Neue Wohnsiedlung in Augsburg

Häuser erfüllen Anforderungen an Energiestandard "Effizienzhaus Plus"

Mauerwerksbau
In Augsburg ist eine Siedlung entstanden, in der alle Häuser die Anforderungen an den Energiestandard Effizienzhaus Plus erfüllen. Fotos: BayWa

Hügelshart (ABZ). – Längst tobt das Leben in der Hügelsharter Vorzeige-Siedlung: Elf der insgesamt 13 Wohneinheiten sind an ihre Eigentümer übergeben und auch die letzten beiden Einfamilienhäuser werden in den kommenden Wochen bezugsfertig sein. Die überwiegend jungen Familien leben in einem Best-Practice-Projekt, das deutschlandweit beispielhaft ist für die wirtschaftliche Umsetzung des Energiestandards "Effizienzhaus Plus". Das heißt, die neun Einfamilienhäuser und vier Doppelhaushälften produzieren aufs ganze Jahr gesehen mehr Energie, als deren Bewohner darin verbrauchen. Dabei ist die Wohnsiedlung im Raum Augsburg auf einen niedrigen Energieverbrauch in Verbindung mit einer hohen energetischen Eigenversorgung ausgerichtet. Erreicht wird dies durch die eigene Energieerzeugung über eine Photovoltaikanlage und ein intelligentes Energiemanagement. Eine effiziente Haustechnik und die Gebäudehülle tragen ebenso dazu bei.Energieeffiziente Gebäudekonzepte spielen für das Erreichen der klimapolitischen Ziele eine zentrale Rolle. Ab 2021 sollen Neubauten gemäß der EU-Gebäuderichtlinie 2010 für energieeffiziente Gebäude (European Directive Energy Performance of Buildings EPBD) als "Niedrigstenergiehäuser" gebaut werden. Für Gebäude, die von Behörden als Eigentümer genutzt werden, gilt dies bereits ab dem 31. Dezember 2018. Niedrigstenergiehäuser weisen eine sehr hohe Gesamtenergieeffizienz auf. Ihr geringer Energiebedarf liegt im Idealfall bei fast Null und wird zu einem ganz wesentlichen Teil durch erneuerbare Quellen gedeckt. Langfristig ist es zudem das erklärte Ziel, nahezu den gesamten Gebäudebestand klimaneutral auszurichten. Der Energiestandard "Effizienzhaus Plus" spielt dabei eine wichtige Rolle. Er wurde im Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau ("Wege zum Effizienzhaus Plus", Stand Juni 2014) vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) entwickelt und definiert.Im Friedberger Ortsteil Hügelshart bei Augsburg ist ein Großteil der Häuser einer Siedlung, die beispielhaft die Möglichkeiten dieser energieeffizienten Bauweise aufzeigen, bereits bewohnt. Das Projekt verbindet eine möglichst hohe Energieunabhängigkeit sowie Wirtschaftlichkeit und ergänzt diese um den Aspekt des wohngesunden Bauens. So wurden die neun Einfamilienhäuser und vier Doppelhaushälften im Effizienzhaus Plus-Standard umgesetzt. Geplant und realisiert wurde die Siedlung von der asset bauen wohnen gmbh aus Augsburg in Kooperation mit der BayWa.Bei der Realisierung der Siedlung wurden auch soziale Bedürfnisse berücksichtigt. So erfolgte die Vergabe von vier Einfamilienhäusern im Einheimischen-Modell. Diese Maßnahme erleichterte den Erwerb für Kaufinteressierte aus der Region. Mit der traditionellen Bauweise spricht man zudem gezielt das regionale Handwerk an. Auf diese Weise bleibt die Wertschöpfung in der Region. Das Modell Effizienzhaus Plus korrespondiert außerdem mit den Schwerpunkten der Friedberger Stadtpolitik. Hier steht die Energiewende als wichtiges und aktuelles Thema weit oben auf der Agenda.

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Mauerwerksbau
Die Dachkonstruktion besteht aus einer Kombination von mineralischer Zwischensparrendämmung und einer Aufdachdämmung aus Holzfaser.

Damit die Häuser mehr Energie erwirtschaften, als sie verbrauchen, müssen Wärmeverluste über die Bauteile minimiert werden. Dies stellen eine kompakte Bauweise und ein ganzheitliches Wärmeschutzkonzept sicher. Die Planer setzten daher auf eine monolithische Außenwandkonstruktion aus Mauerziegeln mit hochwärmedämmendem Kern. Die Außenwand besteht aus 36,5 cm Dämmziegel mit Perlitfüllung (U = 0,18 W/m²K). Die Dachkonstruktion (U = 0,15 W/m²K) besteht aus einer Kombination von mineralischer Zwischensparrendämmung und einer Aufdachdämmung aus Holzfaser. Eine ideale Ergänzung zur luftdichten Gebäudehülle stellt die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung dar.Den benötigten Strom für Heizung, Warmwasser, Lüftung, Beleuchtung und Hausgeräte produziert eine Photovoltaikanlage. Ziel des energetischen Konzeptes war es, die späteren Nebenkosten so gering wie möglich zu halten oder sogar ein Plus zu erzielen. Die Montage der Photovoltaikanlage erfolgte jeweils auf den 45° geneigten Dächern mit südlicher Ausrichtung, um die Sonneneinstrahlung auch im Winter optimal zu nutzen. Mit insgesamt 44 Modulen und einer Leistung von 12,32 Kilowatt-Peak (kWp) liefert das Einfamilienhaus einen jährlichen Ertrag von rd. 14 248 Kilowatt-Stunden (kWh). Die Doppelhaushälfte verfügt über 28 Module mit einer Leistung von 7,84 kWp und erzeugt rd. 8676 kWh pro Jahr.Der von der Photovoltaikanlage produzierte Strom fließt auch in die Wärmeerzeugung. Entscheidende Komponenten hierfür sind die Luft-Wasser-Wärmepumpe mit Inverter-Technologie sowie der thermische Speicher. Letzterer verfügt über ein Fassungsvermögen von 1500 l im Einfamilienhaus und 1000 l in der Doppelhaushälfte. Die Wärmepumpe wird in erster Linie mit Strom aus der Photovoltaikanlage betrieben und erwärmt das Wasser im Speicher für die Heizungsanlage. Sie erzeugt zudem Warmwasser und sammelt es in einem Speicher mit einer Kapazität von 235 l. Das System aus thermischen und Batteriespeicher zählt zu den wesentlichen Erfolgsbausteinen zum Erzielen einer energetischen Unabhängigkeit von über 70 %.Eine energieeffiziente Bauweise und nachhaltige Energieerzeuger sind nicht die alleinigen Garanten für einen geringen Energieverbrauch. Vielmehr ist das Zusammenspiel der Komponenten maßgeblich. Gebäude werden daher heute immer häufiger mit Systemen ausgestattet, die die Überwachung und Bewertung der Anlagentechnik übernehmen. Auf diese Weise lassen sich energetische Potenziale optimal ausschöpfen und verteilen. Über ein solches Energiemanagement-System verfügen auch die Häuser der Siedlung in Hügelshart. Es regelt alle Anlagenkomponenten und stellt die bestmögliche Ausnutzung der Energie aus der Photovoltaikanlage sicher. Anstatt von vorne herein in das örtliche Stromnetz einzuspeisen, werden zunächst der Bedarf des Hauses sowie das verfügbare Speichervolumen ermittelt. Unter Berücksichtigung der Wetterprognose werden dann alle Speichersysteme leistungsgeregelt aufgefüllt.Zum Heizen im Winter und zur Wohnraumtemperierung im Sommer kommt in Hügelshart eine energieeffiziente Klimadecke zum Einsatz. Die Klimadecke funktioniert in gleicher Weise wie die Erwärmung durch die Sonne – nämlich über Strahlung, die alle angestrahlten Oberflächen erwärmt. Durch eine oberflächennahe Aktivierung reagiert sie schnell auf wechselnde Bedingungen und sorgt somit für angenehme Raumtemperaturen. Da die Erwärmung über Strahlung für eine gleichmäßige Temperaturverteilung sorgt und kaum Luftbewegungen verursacht, werden wesentlich weniger Staub und Keime aufgewirbelt. Wärmestrahlung wird als besonders angenehm empfunden, sodass ein behagliches Raumklima bereits bei niedriger Betriebstemperatur erreicht wird. Letztere wirkt sich zudem positiv auf das gesamte Anlagensystem aus.Da Gebäude heute aus Gründen der Energieeinsparung möglichst luftdicht gebaut werden, kommt es zur Anreicherung von raumluftbelastenden Stoffen. Um die Gesundheit vor Stoffen wie TVOC und Formaldehyd zu schützen, sollten innenraumrelevante Baustoffe mit Sorgfalt gewählt werden. Beim Bau der Siedlung Hügelshart wurde darauf besonders Wert gelegt und so dem Aspekt Wohngesundheit Rechnung getragen. Die Verwendung von geprüft emissionsarmen Baumaterialien und deren fachgerechte Verarbeitung sorgen hier für ein angenehmes und gesundes Raumklima. Maßgeblich war dabei die Einhaltung und Unterschreitung von Zielwerten, die nach Fertigstellung der Siedlung durch eine TÜV-zertifizierte Messung der Raumluft überprüft wurden.Die Energiewende erfordert nachhaltige und innovative Lösungen – auch beim Bauen. Die Siedlung Hügelshart überzeugt in diesem Kontext mit einem ganzheitlichen Gesamtkonzept, bei dem das Verhältnis von Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit stimmt. Sie stellt die Praxistauglichkeit des Energiekonzepts "Effizienzhaus Plus" unter Beweis und ist damit für die Entwicklung ähnlicher Bauvorhaben ein wichtiges Signal.

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