Mit Sicherheit hoch hinaus

Gerüstbau hat eine Vorbildfunktion

Bundesinnung/Bundesverband Gerüstbau Gerüstbau
Geschäftsführerin Sabrina Luther: "Das Thema Arbeitssicherheit ist für unser Handwerk sehr wichtig. Der Gerüstbau sollte hier in jeder Hinsicht eine vorbildliche Rolle einnehmen." Foto: Bachmann

Auf der diesjährigen Bundesfachtagung Gerüstbau in Rostock-Warnemünde gibt es gleich mehrfach Grund zu feiern. Aber auch an Gesprächsbedarf über aktuelle Herausforderungen mangelt es im Doppeljubiläumsjahr nicht. Welche Themen die Branche derzeit besonders beschäftigen, darüber sprach ABZ-Chefredakteur Robert Bachmann im Vorfeld der Veranstaltung mit Sabrina Luther, Geschäftsführerin des Bundesverbandes und der Bundesinnung Gerüstbau, in Köln.ABZ: Auf der diesjährigen Bundesfachtagung Gerüstbau gibt es gleich mehrfach Grund, zu feiern: 70 Jahre Bundesverband sowie 20 Jahre Bundesinnung. Haben Sie etwas Besonderes für die Veranstaltung in Warnemünde geplant?Luther: Wir werden die beiden Jubiläen natürlich feierlich besonders würdigen. Am Freitagvormittag findet dazu ein eigener Festakt statt, für den wir hochkarätige Vertreter aus Politik und Handwerk als Redner gewinnen konnten. Auch der Festabend wird mit Sektempfang und Feuerwerk sowie mit einigen kleinen Überraschungen in diesem Jahr besonders festlich gestaltet. Darüber hinaus wird es eine Festschrift geben, in der wir die Geschichte unseres Handwerks und unserer Organisationen dargestellt haben. Bereits 2014 hatten wir den Yachthafen Hohe Düne in Rostock-Warnemünde als Tagungsort gewählt und daraufhin immer wieder begeisterte Rückmeldungen erhalten. Deswegen haben wir für die Jubiläen bewusst erneut diesen schönen Tagungsort gewählt.ABZ: Welche Themen stehen auf dem diesjährigen "Talk im Gerüst" im Vordergrund?Luther: Der Talk im Gerüst behandelt dieses Jahr das Thema Fachkräfte: "Mitarbeiter gewinnen und motivieren". Die Frage, wie man als Betrieb Mitarbeiter gewinnen kann, ist unweigerlich mit der nächsten Frage verknüpft, wie die gewonnen Mitarbeiter motiviert und gehalten werden können. Die Unternehmenskultur spielt hier eine zentrale Rolle. Für die Veranstaltung konnten wir eine gute Mischung aus Talk-Gästen gewinnen. Neben Unternehmen aus dem Gerüstbauer-Handwerk haben auch Personalberater und der Ansprechpartner für die Imagekampagne des deutschen Handwerks, Stefan Koenen, ihr Kommen zugesagt.ABZ: Was muss aus Ihrer Sicht geschehen, um diesem Problem beizukommen, und wie unterstützt der Verband seine Mitglieder bei der Nachwuchsgewinnung?Luther: Auf den demographischen Wandel haben wir natürlich wenig Einfluss, wohl aber auf den zunehmenden Trend zur Akademisierung, der ein wesentlicher