Nachhaltigkeit in der Kalksandstein-Produktion

Zu Besuch bei den E.Bayer Baustoffwerken

von:

Robert Bachmann

Baustoffe
Seit mehr als 50 Jahren produzieren die E.Bayer Baustoffwerke in direkter Nähe zu ihrem Sandabbaugebiet in Esslingen Kalksandstein-Mauerwerk. Foto: Bachmann

Esslingen. – Aufgrund seiner natürlichen Zutaten gilt Kalksandstein seit jeher als besonders nachhaltiger Wandbaustoff. Doch wie wird er eigentlich her-gestellt, welche Rolle spielt dabei das Thema Ressourceneffizienz und wie ist es um die Recyclingfähigkeit von Kalksandstein bestellt? Zu Besuch bei den E.Bayer Baustoffwerken in Esslingen hat die ABZ den Produktionsprozess einmal genau unter die Lupe genommen. Im kommenden Jahr feiert die industrielle Produktion von Kalksandstein ihr 125-jähriges Jubiläum. Seit seiner Erfindung Mitte des 19. Jhs. hat sich an seiner einfachen und naturbelassenen Rezeptur nichts geändert. Auch das Herstellungsverfahren des Mauersteins ist seit seiner Industrialisierung nahezu unverändert geblieben, wenngleich der Prozess und die dabei eingesetzten Anlagen mit der Zeit natürlich moderner geworden sind. Wie das im Detail aussieht und welche Rolle Themen wie Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz schon in der Produktion des Kalksandsteins spielen, konnte sich die ABZ bei einem Besuch der E.Bayer Baustoffwerke in Esslingen genau ansehen.

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Die Brüder Jörg (l.) und Jochen Bayer führen gemeinsam in der mittlerweile fünftenGeneration die Geschäfte der traditionsreichen E.Bayer Baustoffwerke. Foto: Bachmann

Die E.Bayer Baustoffwerke gehören zu den 22 mittelständischen Kalksandsteinherstellern, die als Gesellschafter den KS* Markenverbund bilden. Ähnlich wie sein Produkt blickt der Esslinger Traditionsbetrieb auf eine reichhaltige Geschichte zurück. Bis in die 70er-Jahre des 19. Jhs. konnte Geschäftsführer Jochen Bayer die Wurzeln des Unternehmens, das er heute zusammen mit seinem Bruder Jörg Bayer in der fünften Generation leitet, zurückverfolgen.Die Ursprünge der E.Bayer Baustoffwerke liegen in einem Fuhrmannsbetrieb – noch heute erkennbar an dem vergleichsweise großen Fuhrpark von 17 Lkw und diversen anderen Fahrzeugen. Der Einstieg in das bis heute bestehende Geschäft mit dem Sand erfolgte, als der Betrieb damit begann, Sand und Kies mit Pferden und Schürfkübeln aus dem Neckar zu fördern. Nach der Jahrhundertwende wurde die erste Sandabbaustätte erschlossen. 1956 wurde ein zweites Abbaugebiet übernommen. Hier fördert das Unternehmen noch heute den Sand, der fast zu 100 % für die direkt angeschlossene Kalksandsteinproduktion verwendet wird."Wir sind jedoch kein reiner Kalksandsteinproduzent", betont Bayer. Mit seinen mittlerweile 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist das Unternehmen auch in den Bereichen Erdbau, Abbruch und Recycling aktiv. "Daraus ergeben sich zahlreiche Synergie-Effekte", erklärt Bayer, "sodass wir unseren Kunden ein umfassendes Dienstleistungsangebot anbieten können."Der Einstieg in die Kalksandsteinproduktion erfolgte 1966. "Mein Vater und mein Großvater überlegten damals, was man mit dem Sand noch anstellen könne, außer ihn als Maurer- oder Gipsersand zu verkaufen", erklärt Bayer. "Daraufhin haben sie die erste Kalksandsteinpresse angeschafft. 1966 ging die Produktion dann in Betrieb."

