Letzter Schliff an Bauhaus-Ikone

Meisterhaussiedlung vor Neubeginn

von: Petra BUCH

DESSAU-ROßLAU. - Schon auf den ersten Blick auf die Siedlung hinter einer meterlangen weißen Mauer wird klar – es ist keine blanke 1:1-Rekonstruktion. Zwar leuchten die beiden im Zweiten Weltkrieg zerstörten und nun nach 70 Jahren wiederaufgebauten kubischen Wohn- und Atelierhäuser in der weltberühmten Dessauer Meisterhaussiedlung inmitten alter Bäume wie im Original strahlend weiß – analog wie sie 1925/1926 der Architekt und Bauhausgründer Walter Gropius (1883-1969) entworfen hatte.

Ein freistehendes Haus für sich, drei Doppelhäuser für Bauhauslehrer, die Meister genannt wurden. Doch im Innern hat zeitgenössische Architektur mit künstlerischen Elementen Einzug gehalten.

Rund 4,2 Mio. Euro wurden laut Stiftung Bauhaus Dessau in den Wiederaufbau des Gropius-Hauses und der Doppelhaushälfte des Bauhausmeisters László Moholy-Nagy (1895-1946) investiert, seit Sommer 2011 wurde gebaut. Geldgeber waren den Angaben zufolge die EU, der Bund und das Land Sachsen-Anhalt.

Allein die Fenster aus undurchsichtigem Spezialglas und die unterschiedlich gestalteten Innenwände der Betonbauten künden von einer neuen Zeit an historischem Ort. Seit 1996 gehört das Areal der Meisterhaussiedlung zum Unesco-Welterbe. Zweieinhalb Doppelhäuser waren bereits seit 1992 wiedergestellt. Zwei Wunden klafften noch: Die Doppelhaushälfte von Moholy-Nagy war zerstört, auf dem Fundament des Hauses von Gropius wurde zunächst ein typisches DDR-Einfamilienhaus gebaut, das später wieder abgerissen wurde.

"Wir wollten keine Rekonstruktion haben, weil es nicht eine angemessene Art gewesen wäre, mit der Erinnerung umzugehen", sagte Donatella Fioretti, Architektin des Berliner Büros Bruno Fioretti Marquez, während eines ersten Rundgangs durch die beiden Häuser. Das Architekturbüro hatte 2010 von der Jury den Zuschlag in einem internationalen Wettbewerb für das Projekt bekommen. "Es ging uns um eine Auseinandersetzung mit dem Erinnern. Das war uns extrem wichtig", betonte Fioretti.

"Aber wie sollte man mit einer Ikone umgehen? Dieses Thema hat uns unendlich zu schaffen gemacht", sagte die Architektin, umgeben von zig Farb- und Putzeimern und Werkzeug. Nur wenige Tage vor der feierlichen Wiedereröffnung der nun wieder kompletten Meisterhaussiedlung im Beisein von Bundespräsident Joachim Gauck herrschte vor allem im Innern der beiden Häuser noch Baustellengewusel. Nach jahrelanger Diskussion um den Wiederaufbau der kompletten einstigen avantgardistischen Künstlerkolonie und zwei Architektenwettbewerben entschied man sich gegen eine reine Rekonstruktion der beiden einst jeweils 240 m² großen Häuser. Der britische Stararchitekt David Chipperfield war nach Angaben der Stadt Dessau-Roßlau einer der Berater.

"Die Meisterhäuser waren Schaufenster des modernen Wohnens", sagte Regina Bittner, stellvertretende Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau. Beim Wiederaufbau ging es darum, auch mit Hilfe zeitgenössischer Ausdrucksformen an die Geschichte des Bauhauses, dessen Zerstörung durch die Nazis, an Dessau als Zentrum der Kriegswirtschaft und Rüstungsindustrie zu erinnern.

Dokumentiert wird dies laut Stiftung Bauhaus Dessau auch in einer Ausstellung "Dessau 1945 – Moderne zerstört". Dabei werden rund 30 Bilder des französischen Fotografen Henri Cartier-Bresson (1908-2004) teils erstmals zu sehen sein. Er hatte im Sommer 1945 in Dessau die Rückkehr französischer Zwangsarbeiter festgehalten.

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