Faktor der Fachkräfteproblematik ist. Seit vielen Jahren wird Jugendlichen eingetrichtert, dass sie nur über die akademische Laufbahn eine gute Zukunftsperspektive bekommen. Das ist eine fehlgeleitete Entwicklung, die viele junge Menschen auch in eine Sackgasse führt. Dem gilt es handwerkspolitisch entgegenzuwirken. Hier leistet der Zentralverband des Deutschen Handwerks im Rahmen seiner Imagekampagne gute Arbeit, die wir natürlich unterstützen. Es ist wichtig, das Handwerk mit seinen Ausbildungsberufen darzustellen und bekannter zu machen. Dabei haben auch wir uns in den letzten Jahren ganz konkret eingebracht. Gleichzeitig haben wir bereits vor fünf Jahren eine eigene Nachwuchskampagne entwickelt. Deren Leitmotive bringen wir in verschiedenen Medien zum Einsatz, die wir auch den Betrieben zur Verfügung stellen. Uns ist wichtig, die Betriebe mit allem auszustatten, was sie für die Nachwuchswerbung brauchen. Die Betriebe müssen heute mehr denn je aktiv auf potenzielle Auszubildende zugehen. Einige Mitglieder in unseren Reihen setzen das bereits hervorragend um. Solche Positivbeispiele regen zum Nachahmen an, weshalb wir diese seit 2011 regelmäßig dazu einladen, sich auf unserer Bundesfachtagung zu präsentieren und ihre Erfahrungen mit der Branche zu teilen. Wir merken auch, dass das Medieninteresse seit dem Start der Kampagne gestiegen ist. Künftig wollen wir die Öffentlichkeitsarbeit in den neuen Medien zusammen mit unseren Mitgliedern weiter ausbauen. Neben der Werbung für unser Handwerk haben wir nicht zuletzt auch unsere Tarifpolitik der letzten Jahre daran orientiert, unser Handwerk attraktiv zu gestalten und Fachkräfte langfristig zu binden. So haben wir uns bei unserer großen Tarifreform vor zwei Jahren bewusst für den Beibehalt unserer Sozialkassenleistungen entschieden und die Finanzierung auch der Fortbildung ausgebaut.ABZ: Stichwort Tarif: Erst kürzlich haben sich Innung und IG Bau auf eine neue Lohnuntergrenze geeinigt. Sind Sie mit dem Verhandlungsergebnis zufrieden?Luther: Die Tarifverhandlungen mit der IG Bau gestalteten sich im vergangenen Jahr etwas schwierig, so dass zunächst keine Einigung erzielt werden konnte. Aktuell haben wir nun einen neuen Tarifvertrag über den Mindestlohn abgeschlossen. Dieser wird zum 1. Mai 2018 auf 11,35 Euro steigen. Damit haben wir allerdings nur eine absolute Untergrenze festgelegt. Tatsächlich bekommen die Arbeitnehmer des Gerüstbauer-Handwerks inzwischen deutlich mehr Lohn. Die im Mindestlohntarifvertrag festgelegte Untergrenze soll verhindern, dass der Wettbewerb durch Firmen verzerrt wird, die mit gering bezahlten, oft osteuropäischen Arbeitskräften bestehende Lohn- und Preisniveaus unterwandern.

