den Unfallstatistiken und bei den Ursachen differenzieren, wenn man daraus entsprechende Maßnahmen ableiten will. Wichtige Fragen sind bspw., ob ein Unfall bei der Gerüstbenutzung – wie im Rahmen von Maler- oder Stuckateurarbeiten – oder der Montage bzw. Demontage eines Gerüst passiert ist und wie gut die Gerüstmonteure ausgebildet waren. Auf Basis dieser Informationen kann man dann auch zielgerichtete Maßnahmen einleiten, um den tatsächlichen Unfallrisiken entgegenzuwirken.ABZ: Ist der Gerüstbau ein per se riskanteres Gewerk als andere?Behrbohm: Gerüstbauer schaffen sichere Arbeitsplätze in der Höhe für andere Gewerke. Dabei steht das Thema Sicherheit an erster Stelle. Natürlich gibt es im Gerüstbau potentielle Absturzgefahren. Speziell der Aufstieg in die oberste – noch ungesicherte – Gerüstlage ist derzeit wieder verstärkt in der Diskussion. Je nach Gefährdungsbeurteilung stehen Gerüstbauunternehmern aber Möglichkeiten zur Verfügung, um dieses Risiko auf ein Minimum zu reduzieren. In erster Linie sind das Montage-Sicherungs-Geländer (MSG) und die persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz zu nennen. Darüber hinaus kann man mit einer gut durchdachten Montagereihenfolge verschiedene Risiken von vornherein ausschließen. Zusammengefasst: Ja, es gibt im Gerüstbau ein erhöhtes Risikoprofil, es gibt jedoch auch entsprechende Maßnahmen, mit denen sich dieses Risiko minimieren lässt.ABZ: Welchen Stellenwert hat das Thema Sicherheit in der Produktentwicklung bei Layher?Behrbohm: Natürlich spielt die Sicherheit unserer Systeme in der Produktentwicklung bei Layher eine zentrale Rolle. Wir betrachten das Thema Sicherheit jedoch nicht isoliert, sondern verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, der auch die Aspekte Wirtschaftlichkeit und Ergonomie einschließt. Erst aus diesem Dreiklang ergeben sich Produkte, die für unsere Kunden unternehmerisch sinnvoll einsetzbar sind. In der öffentlichen Diskussion kommt das Thema Ergonomie aus unserer Sicht leider kaum vor, obwohl in der Betriebssicherheitsverordnung auch die Forderung nach Ergonomie beim Bereitstellen von Arbeitsmitteln klar formuliert ist – und diese auch im Hinblick auf den Facharbeitermangel eine immer wichtigere Rolle spielt. Mehr denn je wird heute über Themen wie Lebensarbeitszeit bzw. die körperliche Belastung im Gerüstbau diskutiert. Gleichzeitig ist der Einsatz moderner, gewichtsoptimierter Gerüstsysteme ein wichtiges Argument, wenn es um die Attraktivität eines Gerüstbauunternehmens bei der Gewinnung von Fachkräften geht. Als verlässlicher Partner unserer Kunden sind wir also gefordert, in der Produktentwicklung dem Anspruch an Sicherheit, Ergonomie und Wirtschaftlichkeit Rechnung zu tragen.ABZ: Sicherheit auf der einen Seite, Wirtschaftlichkeit auf der anderen – besteht da nicht ein Widerspruch?Behrbohm: Das mag auf den ersten Blick so erscheinen. Für uns ist das aber keineswegs ein Widerspruch. Im Gegenteil: Was uns in der Produktentwicklung tagtäglich antreibt, ist genau die Frage, wie wir diese Themen bestmöglich verbinden können. Der Aufwand hierfür ist relativ hoch. Als Partner der Gerüstbauer ist es aber unser Anspruch, unseren Kunden sowohl sichere und ergonomische Lösungen anzubieten als auch Lösungen, mit denen sie wirtschaftlich erfolgreich agieren können. Am Ende des Tages möchten unsere Kunden – wie jedes Unternehmen – Geld verdienen. Ein gutes Beispiel dafür ist unsere Philosophie "Layher Lightweight". Wir entwickeln unsere Systeme Blitz und Allround kontinuierlich weiter: durch Reduzierung von Bauteilgewicht und Bauteilhöhe sowie durch konstruktive Verbesserungen wie die selbstsichernde Keilschlossverbindung AutoLock. Das Ergebnis ist ein Mehr an Leistung, Sicherheit und Ergonomie im Gerüstbau – aber auch bei der Nutzung von Gerüsten. Bei Doppelriegeln konnten wir bspw. unter Ausnutzung der Vorteile höherfester Stahlsorten die Bauteil-Konstruktion so optimieren, dass sich die lichte Durchgangshöhe um bis zu 10 cm erhöht.

