Lehnhoff-Geschäftsführer Michael König
"Weltmarktführer für Schnellwechsler ist unser Anspruch"
Die Übernahme Lehnhoffs durch Komatsu vor dreieinhalb Jahren wurde zunächst mit einiger Skepsis beobachtet. Jetzt meldet sich der Anbaugerätespezialist mit eindrucksvollen Geschäftszahlen zurück. Im Interview mit ABZ-Chefredakteur Robert Bachmann spricht Geschäftsführer Michael König über positive Synergieeffekte und ambitionierte Ziele für die Zukunft.ABZ: Herr König, seit etwa dreieinhalb Jahren gehört Lehnhoff zum japanischen Baumaschinenkonzern Komatsu. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung rückblickend?König: Aus heutiger Sicht war dieser Schritt genau richtig. Die Zugehörigkeit zu Komatsu hat uns auf ein völlig neues Level gebracht und öffnet uns ganz neue Türen.Gerade in der Anfangszeit hatten wir natürlich auch mit Problemen zu kämpfen. Viele unserer Kunden, die ja selbst Hersteller von Hydraulikbaggern sind, waren verunsichert, hatten Vorbehalte, jetzt indirekt bei einem Wettbewerber einzukaufen. Gleich zu Beginn ist einer unserer größten Kunden abgesprungen. Generell stand die Frage im Raum, ob wir unter Komatsu weiterhin unabhängig agieren können. Darüber hinaus mussten wir im Zuge des Eingliederungsprozesses neue Stellen besetzen, den Zeitraum unseres Geschäftsjahres verlegen etc. All das hat anfangs zu ganz erheblichen Problemen geführt.Als Finanzgeschäftsführer habe ich dann die Notbremse gezogen. Nachdem ich im Februar 2017 zum alleinigen Geschäftsführer ernannt wurde, habe ich mich umgehend darum gekümmert, das Unternehmen wieder zu seinen alten Stärken zurückzuführen. Letztlich haben sich die Befürchtungen unserer Kunden nicht bewahrheitet. Im Gegenteil: Wir haben unsere Performance verbessert, sind erwachsener geworden und haben jetzt v. a. wesentlich mehr Möglichkeiten, international aufzutreten.ABZ: Wie hat sich die Geschäftslage für Ihr Unternehmen seitdem entwickelt?König: Unsere Maßnahmen haben dazu geführt, dass wir im vergangenen Geschäftsjahr das beste Ergebnis seit Bestehen des Unternehmens erreicht haben. Wir haben 2018 einen Umsatz von mehr als 40 Mio. Euro erzielt und einen beinahe dreimal so hohen Auftragsbestand wie zu früheren Rekordzeiten. Das stellt uns natürlich auch vor Herausforderungen. Aktuell können wir kaum so viel herstellen, wie geordert wird. Wir haben die Produktionskapazitäten zuletzt zwei Mal um etwa 25 % erhöht und stoßen dennoch an unsere Grenzen, die extrem hohe Nachfrage zu bedienen.ABZ: Dennoch haben Sie kürzlich ambitionierte Ziele für die Zukunft geäußert. Welche Pläne verfolgen Sie mittelfristig für Ihr Unternehmen?König: Unser Anspruch ist ganz klar, Weltmarktführer für Schnellwechsler zu werden. Das ist weniger ambitioniert, als es zunächst klingt. Wenn wir uns den Weltmarkt für Hydraulikbagger anschauen, dann kommen bereits jetzt etwa 20 % aller Schnellwechsler auf dem Markt, etwa 15.000 Stk. pro Jahr, von uns. Aktuell erwirtschaften wir ca. 85 % unseres Umsatzes im deutschsprachigen Raum. Mit Komatsu haben wir jetzt einen ganz anderen Zugang zum Weltmarkt. Wenn wir diese Chance richtig nutzen, können wir sicherlich noch einmal deutlich zulegen. Wir haben im vergangenen Jahr etwa 40 Mio. Euro Umsatz gemacht und werden in diesem Jahr voraussichtlich die Grenze von 50 Mio. Euro überschreiten. Mittelfristig zielen wir auf einen Jahresumsatz von 100 Mio. Euro.
