Mit Flüssigboden

Europaplatz wird umweltfreundlich saniert

Modernisierung und Sanierung
Bei Bauarbeiten am Tübinger Europaplatz wird der Kanalaushub wiederverwendet, um Flüssigboden herzustellen. Fotos: FiFB Leipzig, privat

Tübingen (ABZ). – Bei der Klimakonferenz "Global Climate Action Summit" in San Francisco stellte Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer die Kampagne "Tübingen macht blau" vor. Er erläuterte, mit welchen Mitteln es in Tübingen gelungen sei, den CO2-Ausstoß zu senken und weitere Klimaziele zu erreichen. Im Zuge umweltfreundlicher Sanierungsarbeiten wird der Europaplatz umgestaltet, um das Bahnhofsgebäude und den Anlagenpark in das südliche Stadtzentrum zu integrieren. Die Baumaßnahmen für das Projekt beginnen 2020, doch die Vorbereitungen laufen bereits. Es sei das bisher größte Projekt im Bereich öffentliche Verkehrsinfrastruktur, das in Tübingen realisiert werde. Der zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) und das Bahnhofsumfeld werden verändert. Die Tübinger Innenstadt solle für Bewohner und Gäste der Stadt attraktiver werden, so Andreas Bechert vom Forschungsinstitut für Flüssigboden (FiFB) Leipzig. Dazu würden Bus-, Bahn-, Rad- und Fußmobilität miteinander verknüpft und eine umweltfreundliche und sozialgerechte Mobilität geschaffen werden. Unter anderem sollten urbane Freiräume und ein Stadteingang realisiert werden.Entlang der sogenannten Bügelstraße vor dem Marktladen entsteht ein neuer Kanal. Dort werden neue Strom-, Wasser-, Gas-, Fernwärme- und Kommunikationsleitungen installiert. Nahe der Europastraße, im Bereich zwischen Steinlachunterführung und ehemaliger Expressguthalle, wird ebenfalls ein neuer Kanal gebaut. Neue Versorgungsleitungen werden dort verlegt. Die Breinlinger Ingenieure Tiefbau GmbH aus Tuttlingen wurde damit beauftragt. Eine der schwierigsten Aufgaben sei es bisher gewesen, das Baugelände mit verschieden Leitungstrassen neu zu ordnen und die verschiedenen Baufelder von Leitungen zu befreien, so Bernd Schwär, Geschäftsführer des Unternehmens und Projektleiter auf der Baustelle.Die neuen Versorgungsleitungen müssen verlegt werden, ohne den Betrieb des ZOB einzuschränken. Er wird täglich von 30.000 Fahrgästen genutzt. Zukünftig und auch während der Bauphase müssen diese sicher und möglichst barrierefrei vom und zum Bahnhof geleitet werden. "Die Belange von Individualverkehr, Radfahrern, Fußgängern, ÖPNV, Taxi oder Anlieferung unter einen Hut zu bekommen ist eine der größten Herausforderungen bei einer solchen Maßnahme", sagt Schwär. Die Flüssigboden-Technologie anzuwenden sei wichtig, um auf einer nachhaltigen Baustelle zu arbeiten. "Wir setzen die Flüssigboden-Technologie bereits seit mehreren Jahren erfolgreich ein. Die ersten Berührungspunkte gab es beim Kreuzstraßentunnel in Tuttlingen, welcher ab 2007 gebaut wurde", so Schwär.

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Modernisierung und Sanierung
Andreas Bechert, Pressesprecher des FiFB Leipzig, erklärt, dass die Tübinger Innenstadt attraktiver gestaltet wird.

