Mit Anbaugeräten zum Alleskönner?

Vielfältiges Angebot verändert Maschinentechnik und Baumethoden

von:

Heinz-Herbert Cohrs

Bagger und Lader
Der Radlader wird zum Grader: Mit dem Vorbau-Grader Tornado AP 6 von Wansor am Schnellwechsler kann der Radlader ebnen und nivellieren, auch GPS- oder lasergeführt. Foto: Wansor

GRUBE. - Sind Bagger noch Bagger, Radlader noch Lademaschinen? Bitten Sie ein Kind oder den "Mensch von der Straße", einen Bagger oder einen Radlader zu skizzieren. Stets werden bei beiden Maschinen vorne ein Tieflöffel oder eine Schaufel zu sehen sein. Doch die Realität sieht anders aus: Unzählige Bagger, Rad- und Raupenlader arbeiten heute mit verschiedensten Anbauausrüstungen, mit denen sich die Einsatzvielfalt und damit auch der Auslastungsgrad deutlich verbessern.

Hinzu kommen etliche weitere Vorteile der praktischen Anbauausrüstungen: Bei vielen Projekten lassen sich so Spezialgeräte einsparen, möglicherweise auch Personal, zudem erübrigen sich durch Anbaugeräte der An- und Abtransport eigenständiger Geräte und Maschinen. Wird überwiegend mit Anbaugeräten gearbeitet, entfallen sogar Investitionen oder Mietkosten für zahlreiche Klein- und Spezialgeräte.

Insofern bringen Anbauausrüstungen einen dicken Packen Vorteile mit auf die Baustellen, doch wie so oft, zeigt sich bei genauerem Hinschauen auch mancher Schatten. Das beginnt bei ungeeigneten Ausrüstungen, die ihre Arbeit keineswegs so gut, schnell oder sicher verrichten wie ein Spezialgerät, und reicht bis zu bestens bezahlten Baggerfahrern, die wegen eines Anbaugerätes am Baggerausleger nun als überqualifiziertes Personal Nebenarbeiten verrichten.

Zudem ist Obacht geboten, weil trotz der heute verbreiteten Schnellwechsler nicht jede Anbauausrüstung mit dem Trägergerät harmoniert. So kann die Hydraulik nicht leistungsfähig genug sein, um die Anbauausrüstung effizient im Dauerbetrieb arbeiten zu lassen, oder zwischen Ausleger und Anbaugerät wurde "am falschen Ende" an einer gelenkigeren Verbindung gespart.

Auch das Eigengewicht der Anbauausrüstung kann zu groß sein, um am Baggerausleger bei weiten Ausladungen und seitlich geschwenktem Oberwagen flott und kippsicher die Arbeit zu erledigen. Wenn der Fahrer deshalb jetzt nur vorsichtig und langsam den Ausleger bewegen darf, bremst das die Vorteile so mancher Anbauausrüstung wieder aus.

In den letzten Jahren erlebten Anbauausrüstungen einen kolossalen Schub hinsichtlich neuer Entwicklungen, und dies keineswegs nur für Bau und Gewinnungsindustrie, sondern für diverse Branchen wie Recycling, Holz-, Forst-, Kommunal- und Landwirtschaft oder auch Material- und Hafenumschlag. Zwar können Anbauausrüstungen nicht grundsätzlich Spezialmaschinen ersetzen, doch in vielen Fällen genügt die "Zweckentfremdung" des Baggers oder Laders völlig zur Ausführung kleinerer Arbeiten.

