Mit Flüssigboden

Erdkabel thermisch stabilisieren

Flüssigboden Bauchemie
Erdkabel, hier in thermisch stabilisierendem Flüssigboden TS gebettet, können die drei Grundprobleme dieser Verlegetechnik lösen.

LEIPZIG (ABZ). - Die Energiewende ist im vollen Gange und das Szenario steht fest: Im Norden wird Strom im Überfluss durch Windkraftanlagen produziert, im Süden sollen Kraftwerke vom Netz genommen werden. Doch wie gelangt der Strom dorthin? Genau diese Frage stellen sich die Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland für den Netzausbau bis zum Jahr 2022.Dann sollen die letzten Kernkraftwerke vom Netz gehen und in Süddeutschland fehlt dann die Leistung von acht Kernkraftwerksblöcken – also rund 8 GW. Um diesen gigantischen Stromfluss zum Fließen zu bringen, geht es nun um die Verlegung neuer Stromleitungen quer durch die Republik. Dazu müssen, greift man auf Freileitungen zurück, viele Bäume gefällt und Trassen mit einer Vielzahl von Strommasten angelegt werden. Bei seinem Besuch 2012 in Erfurt hat der damalige Bundesumweltminister Peter Altmaier – heute Chef des Bundeskanzleramtes – eine Lanze für die Erhaltung der Natur gebrochen – eine Nachricht, die sicherlich nicht nur die Freunde des Thüringer Waldes gefreut hat. Beim Ausbau der Stromnetze in der Bundesrepublik müssten die Belange des Umweltschutzes berücksichtigt werden, sagte Altmaier und wörtlich: "An neuen Leitungen soll wirklich nur das gebaut werden, was absolut notwendig ist". Alle Eingriffe in die Landschaft sollten seiner Meinung nach "minimal-invasiv" erfolgen. Auf gut Deutsch bedeutet das: So viel Natur pur wie möglich muss den Menschen erhalten bleiben. Daher ist die technische Lösung von Erdkabeln statt Freileitungen eine ernst zu nehmende Alternative.Der nationalen Bundesnetzplan im Rahmen der Energiewende steht zwar in seinen Grundzügen fest, dennoch reißt der Diskussionsbedarf nicht ab. Ein Grund dafür sind die Korridore für neue oder aufzurüstende Stromtrassen. Bayern will den Trassenverlauf im Freistaat grundsätzlich boykottieren. Zahlreiche Bürgerinitiativen machen gegen die – die Umwelt verschandelnden – Strommasten mobil. Einig zeigte sich vor drei Jahren der Bundesumweltminister mit Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht darin, dass für neue Starkstromleitungen bevorzugt zwei Modelle in Frage kommen: der Ausbau bestehender Trassen oder die Verlegung von Erdkabeln. Aber nur vier Pilotprojekte in Deutschland sieht das Energieleitungsausbaugesetz in Form von Erdkabeln vor. Als Grund dafür werden die angeblich noch unzureichenden Erfahrungen mit dieser Technologie benannt. Doch das Thema ist nicht neu. Es gibt schon heute viele Beispiele, wo Hochspannungsleitungen als Erdkabel erfolgreich verlegt und eingesetzt werden. Der zweite Grund seien die zu hohen Kosten. Im Vergleich zum Strommastenbau soll der Erdkabelbau das 6–10-fache an Kosten, im Vergleich mit den Freileitungen, verschlingen. Das seien Kosten, die später wieder den Strompreis in den Haushalten in die Höhe treiben könnten. Die bisher übliche Form des Baus von Erdkabeltrassen kann diese berechtigte Sorge nicht aus dem Feld räumen. Als dritter Grund wird das Problem der Isolierung der Erdkabel im Boden benannt. Doch für alle drei Probleme gibt es ein Lösung: Der Einsatz von, die Erdkabel thermisch stabilisierendem Flüssigboden TS, einem Flüssigboden, entsprechend der Anforderungen des RAL-Gütezeichen 507, ist eine solche. Erstens gibt es gute Erfahrungen aus den letzten 17 Jahren mit dem Einsatz des Verfahrens und aus den letzten zehn mit thermisch stabilisierendem RSS Flüssigboden TS. Zweitens sind inzwischen Reserven in der Bauweise von Planung bis Ausführung bekannt, die es gestatten, den Kostenfaktor praktisch mindestens zu halbieren und drittens funktioniert die Isolierung völlig problemfrei.

