Leitungsschäden vermeiden

Detectino macht Boden für Bauunternehmen gläsern

von:

Burkhard BÜSCHER

NordBau Neumünster
Marek Naser von der Johann Wolfgang Goethe-Universität, der die Sensorik entwickelt und betreut, erläuterte die Funktionsweise von Detectino.

HANNOVER - Täglich werden irgendwo in Deutschland bei Tiefbauarbeiten irgendwelche Versorgungsleitungen beschädigt oder herausgerissen. Die Folge sind jährliche Schäden in Milliardenhöhe mit Stromausfällen, Überschwemmungen und Baustellen, wo an der eigentlichen Baumaßnahme nicht weiter gearbeitet werden kann.

. – Für einen Teil der Schäden hat auch Deutschlands Bau-Spezialversicherer, die VHV Versicherungen mit Hauptsitz in Hannover, aufzukommen. Da wundert es nicht, dass sich dieses Unternehmen für ein innovatives System zur Lokalisierung und Darstellung unterirdischer Leitungssysteme stark macht, das Detectino genannt wird.

Dieses System wurde kürzlich auf dem Gelände der VHV der Presse vorgeführt und soll auch während der NordBau am Donnerstag, 2. September, um 15 Uhr im Kongresszentrum, Raum 4, gezeigt werden.

Dietrich Werner, VHV-Vorstand Gewerbe und Industrie, erläuterte in Hannover die Gründe für das Engagement seines Unternehmens für dieses System, bei dem viele Partner mitgeholfen beziehungsweise dessen Entwicklung finanziell mit unterstützt haben. Er wies in diesem Zusammenhang auf das Sprichwort "Vor der Hacke ist es duster'" hin, was bedeutet, dass es sehr schwer ist im Boden etwas ausfindig zu machen. Kabel- und Leitungsschäden seien mit Abstand die häufigsten Schäden in der gewerblichen Haftpflichtversicherung. Bei den Techniken, die bisher zu Verfügung gestanden hätten, sei es sehr schwierig gewesen, die Daten auszuwerten und zu interpretieren. Handgrabungen vorzunehmen oder Suchschächte anzulegen könne nicht der Weisheit letzter Schluss sein, zumal dies sehr viel Geld koste und den Bauablauf nicht unbedingt fördere. Deshalb habe sich die Versicherung auch nach einer sehr positiv ausgefallenen Machbarkeitsprüfung durch das Institut für Bauforschung in Hannover zur Förderung entschieden. Insgesamt hat die Entwicklung des neuen Spürgerätes "Detectino" 2,2 Millionen Euro gekostet. 80.000 Euro davon kommen von der Innovationsförderung des Landes Niedersachsen.

Dirk Bettels von der Detectino GmbH, Hildesheim, der das Gerät initiiert hat, wies auf die Problematik hin, mit der Tiefbauunternehmen immer wieder konfrontiert werden, wenn sie bei den Versorgungsträgern vorstellig werden, um Daten über die verlegten Leitungen zu bekommen. Die Pläne enthielten lediglich Linien – in der Regel ohne Höhenvermerke – und einen großen Stempel mit dem Vermerk "Maße sind vor Ort zu prüfen". Damit wälze der Leitungsbetreiber die Verantwortung für etwaige Schäden voll auf den Bauunternehmer ab, der im Grunde nur durch den Einsatz von Spaten und anderen Gerätschaften, "die man so aus der Archäologie kennt", die Grabungen an der Stelle vornehmen könne. Das sei natürlich in der betrieblichen Praxis nicht zu leisten.

Das Einzigartige am Detectino-System ist nach Aussage der Entwickler die Kombination unterschiedlicher Sensorsysteme und zum anderen vor allem der Einsatz der Methoden künstlicher Intelligenz und neuronaler Netze. Das macht Detectino zu einem lernenden System, das sich fortlaufend in der Praxis weiter entwickelt und optimiert.

Die Hauptaufgabe der Lokalisierung wird von einem Georadar-System (GPR) unterstützt. Bei der Messung wird ein kurzer elektromagnetischer Impuls in den Boden gegeben. An Grenzen, an denen sich die elektromagnetischen Eigenschaften des Untergrunds ändern, wird ein Teil des Impulses reflektiert. Die Laufzeit und Amplitude des reflektierten Signals werden an der Oberfläche aufgezeichnet. Es wird ein Mehrkanalsystem verwendet, das heißt es werden mehrere Profile gleichzeitig gemessen. GPR ist die einzige geophysikalische Methode, die in der Lage ist, sowohl metallische als auch Kunststoff-, Beton oder Steinzeugleitungen zu orten und deren Lage und Tiefe mit einer Genauigkeit von wenigen Zentimetern zu bestimmen. Die üblicherweise zur Leitungssuche eingesetzten elektromagnetischen Verfahren sind in die Sensorplattform integriert. Lokalisiert werden Leitungen bis in einer maximalen Tiefe von 4,50 Meter.

Der Sensorik nachgelagert ist ein PC, der mittels neuer Verfahren der "Computerintelligenz" die erhobenen Daten sofort aufarbeitet. In dieser Auswertung werden die Daten der Georeferenzierung integriert. Somit ist eine Dokumentation der Lagedaten in bestehendes Kartenmaterial nebst Tiefenangaben in Katasterkarten in zwei- oder dreidimensionaler Auswertung möglich. Zur genauen Ortung werden GPS- und Glonass-Signale empfangen. Eine Genauigkeit im Zentimeterbereich wird durch einen Signal-Abgleich der Referenzstationen, die deutschlandweit installiert sind, in Bruchteilen von Sekunden korrigiert und dem System zur Verfügung gestellt.

Detectino wurde entwickelt für Unternehmen des Leitungstiefbaus, Betreiber von Leitungsnetzen für Strom, Wasser, Abwasser, Gas und Fernwärme, Kommunikationsunternehmen, Unternehmen für Ausgrabungen, Instandsetzungen und Neuinstallationen von Leitungen, Gebietskörperschaften und Behörden sowie Versicherungen. Das System kann als Dienstleistung der Firma Detectino gemietet werden. Eine Auswertung der gemessenen Daten dauert zurzeit zwei Tage. Man arbeitet daran, dies demnächst in einem Tag bewerkstelligen zu können. Möglich gemacht haben das Detectino-System neben dem Land Niedersachsen, der VHV Versicherung und der Firma Detectino, Hildesheim, die BG Bau-Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Berlin, die Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt/Main, das Cutec-Institut, Clausthal-Zellerfeld, sowie die Firma ProKasro Mechatronik, Karlsruhe.

Für die Entwicklung dieses Systems wurde die Detectino GmbH mit der Auszeichnung "Ausgewählter Ort 2010" im Wettbewerb "365 Orte im Land der Ideen" geehrt.

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