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Die Nachwuchsgewinnung gehört seit einigen Jahren zu den zentralen Herausforderungen für die Branche. Mittels Imagekampagnen, Aufklärungsarbeit und anderen Marketinginstrumenten unterstützt der Bundesverband seine Mitglieder Tatkräftig beim Werben um junge Mitarbeiter. Foto: Bundesverband

ABZ: Heiß diskutiert wird im Gerüstbau aktuell auch wieder über das Thema Arbeitssicherheit. Seit dem vergangenen Jahr steht eine geplante Neuregelung im Raum, die sog. "systemintegrierte Sicherungsgeländer" zum geforderten "Stand der Technik" erklären könnte. Wie steht es derzeit um diese Neuregelung?Luther: Das Thema Arbeitssicherheit ist für unser Handwerk sehr wichtig. Denn einerseits ist es der Job der Gerüstbauunternehmen, eine sichere Arbeitsumgebung für andere Gewerke herzustellen. Andererseits ist die Tätigkeit des Gerüstbauers selbst mit Gefahren verbunden. Der Gerüstbau sollte hier also in jeder Hinsicht eine vorbildliche Rolle einnehmen. Im Vorfeld der geplanten Überarbeitung der Technischen Regel für Betriebssicherheit haben wir uns sowohl beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales als auch bei dem zuständigen Gremium der Länder dafür ausgesprochen, uns in die Überarbeitung einzubinden. Wir haben dann zwar die Möglichkeit erhalten, in der Arbeitsgruppe, die den Entwurf vorbereiten sollte, mitzuwirken. Durch die übergeordneten Gremien war der Arbeitsauftrag jedoch von Anfang an darauf eingeengt, ein sog. systemintegriertes Sicherungsgeländer als Stand der Technik vorrangig festzulegen. Im Endeffekt mussten wir feststellen, dass bei den Vertretern von Staat und Berufsgenossenschaft eine vorgefertigte Überzeugung vorliegt, die an der Realität auf der Baustelle vorbei geht. Die geplante Neuregelung kann aus unserer Sicht nicht zu einer Verbesserung der Arbeitssicherheit im Gerüstbau beitragen; wohl aber dazu dienen, die Unternehmer in Regress zu nehmen und ihren Materialbestand zu entwerten. Uns zugesagte Verfahrensverläufe wurden letztlich nicht eingehalten, so dass wir uns am Ende von dem Entwurf der Arbeitsgruppe distanzieren müssen. In die Entscheidung über diesen Entwurf, die im Sommer dieses Jahres ansteht, sind wir leider nicht eingebunden.ABZ: Was lässt sich die Arbeitssicherheit im Gerüstbauer-Handwerk stattdessen verbessern?Luther: Als Fachorganisationen des Gerüstbauer-Handwerks stehen wir für einen ganzheitlichen Ansatz zur Unfallvermeidung im Gerüstbau. Dazu gehört aus unserer Sicht, dass zwar jede Weiterentwicklung der Technik gefördert wird, aber gleichermaßen andere Schutzmaßnahmen zugelassen werden, wenn sie in der jeweiligen Situation besser geeignet sind. Es ist leider immer wieder festzustellen, dass der Gerüstbau in den Arbeitsgremien gedanklich auf den Fassadengerüstbau und hier auf prototypische Situationen reduziert wird, die eine möglichst glatte Fassade voraussetzen. Der Gerüstbau umfasst jedoch ein viel größeres Tätigkeitsfeld: den Industriegerüstbau genauso wie Denkmäler, Hochhäuser, Hallen, Brücken, Turmbauten, Offshore, Eventbau u. v. m. Für diese Bandbreite muss auch die Bandbreite an möglichen Schutzmaßnahmen gleichwertig erhalten bleiben. Es kann nicht sein, dass der Unternehmer sich in jeder Baustellensituation entlasten muss, in dem er immer wieder darlegen muss, dass die i. d. R. vorausgesetzte Standardsituation nicht vorliegt. Vielmehr muss es darum gehen, in den Köpfen aller Beteiligten ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass zu jeder Zeit gesichert gearbeitet werden muss. Dazu sind auch die Mitarbeiter in den Unternehmen in ihren Verhalten entscheidend. Deswegen finden wir auch den Präventionsansatz des Programms "Bau auf Sicherheit. Bau auf dich." genau richtig. Das erfordert jedoch, dass wir uns insgesamt ehrlich machen und genau hinschauen, wo die Unfälle passieren und wie sie passieren. Es fällt auf, dass immer wieder Unfälle von Gerüst-Nutzern und Unfälle von Gerüsterstellern in einen Topf geworfen werden. Um richtig vorzubeugen, muss hier jedoch differenziert werden. Alle Gewerke, die mit Gerüsten arbeiten, müssen von den Präventionsprogrammen erreicht werden und diese umsetzen. Wir werden uns in unserem Handwerk dafür stark machen, alle unsere Betriebe zu erreichen. Denn nur so kann die Sicherheit auf den Gerüstbaustellen verbessert werden.ABZ: Welche weiteren Schwerpunkte werden die Verbandsarbeit in 2018 beschäftigen?Luther: Ein Schwerpunkt ist es, die Wahrnehmung des Gerüstbaus als vielfältiges, attraktives und interessantes Handwerk in der Öffentlichkeit zu steigern. Entsprechend sind wir dabei, unsere Öffentlichkeitsarbeit weiter auszubauen und zu zeigen, was alles vom Gerüstbau abgedeckt wird. Gleichzeitig geht es aber auch darum, den Gerüstbau als Mittel der Wahl für den Arbeitsschutz auf der Baustelle in den Vordergrund zu rücken. In Zeiten des gestiegenen Bewusstseins für den Arbeitsschutz sollten unsere Betriebe die ersten Ansprechpartner hierfür auf den Baustellen sein. Um in unserer Arbeit für die Mitglieder mit allen unseren Angeboten flächendeckend wahrgenommen zu werden, möchten wir zudem die regionalen Strukturen weiter stärken. Dazu haben wir im vergangenen Jahr den Austausch mit unseren Landesbevollmächtigten und ihren Stellvertretern intensiviert. Das werden wir in diesem Jahr fortsetzen. Denn Bundesverband und Bundesinnung Gerüstbau werden vor Ort nur sichtbar, wenn die Regionen mit einem Gesicht erkennbar sind.

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