Fast unendliche Anbaugerätevielfalt

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Bagger und Lader
Der Lader wird zur Hubbühne: Mit Hubkorb und Teleskopmast kann der Avant 635 Personen in bis zu 5 m Höhe arbeiten lassen. Foto: Avant

Aufgrund der breit gefächerten Einsatzmöglichkeiten ist das Spektrum der Anbaugeräte kaum noch überschaubar, sofern sämtliche Arten und Baugrößen von Tieflöffeln, Greifern, Schaufeln, Abbruchwerkzeugen, Betonzangen, Hydraulikhämmern, Fels-, Graben- und Schneefräsen, von Anbauverdichtern, Schaufelseparatoren, Bohrern und Bohrlafetten, Rohrverlegern, Rammen, Mähern, Kehrmaschinen, Decken- und Bankettefertigern, Pflasterverlegezangen, Kettensägen, Stubbenfräsen, Holzspaltern, Betonpumpen, Räumschilden, Vorbau-Gradern, Gestrüppschneidern und Hubkörben berücksichtigt werden.

Am beliebtesten und vielseitigsten als Trägergeräte für Anbauausrüstungen sind Hydraulikbagger. Raupenbagger wandeln sich mit geeigneten Anbaugeräten zu geländegängigen, sehr standsicheren, weit, hoch oder tief reichenden Universalwerkzeugen. Demgegenüber wechseln Mobilbagger ihre Einsatzorte schneller als Raupenbagger, ein nicht zu unterschätzender Vorteil auf langgestreckten Baustellen und bei weit voneinander entfernten, aber kurzzeitigen Arbeiten.

Einen gewaltigen Mobilitätsvorteil haben auch Radlader und kompakte Raupenlader, für die es ebenfalls eine unüberschaubare Vielfalt von Anbauausrüstungen gibt. Alle Lader trumpfen mit Vorzügen auf, die in ihrer Kombination einmalig sind: Zur Mobilität gesellen sich Geländegängigkeit und große Vortriebskraft, verbunden mit kräftigen, hoch reichenden Hubarmen. Dadurch sind sie prädestiniert für Anbauausrüstungen aller Art.

Dank ihrer Mobilität bearbeiten Lader mit Kehrmaschine, Schneeräumer oder -fräse effizient große Flächen. Mit Gabelträger, Kranarm, Hubbühne, Erdbohrer, Anbaugrader, Asphaltfräse, Mischschaufel, Mähwerk, Pflasterverlegezange, Stamm- oder Fassklammer, Wechselbehälter, Betonmischer oder Astschneider steuern Radlader rasch weit auseinander liegende Stellen an.

Mit Zubehör besser nutzen
Bagger und Lader
Der Kran wird zum Radlader: An den serienmäßigen Schnellwechsler am Mast des Sennebogen 608 Multicrane kann jederzeit eine Schaufel montiert werden, die 18 m weit reicht. Foto: Sennebogen

Viele Anbaugeräte werden hydraulisch von der Bordhydraulik des Trägergerätes angetrieben. Bei jedem Wechsel müssen daher zwangsläufig Hydraulikleitungen und -schläuche miteinander verbunden oder wieder gelöst werden. Der An- und Abbau einer hydraulischen Anbauausrüstung ist daher unweigerlich eine umständliche Angelegenheit.

Das Verbinden oder Trennen der Hydraulik beansprucht meist zehn oder 20 Minuten, verlangt bei Wind und Wetter das Aussteigen des Fahrers und führt zu verschmierten Händen, verschmutzten Schuhen und dreckigem Kabinenboden. All dies behindert das häufige Wechseln der Anbaugeräte oder führt sogar zum Hinauszögern anstehender Arbeiten, wofür das Anbaugerät ja eigentlich angeschafft wurde.

Das ändert sich schlagartig durch vollhydraulische Schnellwechsler, die automatisch die Anschlüsse der Hydraulikleitungen vornehmen. Nun muss der Baggerführer die Kabine nicht mehr verlassen, um mit Ausleger oder Hubarm ein hydraulisch betriebenes Anbaugerät aufzunehmen oder abzusetzen. Aus diesen Gründen begünstigen derartige Schnellwechsler die baustellengerechte Nutzung von Anbauausrüstungen beträchtlich.

Weiteren "Wechselkomfort" für Anbaugeräte bieten Bagger und Lader, bei denen sich die Hydraulikeinstellungen mehrerer Anbaugeräte wie Druck und Ölmenge voreinstellen und speichern lassen. Wird nun beispielsweise zwischen Kaltfräse und Kehrmaschine gewechselt, erkennt die Bordhydraulik der Maschine automatisch, welcher Öldruck und welche Fördermenge benötigt werden.

