Modellprojekt "Klimaquartier"

Energiewende im Quartier realisieren

Energie Modernisierung und Sanierung
Moderne Mehrfamilienhausbebauung in Hahle. Foto: Energie-Effizienz-Team

STADE (ABZ). - Die Sanierung bestehender Gebäude ist einer der wesentlichen Ansatzpunkte für einen verbesserten Klimaschutz. Häufig lassen sich die Maßnahmen effizienter umsetzen, wenn der Fokus auf ganze Stadtquartiere statt auf einzelne Gebäude gelegt wird. Kommunen in ganz Deutschland arbeiten an entsprechenden Konzepten. Darunter auch die Hansestadt Stade in Niedersachen.

Stade-Hahle ist eine Wohnsiedlung, wie es sie viele in Deutschland gibt. Die Straßen sind gesäumt von Einfamilien- und Reihenhäusern aus den 1950er- und 60er-Jahren, dazu noch einige mehrstöckige Mietshäuser. Die Häuser sind gepflegt, doch man sieht ihnen an, dass sie schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel haben.

Wer sich in Hahle umsieht, denkt an vieles, aber wohl kaum daran, dass hier für das Gelingen der Energiewende gearbeitet wird. Doch genau das geschieht im Viertel im Westen der Hansestadt. Denn Hahle mit seinen rund 1500 Wohneinheiten verteilt auf rund 600 Gebäude ist eines der Modellprojekte für "Klimaquartiere". Die Stadt hat mit der Unterstützung externer Berater und einer Förderung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ein Konzept entwickelt, wie die Siedlung als Ganzes klimafreundlicher gestaltet werden kann.

Im Jahr 2020 soll so der CO2-Ausstoß in der Siedlung rund 30 % unter dem aktuellen Wert liegen. Das Besondere: Anstatt jedes Gebäude isoliert zu betrachten und einzelne Maßnahmen wie eine bessere Dämmung zu planen, liegt der Fokus auf dem Stadtviertel als Ganzes. "So können wir die Ansatzpunkte identifizieren, an denen wir die maximale Wirkung erreichen", erläutert Eckhard Horwedel, Geschäftsführer der DSK Deutsche Stadtentwicklungs- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH (DSK) das Prinzip. Über ihre Tochtergesellschaft Bau-BeCon Sanierungsträger GmbH hat die DSK im Auftrag der Kommune das Sanierungskonzept für Stade-Hahle entwickelt.

Die Grundidee ist einfach: Erneuert ein Hausbesitzer seine Heizung, mindert das den Energieverbrauch und damit den CO2-Ausstoß. Doch oft ist der Effekt viel größer, wenn noch zwei oder drei Nachbarn mitmachen und man sich gemeinsam ein Mikro-Blockheizkraftwerk anschafft. Oder mehrere Eigentümer tun sich bei der Dämmung ihrer Häuser zusammen und können so Mengenrabatte herausschlagen. Doch der Blickwinkel beim Quartiersansatz ist noch weiter gefasst. So können auch Energiesparberatungen für die Bewohner, eine verbesserte Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr oder zusätzliche Fahrradwege zu mehr Klimaschutz beitragen. "Es geht darum, aus der Vielfalt der vorhandenen Möglichkeiten genau die zu identifizieren, die in der jeweiligen Situation am meisten Sinn machen", so Horwedel.

Außerdem bietet der Quartiersansatz für die Kommunen die Chance, die Energiewende mit weiteren wichtigen Fragen der Stadtentwicklung zu verbinden. So steht Stade vor der Aufgabe, das Viertel attraktiv zu halten. Denn ein Großteil der Bewohner ist bereits im Rentenalter, früher oder später werden für viele der Wohnungen und Häuser also neue Eigentümer oder Mieter gesucht werden. Und das wird angesichts des sich abzeichnenden Bevölkerungsrückgangs umso schwieriger, je weniger für die Modernisierung der Gebäude und der anliegenden Infrastruktur getan wird. Zudem brauchen viele der Bewohner in den kommenden Jahren eine barrierefreie oder zumindest barrierearme Gestaltung ihres Wohnumfeldes – bauliche Maßnahmen, die mit eine energetischen Sanierung verknüpft werden können. "Investitionen in Energieeffizienz sind immer auch Investitionen in den Werterhalt der Gebäude und die Zukunftsfähigkeit des Viertels, sodass Immobilienbesitzer und die Kommune gleichermaßen davon profitieren", erklärt Horwedel.

So klar der Zusammenhang in der Theorie auch sein mag, folgt daraus immer noch viel zu selten praktisches Handeln. Denn Investitionen in mehr Energieeffizienz sind teuer und amortisieren sich oft erst nach zehn Jahren oder mehr. Selbst wer die für eine energetische Sanierung eines Hauses erforderlichen 30.000 Euro oder mehr aufbringen könnte, scheut die Investition. Für ältere Eigenheimbesitzer – die in Hahle und in vielen vergleichbaren Siedlungen in Deutschland eine Mehrheit darstellen – gilt das ganz besonders. Finanzielle Anreize wie direkte Förderungen, günstige Kredite oder Steuervergünstigungen allein reichen offenbar als Motivation nicht aus. Anstatt 2%, wie es nach der Klimaschutzstrategie der Bundesregierung erforderlich wäre, werden in Deutschland derzeit gerade mal 1 % des Gebäudebestands pro Jahr energetisch saniert.

Der Schlüssel dazu, ein gutes Konzept erfolgreich umzusetzen, liegt in der Überzeugungsarbeit vor Ort, heißt es vonseiten der DSK. Informations- und Dialogveranstaltungen für die Bürger, Aufbau und Pflege von Netzwerken und das gemeinsame Engagement von Kommune, Unternehmen, Banken sowie Vereinen und Verbänden sind wichtig.

Und das über einen Zeitraum von fünf, zehn oder mehr Jahren. Deshalb fördert die KfW drei Jahre lang die Arbeit eines erfahrenen Sanierungsmanagers, der im Sinne eines Kümmerers vor Ort die Fäden immer wieder zusammenführt. In Stade-Hahle stehen die Verantwortlichen genau vor dieser Herausforderung. Als eines der ersten mittlerweile 250 KfW-geförderten Klimaquartiere beginnt die Kommune nun damit, die Pläne in die Praxis zu überführen. "Eine Gruppe von Hausbesitzern will sich zusammentun und gemeinsam in eine bessere Dämmung investieren. Es sieht gut aus, dass es hier bald losgeht", sagt Horwedel. Dann würde es auch jeder Besucher sehen, dass in Hahle die Energiewende im Gebäudebestand schon heute zum gelebten Alltag gehört.

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