Michael Normeier und Marco Hiby

Wie Rahmen-Gerüstsysteme für die Zukunft vital gehalten werden

Scafom-rux Gerüstbau
Michael Nordmeier (l.), technischer Leiter bei der Rux GmbH, und Marco Hiby, Mitglied der Geschäftsleitung. Foto: Rux

Die Redaktion der Allgemeinen Bauzeitung im Gespräch mit Michael Nordmeier, technischer Leiter bei der Rux GmbH, und Marco Hiby, Mitglied der Geschäftsleitung, über den Einfluss der TRBS auf die Innovationsstrategie der scafom-rux-Gruppe.ABZ: Herr Hiby, die letzten Jahre haben die Gerüst-Branche mit Erfolg verwöhnt. Ist die Branche weiterhin auf Wachstumskurs?Hiby: Bei einem Blick in die täglichen Nachrichten überrascht es uns, dass die Entwicklung der Branche national und international ungeachtet der politischen Störfeuer so gut läuft. Auch die scafom-rux Gruppe wächst weiterhin in den in- und ausländischen Märkten und verfügt – wie die Gerüstbau-Kundschaft – über eine gesunde Auftragslage. Aktuell sehen wir das größte Wachstumsrisiko der Branche im generellen Mangel an Arbeitskräften, was in einigen Marktfeldern der Grund für erste Anzeichen einer Verringerung des Wachstums sein kann. Dieses Thema wurde in vorherigen Ausgaben der ABZ ja bereits mehrfach diskutiert. Aber nicht zuletzt auch wegen des immensen Investitionsstaus im Bereich der Infrastruktur wird das Wachstum bei Ausrüstungsinvestitionen in Deutschland auch weiterhin auf einem hohen Level bleiben. ABZ: Kommen wir von der Konjunktur auf Ihr Haus zu sprechen. Rux ist in jüngster Zeit unter die Künstler gegangen.Nordmeier: Natürlich können Gerüstmontagen durchaus ästhetisch und künstlerisch sein. Darum geht es aber nicht. In Hagen haben wir gerade die interessante Situation, dass im bekannten Ernst-Osthaus-Museum, einem Museum für zeitgenössische Kunst, eine Sonderausstellung zum Thema Leonardo da Vinci eröffnet wurde. Unternehmen aus der Region wurden angesprochen, um dem Besucher an praktischen Beispielen das Thema Erfindung nahezubringen. Daran haben wir uns beteiligt und meinem Team hat die Vorbereitung sehr viel Spaß gemacht.ABZ:Was beschäftigt Ihr Entwicklerteam denn gerade neben diesem Abstecher in die Kunst?Nordmeier: Stichwort TRBS, neue Produktideen, Hagener Gerüst-Forum 2020.ABZ: Die Neuregelung der TRBS 2121 war ohne Zweifel das beherrschende Thema der bauma im April dieses Jahres. Alle Anbieter von Gerüst-Systemen haben den Kunden hierzu Lösungen vorgestellt. Ist das Thema TRBS-Lösungen damit nicht längst beantwortet?Nordmeier: Ja und nein. Wie Sie schon sagen. Das Thema TRBS hat die bauma beherrscht. Aber obwohl wir dem Markt schon zur Messe professionelle Lösungen anbieten konnten, hat uns das Thema bis in die jüngste Zeit beschäftigt, da aus unserer Sicht weitere Lösungen nötig wurden.Hiby: Zudem bin ich davon überzeugt, dass die TRBS, so wie sie der Branche zurzeit vorliegt, keinen Bestand für die Zukunft hat. Ich bin überzeugt, dass wir mit weiteren Änderungen und Neuregelungen rechnen müssen. Dem müssen zukunftsorientierte Gerüst-Lösungen Rechnung tragen.ABZ:Trotz bestehender Lösungen haben Sie also weiterhin Entwicklungsarbeit in das Thema TRBS investiert?Nordmeier: Wir haben beobachtet, dass die Gerüst-Anwender sehr unterschiedlich auf die Anforderungen der TRBS reagieren und daher auch unterschiedliche Lösungen benötigen. Teilweise wurden durch Unternehmen Investitionen in TRBS-konforme Sicherheitslösungen aus Gründen der Wirtschaftlichkeit abgelehnt oder zumindest aufgeschoben. Dieser Situation müssen wir uns als Systemlieferant stellen und unsere Kunden entsprechend unterstützen.Neue Produktideen berücksichtigen einerseits immer den Aspekt der Produktivität auf der Baustelle, andererseits erfordern sie oft auch nicht unerhebliche Investitionen. Nicht selten stehen beide Begriffe in Konflikt miteinander. Nach der erfolgreichen Einführung unseres Profi-Sets Montage-Sicherheits-Geländer zur bauma, bietet scafom-rux dem Anwender jetzt insgesamt drei verschiedenen Lösungsansätze die bezüglich Produktivität und Investition unterschiedliche Schwerpunkte setzen. So bieten wir dem Markt eine MSG-Lösung mit sehr