Auf dem Tübinger Europaplatz führt die Gottlob Brodbeck GmbH & Co. KG die Flüssigbodenarbeiten aus, die von der LOGIC Logistic Engineering GmbH und den Breinlinger Ingenieuren geplant wurden. Benno Schlaich kalkuliert den Arbeitseinsatz und musste zunächst die Abbruch- und Tiefbauarbeiten schätzen. Gerade die unterirdische Infrastruktur habe es durch die Verlegung neuer Leitungssysteme in sich gehabt. Mit der Flüssigboden-Methode ließe sich das Unterfangen aber gut umsetzen. Bislang sei der Flüssigboden immer geliefert worden, in Tübingen soll er hingegen aus dem Bodenaushub vor Ort hergestellt werden. Dazu wird eine Flüssigboden-Kompaktanlage angemietet. "Diese wird von einem Fachmann bedient, der die Zertifizierung zum Gütesachverständigen nach RAL Gütezeichen 507 für Flüssigboden vorweisen kann", sagt Schlaich. Da der Grundwasserspiegel am Europaplatz hoch ist, werden die neuen Leitung mit dem Verfahren der "Schwimmenden Verlegung" in den Flüssigboden eingebettet.Bei dieser Methode wird die energieintensive Wasserhaltung stark reduziert, wodurch der Ausstoß weiterer CO2-Emissionen verhindert wird. Neue Technologien und ingenieurtechnische Lösungen sollen außerdem bei der Umsetzung der Baumaßnahme helfen. Durch die Anwendung dieser Technologien werde zusätzlich eine große Menge CO2 eingespart, so die verantwortlichen Unternehmen und Kommunen.Der Baustellenaushub am Tübinger Europaplatz werde dem FiFB zufolge zu 100 % wiederverwendet. Das entspreche vollumfänglich den Forderungen des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Ab 1. Januar 2020 gilt die Forderung, mindestens 70 % der mineralischen Abfälle zwingend wiederzuverwenden. Mithilfe von Flüssigboden-Maßnahmen ließen sich derzeit mehr als 170 verschiedene Anwendungen realisieren. Sie sollen, wenn die Masse der Anwendungen betrachtet wird, deutlich weniger Energie verbrauchen und somit CO2 erzeugen, als wenn sie auf herkömmliche Art umgesetzt würden.Bei der "Schwimmenden Verlegung in RSS Flüssigboden" wird ein Graben ausgehoben, aber das Grundwasser wird nicht abgepumpt. Dann wird das zu verlegende Rohr mit Rohrverlegehilfen aufgehängt, fixert und eingebaut. Um den Auftrieb kontrollieren zu können, nutzen Arbeiter den hydraulischen Stempel der Verlegehilfen. Diese Stempel messen auch den Rückverfestigungsprozess im Rohrgraben. Die Arbeiter bauen den Flüssigboden so ein, dass er das Wasser im Graben verdrängt, das Rohr vollständig umhüllt und sich fest und schwindungsfrei mit der Grabenwand verbindet. Bei diesem Verfahren müssten keine Spundwände eingesetzt werden, was viel Zeit und Kosten spare. Es komme nicht zu hydraulischen Grundbrüchen oder anderen Gebäude- und Straßenschäden, da Flüssigboden selbstverfestigend ist und kein Einsatz der Rüttelplatte erfolgen muss.Dass es sich lohnt, innovative Methoden einzusetzen, würden erste Zahlen zeigen, die bereits geschätzt werden können, so das FiFB. Zusammen mit dem Ingenieurbüro Logic habe das Institut eine Methode zur CO2-Bilanzierung von Baustellen entwickelt. Diese zeige den Unterschied der anfallenden CO2-Mengen bei der Nutzung von Flüssigboden-Verfahren im Vergleich zur Anwendung herkömmlicher Technologien. Wenn Anwendungen zukünftig mit Flüssigboden-Lösungen umgesetzt werden würden, steigere sich die CO2-Ersparnis immer stärker, so das FiFB. Schätzungen gingen von einem Einsparungspotential von 20 bis 50 Millionen t CO2 aus, so das Institut.Auf einer Baustelle in Bayern wurde das Flüssigbodenverfahren auch eingesetzt. Dort wurde der Kanal statt der herkömmlichen Methode mit Flüssigboden – gewonnen aus dem Kanalaushub – verfüllt. Durch die Anwendung dieser Verfahrensweise habe sich die CO2-Menge um 484 685 kg reduziert, so das FiFB. Die Arbeiter mussten keine 9000 t Kies verbauen, kein 9000 t schwerer Bauaushub musste deponiert werden. Ebenso entfielen Lkw-Transporte und damit rund 38.000 gefahrene km. Auch die Arbeitszeit auf der Baustelle in Bayern habe sich durch die Nutzung der Flüssigboden-Methode um 1/3 verringert. Eine Anlage zur Herstellung des Bodens wurde vor Ort errichtet.

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