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Flüssigboden Bauchemie
Das Bettungsmaterial war in Raesfeld entscheidend, denn es musste für die thermischen Stabilisierung der Kabel sorgen. Fotos: Amprion

Flüssigboden – entsprechend der Anforderungen des RAL Gütezeichens 507 – ist ein Gemisch aus dem Bodenaushub der jeweiligen Baustellen und Zusatzstoffen, sowie Wasser und bei Bedarf einem Spezialkalk. Er ist das Ergebnis der Entwicklung und Anwendung des Flüssigbodenverfahrens. Dieses wurde ab 1998 durch das Forschungsinstitut für Flüssigboden (FiFB) in Leipzig entwickelt und in verschiedenen Varianten patentrechtlich geschützt. Dieses Fertigungsverfahren ermöglicht es, beliebige Arten von Bodenaushub, industriell hergestellte und natürliche Gesteinskörnungen, sowie andere mineralische Stoffe zeitweise fließfähig zu machen, selbstverdichtend wieder einzubauen und dabei bodenähnliche bis bodengleiche Verhältnisse im bodenmechanischen und bodenphysikalischen Sinn wiederherzustellen. Eine zweite Möglichkeit der Anwendung des Verfahrens gestattet es, gezielt einzelne oder auch mehrere Eigenschaften entsprechend der bautechnischen Anforderungen zu verändern. Im Falle von Erdkabeln ist es die Fähigkeit, große Wärmemengen in den Boden und die Umgebung ohne signifikante Beeinträchtigung der Umwelt abtransportieren und damit eine Überhitzung des Kabels als Form seiner thermischen Stabilisierung auf einem im Vergleich zur herkömmlichen Sandbettung deutlich reduzierten Temperaturniveau, sicher vermeiden zu können. Das Ergebnis ist 100 % umweltverträglich und trägt so entscheidend zum Schutz des Wirkungspfades Boden-Grundwasser bei. Im Mittelpunkt steht dabei immer die Wiederverwendung des auf der jeweiligen Baustelle anfallenden Bodens, womit automatisch die Forderungen des aktuellen Kreislaufwirtschaftsgesetztes erfüllt werden. Die in diesem Zusammenhang stehenden Aufgaben der Qualitätssicherung erfordern in erster Linie ein entsprechendes Grundwissen. An vier Beispielen soll der Einsatz von thermisch stabilisierter Flüssigboden beim Erd'kabeleinbau aufgezeigt werden. Die Amprion GmbH hat im Sommer 2014 eine 380-kV-Kabelanlage im nordrhein-westfälischen Raesfeld bei Borken, also eine Erdkabeltrasse in Auftrag gegeben. Dabei handelte es sich um eine rund 3,5 km lange Trasse, für eine, in offener Bauweise verlegte Höchstspannungsleitung. Durch die Kabel sollen künftig rund 3,5 GW Windstrom von der Nordsee fließen – Strom für mehr als 3 Mio. Menschen. Die Trasse bei Raesfeld war die erste ihrer Art und gehört als Pilotprojekt in das Vorhaben der Bundesregierung, um die für die Energiewende dringend benötigten Stromautobahnen zu realisieren. Vier Tiefbaufirmen hatten den Zuschlag für die Abschnitte des Projektes erhalten. Gleichzeitig suchte Amprion dafür ein Bettungsmaterial, welches vollständigen, dauerhaften und hohlraumfreien Kontakt zwischen Rohr und Bettungsmaterial und optimale Eigenschaften bei der Maximierung des abzuführenden Wärmestromes zur Sicherung der maximalen Wärmeabfuhr, also zur thermischen Stabilisierung der Kabel, ohne Austrocknung sicher stellen kann. Das Bettungsmaterial sollte so die Ableitung der anfallenden Verlustwärme der Hochspannungstrasse sicher gewährleisten, weiterhin einen fremdspannungsfreien Einbau der Kabel und Garantie der dauerhaften Fremdspannungsfreiheit im Betrieb sicherstellen und eine im Sinne der Landwirtschaft bodentypische Grabenverfüllung zur Vermeidung von Problemen für die Landwirtschaft und in Straßenbereich bei Querungen zur Vermeidung von Schäden an der Oberfläche bieten.Thermisch stabilisierender RSS-Flüssigboden TS nach RAL-Gütezeichen 507 konnte all diese Anforderungen erfüllen. Die Rezepturen wurden derart eingestellt, dass eine maximale und dauerhafte Oberflächenhaftung am Kabel mit minimalen Wärmeübergangswiderständen sicher gegeben war. Weiterhin wurde sichergestellt, dass eine gute Adhäsion und eine optimale Relaxationsfähigkeit zur Vermeidung von Isolationswirkungen infolge von Ringspaltbildung zwischen Kabel (als Wärmequelle) und Verfüllmaterial auch bei unterschiedlichem Bodenfeuchten und Temperaturen funktioniert und auch langfristig keine schädigende Austrocknung des Flüssigbodens stattfindet. Ebenso ist ein optimales Wärmegefälle zur Vermeidung zusätzlicher Wärmeübergangsverluste, z. B. infolge von sich ausbildenden Phasengrenzen, garantiert. Auch musste und konnte ein dauerhafter Schutz der sensiblen Kabel-/Rohroberflächen vor chemischen und mechanischen Einwirkungen sichergestellt werden. Doch zunächst galt es, die ansässigen Landwirte von der Umweltunbedenklichkeit des Materials für die Landwirtschaft und die Hersteller der Leitungen von der Eignung für die geplanten Kabel zu überzeugen. Nachdem alle Nachweise hierfür erbracht waren und die aus Haftungsgründen erforderlichen Dokumente bis Langzeitnachweise vorlagen, gab es grünes Licht für diese Baumaßnahme. Dabei wurden die Erfahrungen einer inzwischen fast zehnjährigen Entwicklung und Anwendung dieser Sonderform von Flüssigboden nach RAL-Gütezeichen 507 genutzt und bereits in der Planung in Form einer Fachplanung durch ein darauf spezialisiertes Ingenieurbüro eingebracht. Durch die Vor-Ort-Herstellung mittels RSS-Kompaktanlagen konnte der Baustellenablauf erfolgreich unterstützt werden. Doch nicht nur in Reasfeld kam thermisch stabilisierender RSS-Flüssigboden nach RAL-Gütezeichen 507 zur Bettung von Erdkabeln zur Anwendung.Im Zuge der Erweiterung des Flughafens Fraport Frankfurt am Main erhielt Siemens Power Transmission von Amprion den Auftrag, bei Kelsterbach auf einer Länge von 850 m eine erdverlegte Hochspannungsleitung (400.000 V, 63.000 A) nach dem GIL-Verfahren (Gas-Insulated Transmission Line) zu verlegen. Das GIL-Verfahren kam dabei erstmals weltweit als erdverlegte Leitung kommerziell zum Einsatz. Als Stromleiter fungiert hier Aluminium statt Kupfer. Isolator ist ein Gas. Der Vorteil: Die Kabel sollen viele Jahrzehnte wartungsfrei sein und kaum elektromagnetische Strahlung absondern. An das Verfüllmaterial wurden jedoch extreme Anforderungen gestellt. Eine besonders gute Ableitung der entstehenden Abwärme, form- und kraftschlüssiger Verbund mit dem Leiter zur Abtragung der Spannungen aus Wärmedehnung sowie totaler Verzicht auf Verdichtungsgeräte wie Vibratoren oder Stampfer.