niedrigem Investitionsbedarf unter maximaler Beibehaltung von Bestandsteilen, eine Profiversion mit höchster Produktivität, aber höheren Investitionen, sowie eine dritte Lösung, die sich dazwischen ansiedelt.ABZ: Und wie reagiert der Markt konkret auf die Lösungen, die durch scafom-rux angeboten werden?Hiby: Schon immer war unser Motto: Aus der Praxis für die Praxis. Da unsere Entwicklungsabteilung ihre Innovationsgedanken immer eng an den Kundenanforderungen orientiert und ein Netzwerk aus Kunden zwischendurch immer wieder wichtige Impulse für die Entwicklungsarbeit liefert, überrascht uns die positive Reaktion auf unsere Lösungen nicht. Das war auch das Feedback, welches wir schon auf der bauma erhalten haben und welches durch Produkttests im realistischen Baustelleneinsatz bestätigt wurde.ABZ: Wie sehen Ihre TRBS-Lösungen konkret aus?Nordmeier: Wir möchten vor allem smarte Lösungen anbieten. Die Lösung mit dem niedrigsten Investitionsbedarf kann der Einfachheit halber als Basis-Set bezeichnet werden. Hierzu benötigt der Anwender lediglich ein neues Bauteil, die MSG-Konsole aus Aluminium. Diese wird werkzeugfrei am oberen Kippstift des Vertikalrahmens eingehängt. Der weitere vorlaufende Seitenschutz wird durch Standard-Geländerpfosten aus dem System Super 65/100 sowie Standard-Rückengeländer realisiert. Der Kunde investiert also ausschließlich in die Konsole. Darauf baut die zweite Lösung auf, welche wir unseren Kunden empfehlen. Dabei wird dieselbe MSG-Konsole sowie das Standard-Rückengeländer verwendet. Allerdings kommt als neues Bauteil der Alu-MSG-Geländer-Pfosten hinzu. Der wesentliche Unterschied zum Standard-Geländerpfosten besteht in der Befestigung des Geländers. Beim MSG-Geländer-Pfosten wird auf Kippstifte verzichtet und stattdessen mit gebogenen Haken gearbeitet. Diese Lösung ermöglicht ein wesentlich besseres Handling, bedeutet aber zusätzliche Investitionen. Beide Lösungen entsprechen der Forderung der Anwender, unempfindliche, robuste Lösungen hinsichtlich des Transports oder der Lagerung zu erhalten. Das Montage-Tele-Sicherheitsgeländer kennt der bauma-Besucher bereits. Zwei Produkte, der MSG-Pfosten sowie das MSG-Tele-Geländer, beides aus Aluminium, sorgen für höchste Produktivität und einen ungestörten, fortlaufenden und sicheren Aufbau des Gerüstes. Außer der Telefunktion des Geländers werden keine mechanischen Teile verwendet, die gegebenenfalls wartungsintensiv sind.Der Regelaufbau nach Variante 1 ist bei allen drei Lösungen möglich. Somit wird viel Zeit, die durch die MSG-Montage verwendet, wieder ausgeglichen. Alle Lösungen entsprechen der Regelung der TRBS zu 100 Prozent.ABZ: Ihre Produkte sind also upgrade-fähig? Das heißt, der Kunde legt sich mit einer einmal getroffenen Entscheidung nicht fest, sondern kann darauf aufbauen?Nordmeier: Genauso ist das für die ersten beiden Lösungen vorgesehen. Um eine schnelle Lösung mit geringster Investition zu erhalten, reicht der Einsatz der MSG-Konsole vollkommen aus. Der Kunde kann mit geringem Aufwand anfangen, seine Baustellen auszustatten, hat aber sofort eine 100 Prozent passende Lösung. Ein Upgrade erfolgt durch die nächste Investitionsstufe, indem ein Bauteil hinzugenommen wird. Das Montage-Tele-Sicherheitsgeländer ist davon aber gesondert zu betrachten und benötigt ein separates Set an Bauteilen. Das Montage-Tele-Sicherheitsgeländer ist eine der technisch besten Lösungen am Markt.ABZ: Als Redaktion möchten wir vor allem verstehen, wie die Zielsetzung Ihrer Entwicklungsarbeit aussieht. Versuchen Sie einmal, diese in einigen kurzen Worten zu beschreiben.Nordmeier: Wir verstehen es als unsere Aufgabe, das Rahmen-Gerüst-System Super 65/100, für das der Kunde irgendwann einmal eine Kaufentscheidung getroffen hat, vital zu halten. Das heißt, wir bieten dem Anwender ein modernes, außerordentlich ausgereiftes und vor allem zukunftssicheres System. Die Sys-temidee sowie alle Bauteile bleiben bestehen, werden aber durch TRBS-konforme Produkte sinnvoll ergänzt. Die zugesagte und zu Recht erwartete Investitionssicherheit in unsere Produkte bleibt bestehen. Unsere