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Layher TRBS 2121 Gerüstbau
Mit dem Allround Traggerüst TG 60 von Layher werden Sicherheitsvorschriften auf Baustellen erfüllt. Durch die fest vorgegebene Aufbaufolge haben Gerüstersteller automatisch einen rundumlaufenden Seitenschutz. Während der Montage kommen Layher Serienböden als sichere Arbeitsebene zum Einsatz.

ABZ: Mit welchen weiteren Produktlösungen unterstützt Layher seine Kunden bei der Minimierung von Unfallrisiken am Bau?Behrbohm: Wir haben bereits seit Jahrzehnten immer wieder neue Lösungen und Produkte in den Markt eingeführt. Gerne möchte ich an dieser Stelle nochmals auf das Montage-Sicherungs-Geländer hinweisen, mit dem sich das eingangs genannte Absturzrisiko aus oberster Lage erheblich reduzieren lässt. Als temporäre Lösung ist damit zwar ein geringer Mehraufwand bei der Montage verbunden, dafür hat das MSG den Vorteil, dass es sehr universell und flexibel einsetzbar ist. Es passt sich an verschiedene Feldlängen an und kann zudem an der Außenseite wie an der Innenseite eines Gerüsts angebracht werden. Denn auch auf der Innenseite von Gerüsten kann Absturzgefahr bestehen, Beispiel Stahlskelettbau. Darüber hinaus lässt es sich im Gegensatz zu systemintegrierten Lösungen bei vielen verschiedenen Gerüstanwendungen einsetzen. Letztlich haben wir es nicht immer nur mit reinen Fassadengerüsten zu tun, sondern auch mit Raumgerüsten, Hängegerüsten, Überbrückungen, etc.Um die Sicherheit zu erhöhen, machen wir uns bei unseren Gerüstsystemen aber auch Gedanken um die Montagereihenfolge. Im AllroundGerüst können wir bspw. Auskragungen und Überbrückungen im sog. Freivorbau montieren – also aus gesicherter Lage, ganz ohne zusätzliche Hilfsmittel. Einen ähnlichen Ansatz haben wir auch beim Allround Traggerüst TG 60 realisiert. Dort gibt die Aufbaufolge automatisch vor, dass der Monteur immer in gesicherter Lage steht. So etwas ist auf dem Papier nicht immer einfach zu vermitteln. Auf der NordBau werden wir deshalb u. a. den Aufbau des TG 60 in einer Live-Demonstration zeigen. Neben Abstürzen stellen allerdings auch Durchstürze ein nicht zu vernachlässigendes Risiko im Gerüst dar. Wir haben seit einiger Zeit die Bodenserie Xtra-N im Angebot. Dabei handelt es sich um Bodenbeläge mit Deckplatten aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Damit eliminieren wir das Risiko von Durchstürzen aufgrund von witterungsbedingter Fäulnis, wie sie bei herkömmlichen Holz- und Sperrholzböden nach einiger Zeit auftreten kann. Ein weiterer Sicherheitsaspekt bei Gerüstböden ist die sichere Einhängung. Alle Layher Gerüstböden mit einer Breite von 60 cm besitzen aus diesem Grund an jeder Seite drei Krallen, was eine unsachgemäße Montage verhindert.ABZ: Seit September 2016 gibt es einen Arbeitskreis zur Überarbeitung der Technischen Regel TRBS 2121. Darin geht es, bezogen auf den Gerüstbau, u. a. um die Frage, in wie weit bei der Gerüsterstellung Systeme mit sog. systemintegrierten Sicherungsgeländern zu bevorzugen sind. Aktuell ist es eher ruhig um dieses Thema. Wie ist ihr derzeitiger Kenntnisstand dazu?Behrbohm: Als Gerüsthersteller sind wir in den entsprechenden Arbeitskreisen nicht vertreten und nur indirekt informiert. Ein Teil der Diskussion, den wir sehr aufmerksam verfolgt haben, drehte sich um das Thema "systemintegrierte Geländer" und in wie weit Gerüstsysteme, die solche fest installierten Lösungen aufweisen, anderen Systemen vorzuziehen wären. Diese Überlegungen haben Gerüstbauunternehmen natürlich sehr verunsichert – bis hin zu der Befürchtung, dass damit ein Großteil des Gerüstmaterialbestandes künftig nicht mehr verwendet werden könnte. Es ist jedoch nicht belegt, dass sich das Sicherheitsniveau mit systemintegrierten Geländern im Vergleich zu temporären MSG-Systemen tatsächlich erhöhen lässt. Wir gehen deshalb davon aus, dass dieser Ansatz nicht mehr weiterverfolgt wird. Es scheint derzeit realistisch, dass die neue Version der TRBS 2121 bis Jahresende verabschiedet wird.