Einbautechnologie ökologisch unbedenklich
Flüssigboden Bauchemie
Aus dem Aushub vor Ort wurde thermisch stabilisierender RSS-Flüssigboden TS nach RAL-Gütezeichen 507 hergestellt. Er sorgt für eine optimale Wärmeabfuhr, so dass keine thermische Überlastung des Erdkabels eintritt. Foto: Ing. Büro Logic GmbH

Außerdem sollte das Verfüllmaterial ökologisch unbedenklich sein. Eine Wiederverwendung des Aushubbodens in vollem Umfang und eine extrem kurze Bauzeit von wenigen Wochen waren zusätzlich erwünscht. Alle Anforderungen konnten durch Verwendung von thermisch stabilisierendem RSS-Flüssigboden TS nach RAL-Gütezeichen 507 und die damit verbundene Einbautechnologie erfüllt und in einer langen Serie von Vorversuchen und Vergleichen nachgewiesen werden. In Zusammenarbeit mit Siemens und den Ingenieurbüro Logic Logistic Engeneering aus Leipzig wurde ein lückenloses Qualitätsmanagement erarbeitet und umgesetzt. Die eigentliche Herstellung und der Einbau wird von einem Vertragspartner im Frankfurter Raum, durchgeführt. Die Herstellung erfolgt mit einer voll computergestützten RSS-Kompaktanlage. Inzwischen liegen Prüfergebnisse aus einem Langzeitversuch nach fünf Jahren vor, die eine unveränderte Eignung des eingebrachten Bettungsmaterials zeigen und Interessenten zur Verfügung stehen.