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Noch dampfend kommen die in Form gebrachten Steine aus den drei Pressen im Werk, bevor sie anschließend in die Härtekessel transportiert werden. Foto: KS* Original

Bei einem Rundgang über das Gelände erklärt Bayer, dass das Sandvorkommen hier und damit auch die Art und Weise der Gewinnung eine Besonderheit aufweisen: "Im Vergleich zu anderen Kalksandsteinproduktionen in Deutschland sind wir einzigartig, da wir sog. Stubensandstein abbauen. Anders als bspw. bei der Nassgewinnung aus Seen oder der Trockengewinnung aus Gruben liegt der Sand dabei in sehr fester, fast felsartiger Form vor, muss also mittels Sprengung und schweren Baggern bergmännisch abgebaut werden." Folglich muss der abgebaute Sand zunächst noch einmal zerkleinert und gebrochen werden. Das geschieht in einer dreistufigen Brecheranlage, die der Produktionskette im Werk vorgelagert ist. Bayer: "Dadurch gestaltet sich der Gewinnungsprozess natürlich aufwendiger. Gleichzeitig bringt das aber auch den Vorteil mit sich, dass wir Bruchmaterial und Verschnitt aus unserer Produktion direkt wieder in selbige zurückführen können."Im nächsten Schritt wird der Sand mehrfach gesiebt und die gewünschte Kornlinie hergestellt. Je nach Bedarf werden Sande aus den zwei weiteren Abbaugebieten des Unternehmens in der schwäbischen Alb als Zuschlagstoffe beigefügt. "Mit den unterschiedlichen Sandgüten bzw. -körnungen können wir so nochmals unterschiedliche Qualitäten in Form von Druckfestigkeits- und Rohdichteklassen des Kalksandsteins herstellen", erklärt Bayer. Die hohe Rohdichte und Druckfestigkeit sind die wichtigsten Eigenschaften des Kalksandsteins, die er bedingt durch das Rohmaterial und das Herstellungsverfahren erlangt. Sie sind u. a. maßgeblich für die hohen Schallschutzwerte und die statische Belastbarkeit des Kalksandsteins.

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Der in Esslingen abgebaute Stubensandstein muss vor dem Sieben und Mischen zunächst gebrochen werden. Der Vorteil: Abbruchreste aus der Produktion können direkt wiederverwertet werden. Foto: KS* Original