Layher TRBS 2121 Gerüstbau
Die Layher Boden-Generation Xtra-N besitzt eine glasfaserverstärkte Kunststoffplatte anstelle von Sperrholz. Sie ist leicht zu reinigen und besitzt eine hohe Abriebfestigkeit, was Splittern oder Ausbrechen der Nietlöcher verhindert. Dank minimaler Feuchtigkeitsaufnahme bleiben sowohl das Bauteilgewicht konstant als auch die guten Festigkeits-Eigenschaften über die gesamte Lebensdauer erhalten – bei jeder Witterung. Resistent gegenüber bauüblichen Chemikalien und Reinigungsmitteln, ist der eingesetzte Kunststoff außerdem nicht von Pilzbefall oder Fäulnis betroffen. Die Langlebigkeit wird so deutlich erhöht. Abb.: Layher

ABZ: In dieser Debatte schien es u. a. um die Frage zu gehen, wer beim Thema Arbeitssicherheit eigentlich in der Pflicht steht: der Ersteller/Nutzer eines Gerüsts oder der Hersteller bzw. dessen System. Wo muss aus Ihrer Sicht ein wirksamer Arbeitsschutz im Gerüstbau ansetzen?Behrbohm: Aus unserer Sicht war diese Diskussion wenig zielführend. Der Gedanke dahinter war, dass ein integriertes Geländer besser zur Minimierung von Unfallrisiken geeignet sei als temporäre MSG-Systeme. Dies lässt sich – wie bereits erwähnt – jedoch nicht belegen, da es letztlich bei beiden davon abhängt, ob der Gerüstbauer die Lösung anwendet oder nicht. Systemintegriert heißt nicht automatisch zwingend im Aufbau. Das Sicherheitsniveau ist damit nicht höher als bei anderen Lösungen.Trotzdem haben wir uns für unsere Kunden natürlich mit diesem Thema beschäftigt. Ein Ansatz zur Umsetzung von systemintegrierten Geländern sind nicht symmetrische H-Rahmen. Allerdings sehen wir hier für Gerüstbauer Nachteile bei der Ergonomie, z. B. durch die ungleichmäßige Gewichtsverteilung während der Montage sowie bei der Praxistauglichkeit. Eine solche Lösung bringt massive Nachteile in der Logistik mit sich und lässt sich nur an der glatten Fassade und dann nur an der Außenseite des Gerüsts einsetzen. Außerdem werden alle anderen Facetten des Gerüstbaus nicht berücksichtigt. Das Montage-Sicherungs-Geländer ist hier deutlich universeller.Es gibt im Arbeitsschutz das TOP-Prinzip: technische vor organisatorischen vor persönlichen Maßnahmen. Das ist richtig und wichtig – und wir bei Layher werden unsere Systeme auch in Zukunft konsequent weiterentwickeln. Gerüstmonteure treffen allerdings immer wieder auch auf Situationen, wo technische Lösungen keinen 100-%igen Schutz gewährleisten. Hier müssen sie in der Lage sein, passende Sicherungsmaßnahmen einzuleiten. Unsere Überzeugung ist deshalb, dass wir in erster Linie in die Aus- und Weiterbildung der Monteure investieren müssen. Layher trägt dazu über umfangreiches Informationsmaterial zu Produkten und Anwendungen sowie über unser Seminar- und Schulungsangebot bei. Es gibt kein Allheilmittel oder die eine Lösung für alle Situationen. Es gibt eine Auswahl an Sicherungsmaßnahmen gegen Absturz, die der Monteur beherrschen und situationsbezogen richtig anwenden können muss. Ein wirksamer Arbeitsschutz muss aus unserer Sicht an allen Stellen ansetzen: Beim Hersteller, der seine Systeme kontinuierlich weiterentwickelt – natürlich auch in Bezug auf Arbeitssicherheit; beim Gerüstbauunternehmer, der seine Mitarbeiter für das Thema Sicherheit sensibilisiert und regelmäßig in der Anwendung von Sicherungsmaßnahmen schult; und nicht zuletzt auch bei den Marktüberwachungsstellen, die mittels Kontrollen und Sanktionen sicherstellen, dass die vorhandenen Mittel zur Steigerung der Sicherheit, aber auch im Sinne eines fairen Wettbewerbs tatsächlich angewendet werden. Wir können das Sicherheitsniveau nur alle gemeinsam erhöhen.

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