Viele Anbauausrüstungen arbeiten gänzlich anders als das ursprünglich für die Maschine vorgesehene Werkzeug. Das betrifft besonders Hydraulikbagger, deren Ausleger eigentlich für das Vor- und Zurück- sowie Auf- und Abbewegen des Tieflöffels oder Greifers konzipiert wurde. Dass statt dieser Werkzeuge auch Anbaugeräte am Schnellwechsler sitzen, die geschwenkt und seitlich geneigt werden, um effektiver arbeiten zu können, war anfänglich nicht vorgesehen.

Deshalb sollte vor der Wahl eines Anbaugerätes für Bagger erwogen werden, zwischen Stiel und Schnellwechsler ein Dreh- oder Schwenkwerk anzuordnen oder als Tiltrotator eine Kombination aus beiden. Damit kann das Anbaugerät seitlich geschwenkt (gekippt) und in jeder Lage um die eigene Achse gedreht werden. Viele Tilt-rotatoren verfügen sowohl auf der Unter- als auch Oberseite über Schnellwechsler und lassen sich deshalb jederzeit an- und abmontieren. Dadurch kann, sofern bei bestimmten Arbeiten erwünscht, totes Gewicht am Auslegerende reduziert und die Traglast erhöht werden.

Durch ein Drehwerk oder einen Tiltrotator sind viele Arbeiten von nur einem Baggerstandort aus zu erledigen. Der Bagger muss seine Position demzufolge seltener verändern, was viel Zeit spart, vornehmlich bei Mobilbaggern, falls jedes Umsetzen mit dem Ein- und Ausfahren der Abstützungen einhergehen muss. Zudem kann ein Bagger bei sehr beengten Arbeiten nun dort fleißig sein, wo bislang manuell gearbeitet wurde, denn mit der Anbauausrüstung ist gewissermaßen um die Ecke zu reichen.

Bagger und Lader
Der Bagger wird zur Grabenfräse: Mit dem Felsschneidrad Erwator WT 120 von Erkat zieht der Raupenbagger im Beton Kabelgräben für eine Solaranlage. Foto: Erkat

Bei allen Vorzügen, die sich durch Anbauausrüstungen abzeichnen, sollten wichtige Relationen nicht aus den Augen verloren werden. Da, wo heute ein Bagger, ein Rad- oder Raupenlader mit einem Anbaugerät eingesetzt wird, arbeitete früher vielleicht eine Rüttelplatte, eine Grabenwalze, eine kleine Recyclinganlage, eine kompakte Kaltfräse, eine angemietete Hubbühne, eine Selbstfahr-Bohrlafette.

Statt kleinerer spezialisierter Geräte, die für Sonderaufgaben und Nebenarbeiten herangezogen wurden, wird nun eine teure Maschine – der Bagger oder Lader – mit einem für viele Arbeiten häufig zu leistungsstarken Dieselmotor und einem möglicherweise höher qualifizierten Bediener bereit gestellt. Im Vergleich zum Klein- oder Spezialgerät arbeiten nun ein "Großgerät", ob Mobil- oder Raupenbagger, und ein Kleingerät gemeinsam. Daher addieren sich zu den Investitions- und Betriebskosten oder Mietkosten eines Anbaugerätes wie eines Anbauverdichters die gegenüber einer Rüttelplatte oder Grabenwalze merklich höheren Betriebs- oder Mietkosten des Baggers. Des Weiteren ist der Fahrer im Bagger häufig teurer als der Arbeiter, der Kleingeräte wie handgeführte Verdichter bedient. Insofern werden durch die Nutzung von Anbaugeräten manchmal Maschinen mit eigentlich zu hoher Leistung und teures, oft geschultes Personal für Aufgaben zweckentfremdet, die auch ungeschulte Arbeiter mit ein oder zwei Geräten ausführen könnten.

Während manche Geräte wie kompakte Sieb-, Brech- oder Recyclinganlagen nur hin und wieder Personal erfordern, sitzt im Bagger oder Lader mit Sieb- oder Brecherschaufeln stets der Fahrer, auch während der Wartephasen beim Durchsetzen des Materials. Während der Löffel Material absiebt, mischt oder bricht, sitzt der Fahrer tatenlos da. Der Bagger wartet ebenfalls, sein Ausleger und Stiel ruhen. Weil das Trägergerät während der Durchsatzzeiten "stillhalten" muss, werden die wesentlichen Funktionen, für die eine teure Maschine erworben wurde, wie das Lösen, Ausschachten, Verfüllen oder Beladen, nicht ausgeführt.

Letztlich gibt es Anbauausrüstungen wie Betonpumpe, Kompressor, Frontbagger, Stromaggregat, Häcksler oder Holzspalter, die den Mobilitätsvorteil von Rad- und Raupenladern ausbremsen, weil sie vom Lader stationär betrieben werden, also im Stand. Beanspruchen solche Arbeiten viel Zeit, fehlt der Rad- oder Raupenlader eventuell an anderer Stelle. Für die Dauer solcher Arbeiten existiert er praktisch nicht mehr, kann demnach auch nicht für seine üblichen Laderarbeiten verwendet werden.

Obwohl es verlockend ist, ein Trägergerät mit Anbauausrüstungen auf einer Baustelle fast als Solomaschine einzusetzen, birgt ein solches Vorgehen einige Hürden. Keinesfalls nämlich sollte der Auslastungsgrad der Maschine durch Anbaugeräte "überfordert" werden, denn nun stehen Bagger oder Lader plötzlich nicht mehr wie gewohnt für seine Arbeiten zur Verfügung.

Der Bagger oder Lader muss die Zeiten für Arbeiten mit den Anbaugeräten "übrig" haben. Deshalb müssen bei der Nutzung vieler Anbauausrüstungen Projektverlauf und Einsatzplanung geändert werden. Bisherige Erfahrungswerte gelten nicht mehr, sofern nur noch mit ein oder zwei Trägergeräten, aber mit etlichen Anbaugeräten gearbeitet wird. Mit anderen Worten: Kaum lohnt sich auf einer Baustelle ein zweiter Bagger, nur damit der erste unentwegt ausgelastet ist.

Ein Bagger oder Lader soll produktiv sein, soll ausschachten oder Lkw beladen, Bauteile und -stoffe entladen. Sämtliche Arbeiten mit Anbaugeräten, die dem Bagger oder Lader bei der Arbeitsvorbereitung "aufgebrummt" werden, könnten ihn von diesen Aufgaben abhalten und daher sogar Terminüberschreitungen herbeiführen. So erhöhen diverse Anbauausrüstungen zwar den Nutzungsgrad des Trägergerätes, hemmen jedoch auch das Arbeitstempo.

Jedes Umsetzen des Trägergerätes ist unproduktive Zeit, die so kurz wie möglich sein sollte. Auf keinen Fall sollten wegen der häufigen Verwendung mehrerer Anbauausrüstungen längere Zeiten für das unvermeidliche Umsetzen des Laders oder Baggers eingehandelt werden, weil das die Produktivität bremst. Letztlich dürfen wegen zu häufigen Umsetzens keine langen Wartezeiten entstehen, denn Sinn und Zweck von Anbauausrüstungen würden dadurch "nach hinten losgehen".

Von großer Bedeutung ist daher die Frage, wie oft ein Bagger oder Lader mit dieser oder jener Anbauausrüstung arbeiten soll. Nur ab und zu, dank automatischem Schnellwechsler eventuell nur hin und wieder für zehn Minuten? Oder aber täglich für mehrere Stunden? Ist das der Fall, sollte weiterhin die Verwendung von eigenständigen Geräten erwogen werden. Nur so bleibt der Bagger oder Lader frei für seine Standardaufgaben.

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