Anschließend werden Sand und Kalk in einem Mischungsverhältnis von 1 : 12 zusammengeführt und abgelöscht. "Verwendet wird ein ungelöschter Branntkalk mit einem hohen Calziumoxid-Anteil", führt Bayer aus. In einem zweiten Durchlaufmischer kommt letztlich das Wasser hinzu. Das Ablöschen findet schließlich in einem Silo, dem sog. Reaktor, statt. Dabei reagiert der Kalk mit dem Wasser, aus dem Calziumoxid entsteht Kalkhydrat. Der Kalk verändert dabei sein Volumen und es wird Wärme freigesetzt, die für den Materialfluss und die spätere Produktion wieder von Vorteil ist.Wenn der Kalk seine endgültige Raumbeständigkeit erreicht hat, wird die Rohmasse mittels Pressen in ihre finale Steinform gebracht. In den Anfängen geschah dies noch mechanisch, wie Bayer erklärt. Heute stehen in dem Werk drei moderne hydraulische Pressen – zwei mit 1200 t Presskraft und eine mit 800 t Presskraft. Mit einer Genauigkeit von ± 1 m werden dabei nicht nur die unterschiedlichen Formate gepresst, sondern auch gleich Nut, Feder und Grifftaschen bzw. Zangenlochdorne mit eingebracht. Was an Streugut oder abgeworfenen Rohlingen abfällt, wird zerkleinert und wieder in den Produktionsprozess überführt.Abschließend werden die Rohlinge in sog. Härtekessel transportiert, wo sie mindestens 8 Std. lang bei 16 bar Druck und 200 °C heißem Wasserdampf lagern. Dieser löst an der Oberfläche der Sandkörner Kieselsäure, die zusammen mit den übrigen Mischungsbestandteilen eine neue Kristallstruktur bildet. Auf diese Weise werden die Sandkörner fest miteinander verzahnt und der Kalksandstein wird hart. Auch hier wird recycelt: Anstatt permanent neuen Wasserdampf zu erzeugen und zuzuführen, wird auch dieser mehrfach verwendet. Aus diesem Grund laufen die verschiedenen, nebeneinander angeordneten Kessel zeitversetzt. Während ein Kessel runtergefahren wird, fährt ein anderer wieder hoch, wobei der Dampf von einem in den nächsten überführt wird.Ein Teil der fertig ausgehärteten Steine kann nun direkt verpackt und verladen werden. Ein anderer Teil wird zuvor jedoch noch zugeschnitten. Das hängt mit dem produktspezifischen Dienstleistungsangebot der E.Bayer Baustoffwerke zusammen. "Wir produzieren hier fast ausschließlich großformatige Steine aus dem KS-PLUS Produktprogramm", erklärt Jochen Bayer. "Kleinformatige Steine, wie sie bspw. im Verblendmauerwerk zum Einsatz kommen, spielen hier im Süden kaum eine Rolle." Was dieses Programm auszeichnet, ist, dass es sich dabei um vorkonfektionierte Wandbausätze handelt: "Der Planer erstellt seinen Grundriss und reicht diesen ein. Daraufhin elementieren wir die Wand mittels einer CAD-Software und fertigen die Steine nach Maß. Winkel-, Giebel-, Höhen- und Kappschnitte werden in der Sägehalle auf automatischen Sägen hergestellt. Damit verlagern wir viele Prozesse, die früher auf der Baustelle stattgefunden haben, ins Werk." Alle Passsteine werden beschriftet und kommen auf Paletten zusammen mit den Regelelementen just in time auf die Baustellen. Dort können sie direkt und dem Plan entsprechend verarbeitet werden. Durch die werksseitige Vorfertigung gelangt nur das Material auf die Baustelle, welches auch zum Errichten der Wand benötigt wird. Verschnitt, welcher beim Sägen der Passsteine entsteht, verbleibt im Werk und fließt wieder in die Produktion ein. Dies spart Rohstoff-Ressourcen und reduziert Transport-Emissionen.Das Thema Recycling spielt bei den E.Bayer Baustoffwerken seit Langem eine wichtige Rolle. Der Kalksandstein sei dafür geradezu prädestiniert, sagt Jörg Bayer: "Der Knackpunkt beim Recycling ist immer die Sortenreinheit. Der Kalksandstein enthält keinerlei Schadstoffe, keine Stahlbewehrung und wird nicht mit Dämmmaterial o. Ä. befüllt, ist also ideal geeignet, um ihn sauber und sortenrein wiederzuverwerten." Eine wichtige Grundvoraussetzung sei stets, dass schon während der Abbruchmaßnahme gründlich vorselektiert werde. "Hier kommt uns entgegen, dass der Aufbau einer Kalksandsteinwand in Schichten erfolgt. Eine am Mauerwerk angebrachte Wärmedämmung lässt sich bspw. relativ simpel mit dem Bagger von der Wand entfernen. Auch geringe am Kalksandstein anhaftende Mörtelreste stellen kein Problem dar."An Einsatzmöglichkeiten für Kalksandstein als Recyclingbaustoff mangelt es nicht, wie Jörg und Jochen Bayer erklären. Zwar sei der beste Einsatz nach wie vor, ihn direkt wieder in die Produktion zurückzuführen. Daneben gebe es aber zahlreiche weitere Möglichkeiten, bspw. als Füllmaterial im Straßenbau, als Substrat für die Dachbegrünung u. v. m."Grundsätzlich sind wir in der Kalksandsteinindustrie schon recht weit, wenn es um das Thema Recycling geht", sagt Jörg Bayer und fügt hinzu: "Wir haben hier vor Ort viele Möglichkeiten auch mit Material von der Baustelle umzugehen. Ein großes Thema ist jedoch nach wie vor die Akzeptanz von Recycling-Baustoffen. Wir haben zwar ein eigenes Prüfzeichen für die Qualität und Unbedenklichkeit unserer Recyclingprodukte. – So sind wir Gründungsmitglied des Qualitätssicherungssystem Recycling-Baustoffe Baden-Württemberg e. V. (QRB) –, wer sich aber einmal die Finger mit Recycling-Baustoffen verbrannt hat, tut sich nachher schwer damit. Hier ist auch der öffentliche Auftraggeber gefragt, Recycling-Baustoffe in den Ausschreibungen mehr zu fordern und zu fördern. Und nicht zuletzt auch die Politik, die zwar einerseits hohe Quoten fordert, andererseits jedoch auch immer neue Verordnungen und Grenzwerte schafft, die den Einsatz von Recycling-Baustoffen erschweren."

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