Für das Projekt in Rheinfelden war ein knapper Zeitplan angesetzt. Eigentlich sollten die sensiblen Erdkabel in klassischer Bauweise verlegt werden. Die Bau GmbH aus Wehr am Rhein gab zu dem Projekt ein technisches Nebenangebot ab und hat mit diesem die Ausschreibung der Evonik Industrie AG gewonnen. Vor Zuschlagserteilung fand eine umfangreiche Prüfung durch den Auftraggeber, seinen Planer und einen Elektrofachplaner in Zusammenarbeit mit einem Fachplaner für Flüssigboden statt. Die Bau GmbH, im Gegensatz zur Mehrheit aller Baufirmen, hatte bereits jahrelange Erfahrungen beim Bau mit Flüssigboden und beherrscht die technologischen Besonderheiten des Verfahrens sicher und gut. Die Firma hat bereits Hochspannungstrassen mit Erdkabeln in Flüssigboden verlegt und erfolgreich auf diesem neuen Gebiet gearbeitet. Die Bau GmbH ist mit der modernsten Technik ausgerüstet, die eine Überwachung des Produktionsprozesses im Sinne des Auftraggebers und hoher Qualität sicherstellt. Die Fremdüberwachung durch einen Fachplaner für Flüssigboden ergab eine mängelfreie Arbeit und entsprach schon frühzeitig den Ergebnissen, wie sie dann auch durch andere Netzbetreiber in nachfolgenden Großprojekten mit thermisch stabilisierendem RSS-Flüssigboden TS genutzt wurden.

In Audorf wurde von der Tennet TSO GmbH ein Verfüllmaterial benötigt, welches eine thermische Stabilisierung von Erdkabeln auf dem Spannungsniveau von 220 kV bewältigt. Die Leitungstrasse darf nicht überlastet werden, da sonst die Stromstärke der Kabel reduziert werden müssten oder es zu Schädigungen kommen könnte. Für dieses Bauvorhaben wurde aus den oben genannten Gründen thermisch stabilisierender RSS Flüssigboden TS eingesetzt. Dieser war aus Aushub vor Ort von der Grothe Bau GmbH herstellbar. Die Eigenschaften dieser Flüssigbodenmodifikation waren für dieses Projekt hervorragend geeignet, denn er stellt gute Wärmeübergänge zwischen dem Erdkabel und dem Flüssigboden sowie zwischen Flüssigboden und dem Umgebungsboden sicher. Weiterhin sorgt er für einen konstant hohen Wärmestrom, also gute Wärmeabfuhr. Damit war eine konstant hohe Ableitung der anfallenden Verlustenergie des Erdkabels sichergestellt. So wurde der Gefahr einer thermischen Überlastung aktiv begegnet. Dank der guten rheologischen Eigenschaften des eingesetzten RSS-Flüssigbodens TS wird die Hohlraum- und Ringspaltbildung vermieden und damit ebenfalls eine gleichmäßige Übertragung des Wärmestroms sichergestellt.

Das Flüssigbodenverfahren und die Anforderungen an die Sicherung der Qualität seiner Anwendung wurde in Deutschland vom RAL Institut mit dem Gütezeichen 507 verbunden. Auftraggeber, die objektive und für sie selbst nachvollziehbare Maßstäbe der Qualitätsprüfung wünschten, haben diese Entwicklung ausgelöst. Das RAL-Gütezeichen bietet hier sichere Orientierung und Schutz vor einem teuren Missgriff. Wo es steht, können Verbraucher und Anwender – wie bei der Nutzung des Flüssigbodenverfahrens – kompetentes Personal, Sicherheit und Schutz der Umwelt, Benutzerfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit erwarten. In diesen Gütegemeinschaften haben sich besonders qualitätsbewusste Auftraggeber, Planer, Wissenschaftler, Dienstleister und Hersteller zusammengeschlossen.

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