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ABZ: Mit welcher Strategie möchten Sie diese Ziele erreichen?König: V. a., in dem wir neue Märkte für uns erschließen. Wir waren bisher sehr stark Deutschland-zentriert. Scherzhaft haben wir früher immer gesagt: Wir sind Weltmarktführer in Baden-Baden. Dass wir dennoch so erfolgreich waren, liegt einerseits daran, dass in Deutschland vergleichsweise sehr viele Hydraulikbagger mit einem Schnellwechsler ausgestattet sind – etwa 80 bis 90 %. Inkl. aller Nachbauten, die in den vergangenen Jahren aufgekommen sind, nutzen davon etwa 95 % unser System. Wir haben seinerzeit einen echten Standard geschaffen. Im Ausland ist hingegen ein anderes System verbreitet, der sog. S-Standard. Hier ist das Verriegelungssystem so gestaltet, dass es offen gegenüber verschiedenen am Markt erhältlichen Systemen ist. Natürlich wollen wir unser hierzulande sehr etabliertes System nicht aufgeben. Für den Weltmarkt haben wir mit dem SQ-Schnellwechsler nun jedoch ein System entwickelt, dass über einen Zwei-Wellen-Verriegelungsmechanismus mit den dort gebräuchlichen Systemen kompatibel ist. Damit wollen wir nun den europäischen und den Weltmarkt erobern.Ein wichtiger Punkt ist darüber hinaus der Siegeszug der vollhydraulischen Schnellwechsler. Diese Entwicklung haben wir zugegebener Maßen zu Beginn schlicht verschlafen. Jedoch ist die Entwicklung eines solchen Systems durchaus komplex. Zumal wir dabei den Anspruch haben, dass alle unsere Systeme miteinander kompatibel sind. Wir stellen schließlich nicht nur Schnellwechsler her, sondern bieten unseren Kunden ein komplettes, aufeinander abgestimmtes Werkzeugsystem. Mit der zweiten Generation unseres Variolock-Schnellwechslers haben wir den anfänglichen Rückstand nun allerdings aufgeholt. Damit konzentrieren wir uns u. a. auf den Bereich der Mini- und Midibagger. Diese sind heute größtenteils noch nicht mit einem vollhydraulischen Schnellwechsler ausgestattet. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass diese Entwicklung kommt. Dann sind hier sehr hohe Stückzahlen möglich. Nicht zuletzt gibt es große Synergiepotenziale innerhalb der Komatsu-Gruppe, die es auszuschöpfen gilt. Dazu gehört bspw. die Zusammenarbeit mit Anbaugeräteherstellern wie Montabert.ABZ: Gibt es bereits konkrete Pläne für erste Marktauftritte außerhalb der bisherigen Vertriebswege?König: In der Tat war ich erst kürzlich in Japan und habe mich dort mit verschiedenen Herstellern von Hydraulikbaggern getroffen. Das Erstaunliche ist, dass in diesem technologisch hochentwickelten und sehr auf Produktivität bedachten Land nur etwa 10 % der Hydraulikbagger mit einem Schnellwechsler ausgestattet sind. Hier sehen wir großes Potenzial. In Kürze werden wir eine Roadshow in Japan veranstalten und unsere Systeme dort vorstellen. Im September wollen wir unsere Produkte dann zusammen mit Komatsu offiziell in den Verkauf bringen. Allein unsere Konzernmutter hat in Japan etwa 10.000 Hydraulikbagger im Mietpark. Wenn wir nur 10 % davon mit einem vollhydraulischen Schnellwechsler ausstatten würden, wäre das ein gewaltiger Schritt nach vorne für uns.
ABZ: Wie wird sich das auf den Produktionsstandort hier in Baden-Baden auswirken?König: Unseren Umsatz zu verdoppeln heißt nicht zwangsläufig auch, unsere Produktionskapazitäten zu verdoppeln. Den Hauptanteil am Umsatz erzielen wir aktuell noch mit dem mechanischen und dem hydraulischen Schnellwechsler. Ein vollhydraulischer Schnellwechsler liegt preislich deutlich höher. Wenn es uns also gelingt, die Stückzahlen hier entsprechend zu verlagern, können wir unserem Umsatz auch ohne groß angelegten Produktionsausbau deutlich steigern. Unser Weg für die Zukunft führt nicht über höhere Stückzahlen, sondern intelligentere Produkte. Dazu zählt auch unser Schnellwechsler mit Tiltmotor, den wir gerade in einer Baggerklasse etabliert haben, wo hohe Stückzahlen gehen, nämlich bei den Mini- und Midibaggern. Es gibt grundsätzlich einen großen Trend zur Flexibilisierung des Schnellwechslers. Gerade die Tiltfunktion wird immer wichtiger. Wir haben das in Kombination mit dem von Helac hergestellten Tiltrotator Powertilt in Deutschland hoffähig gemacht. Hier kommt uns aktuell zugute, dass Helac seit Kurzem zu Parker Hannafin gehört, die wiederum zu den wichtigsten Zulieferern von Komatsu zählen.ABZ: Sind Nachbauten des Lehnhoff-Systems noch immer ein Problem für Sie?König: Es ist ja legitim, dass Systeme, die nicht oder nicht mehr durch ein Patent geschützt sind, nachgebaut werden. Wir haben jedoch festgestellt, dass wir gegenüber unseren Nachbauern wieder deutlich Marktanteile gewinnen konnten. Die Gründe hierfür mag ich im Einzelnen nicht bewerten. Sicherlich ist es aber so, dass sie bei uns nicht nur einen Wechsler kaufen, sondern ein abgestimmtes Komplettsystem. Hier haben wir uns über viele Jahre das Vertrauen unserer Kunden erarbeitet und dass zahlt sich dann am Ende eben auch aus.ABZ: Im September präsentiert sich Lehnhoff auf der TiefbauLIVE in Karlsruhe. Was haben Sie für ihre Besucher vorbereitet?König: Für uns ist diese Messe eine ganz wichtige Veranstaltung. Nicht nur, weil sie direkt vor unserer Haustür stattfindet, sondern auch, weil sie die Möglichkeit bietet, unsere Produkte im Einsatz zu präsentieren. Auf der TiefbauLIVE sind wir erstmals nicht nur als Aussteller, sondern auch mit einer Vorführung auf der Musterbaustelle dabei. Hier werden wir natürlich unsere aktuellen Produkte vorstellen – u. a. die neue, auf der bauma enthüllte Serie der Mini-Grabenraumlöffel, unser vollhydraulisches Schnellwechslersystem Variolock oder unsere neuen hydraulischen HS-Plus-Schnellwechsler für Minibagger. Wichtig ist für uns allerdings v. a., mit unseren Kunden ins Gespräch zu kommen und diesen zu vermitteln, dass sie mit Lehnhoff in puncto Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit weiterhin an der richtigen Adresse sind.