Kunden werden in der Lage sein, ihr System, mit dem sie über Jahrzehnte beste Erfahrungen gemacht haben, weiterhin uneingeschränkt zu verwenden.Wir sind überzeugt, dass zukunftssichere Gerüst-Lösungen genauso aussehen müssen. Das Fassadengerüst Super 65/100 ist unter der Vorgabe entwickelt worden, leichte, platzsparende Teile in wenigen – möglichst werkzeugfreien – Handgriffen zu einem leistungsstarken Gerüst zu kombinieren, welches alle Anforderungen mehr als erfüllt und zugleich wirtschaftlich und höchst produktiv ist. Der Mitarbeiter auf der Baustelle wird geschont, die entsprechende Arbeitskraft bleibt erhalten. Wir dürfen von diesem Erfolgsrezept nicht abweichen.ABZ: Sehen das andere System-Anbieter genauso wie Sie?Nordmeier: Diese Frage muss man differenziert beantworten. In der Regel teilen die wesentlichen Anbieter von System-Gerüsten diese Auffassung. Wer eine intensive Kundenbeziehung lebt, kann zu keinem anderen Marktangebot kommen. Sie können das auch leicht am bestehenden Angebot ablesen. Aber wie so oft gibt es auch hierzu Ausnahmen. So werden am Markt zurzeit sogenannte "aufgelöste Systeme" angeboten.ABZ: Was versteht man unter diesen "ausgelösten Systemen"?Nordmeier: Das sind Systeme, die als Basiselement keine verschweißten Rahmen verwenden. Der eigentliche "Rahmen" wird durch einzelne Ständer und Riegel auf der Baustelle erst zusammengebaut. Ich empfinde die Diskussion, der wir uns hierzu hin und wieder stellen müssen, jedoch als extrem spannend, da es ja durchaus legitim ist, sich zu vollkommen neuen Systemen Gedanken zu machen. Wer die technischen Beiträge beziehungsweise Prototypen, die wir in den letzten 15 Jahren auf den Hagener Gerüst-Foren zur Diskussion gestellt haben, beobachtet hat, wird feststellen, dass die Verfolgung neuer Systemideen bei uns ständig präsent war. Wir sind geübt darin, um die Ecke zu denken, mutig genug, Neues zu wagen und warten nicht erst auf neue Vorschriften, um Gerüste noch sicherer zu machen. Uns hat stets die Suche nach dem Noch-Besseren angetrieben.Aber dennoch sprechen unsere Erfahrungen nicht für den Einsatz "aufgelöster Systeme". Ich versuche das einmal in einer Zahl auszudrücken, die wir kürzlich anhand aktueller Marktbeispiele erneut überprüft haben. Investiert ein Gerüstbauer in ein komplett neues System "aufgelöster Bauart" und gibt sein altes, abgeschriebenes, jedoch funktionstüchtiges Gerüst dafür in Zahlung, wird es bis zu zehn Jahren dauern, bis die wirtschaftliche Lage des Unternehmers wieder so wie zum Zeitpunkt des Systemwechsels ist.Es gibt für unsere Kunden keine TRBS-Sorge oder gar -Panik, da wir unser Gerüst gemäß den Vorschriften vital halten. Hier haben unsere Kunden einen verlässlichen Vorteil. Und mit dem Austausch ist es ja auch nicht getan: Die gesamte Infrastruktur muss einer möglicherweise schlechteren Produktivität beziehungsweise Transporttauglichkeit angepasst werden. Auch diese Begleitkosten sind nicht unerheblich.ABZ: Stichwort Hagener Gerüst-Forum. Sie haben uns bereits mitgeteilt, dass im nächsten Jahr wieder das HGF stattfindet.Hiby: Vom 18. bis 21. März startet die Veranstaltung wieder bei uns in Hagen. Wir freuen uns schon darauf.ABZ: Werden sie zu Ihrer Veranstaltung wieder Neuprodukte vorstellen und betreffen diese auch wieder das Thema TRBS?Nordmeier: Grundsätzlich möchten wir Lösungsmöglichkeiten zu allen Themengebieten abdecken, denn unsere Entwicklungsabteilung beschäftigt sich mit vielen Produktbereichen. Aber natürlich werden wir auch zum Thema TRBS noch einige neue Ansätze und Ideen präsentieren. Die TRBS beinhaltet ja nicht nur Regelungen zu MSG-Geländern. Treppen-Benutzerpläne und so weiter sind ebenfalls Punkte, die es zu lösen gilt. Es geht für uns allerdings auch um die Weiterentwicklung und Ergänzung der Systeme jenseits der TRBS.

ABZ-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Maschinen-/Anlagenbediener (m/w/d) - Bereich..., Reichertshofen  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

ABZ-Redaktions-Newsletter

Freitags die aktuellen Baunachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen