Neuer Chef der Bomag Gruppe will expandieren
"Ein Potenzial von über 50 Prozent Wachstum"
ABZ: Herr Ettischer, Sie waren vor Ihrem Engagement bei Bomag lange Jahre im Automobilsektor verantwortlich und haben im Juli die Nachfolge von Ralf Junker als Präsident der Bomag Gruppe angetreten. Sie übernehmen damit eine große Verantwortung. Wie ist die Übergabe der Aufgaben zwischen Ihnen und Herrn Junker gestaltet worden?
Ettischer: Nach 22 Jahren in der Automobilindustrie in verschiedenen Geschäftsleitungsaufgaben in allen drei Divisionen bei Mercedes-Benz, habe ich einen sehr vielfältigen Rundumblick gewonnen, angefangen in der Zuliefererindustrie bis hin zum kommerziellen Nutzfahrzeuggeschäft. Mit dem Wechsel in die Baumaschinenindustrie treffe ich auf viele ähnliche Herausforderungen. Auch hier begegnen mir Transformationsthemen wie Digitalisierung, Elektrifizierung, Kosteneffizienz und Globalisierung.
Ich hatte bei Bomag die Chance, schon vor einem Jahr als Chief Operating Officer und als einer der drei Geschäftsführer zu starten. Insofern freue ich mich nun, die Aufgabe als CEO von Herrn Junker zu übernehmen, der diese Rolle aus Altersgründen an mich übergeben hat. Ich freue mich sehr auf diese neue Aufgabe und bin stolz, die Bomag in die Zukunft führen zu dürfen.
ABZ: Hatten Sie in dieser Eingewöhnungsphase viel Kontakt zu Kunden und Lieferanten?
Ettischer: Die Betreuung von Lieferanten ist bei Bomag Teil der Operations. Im direkten und indirekten Einkauf haben wir viel mit externen Partnern zu tun, von einfachen bis komplexen Themen. Da gab es beispielsweise die Nachwirkungen der Engpässe von Halbleiter- und Corona-Krise. Insgesamt beschäftigt uns auch weiterhin die Stabilität der weltweiten Lieferketten.
Auf der Vertriebsseite stehen wir im engen Kontakt zu unseren Kunden. Anfang September hatten wir beispielsweise unsere große Kundenveranstaltung BOMAG Innovation Days ausgerichtet. Solche Veranstaltungen sind uns sehr wichtig, denn die Themen Innovation und Kundennähe gehören zur DNA der Bomag Gruppe. In diesem Jahr haben wir die Veranstaltung bereits zum neunten Mal durchgeführt.
ABZ: Ihr Vorgänger konnte zum ersten Mal eine Milliarde Euro Umsatz für das Geschäftsjahr 2023 erzielen, wie sieht es für 2024 aus?
Ettischer: In der Tat! 2023 war das Rekordjahr, in dem wir erstmalig die Hürde von einer Milliarde Euro Umsatz geknackt haben, das beste Geschäftsjahr der Geschichte des Unternehmens. Mit dem Jahr 2024 werden wir das zweitbeste Jahr der Unternehmensgeschichte erreichen. Wir schließen wieder mit einem Umsatz von über einer Milliarde Euro ab.
ABZ: Welche kurzfristigen Ziele haben sie sich nach der Übernahme der Verantwortung gesetzt?
Ettischer: Vorranggig geht es darum, ein weiteres stabiles und profitables Geschäftsjahr 2025 zu erzielen. Dazu haben wir das Projekt CORE gestartet. Dabei geht es darum, einerseits zusätzliche Umsatzpotenziale zu erschließen, gleichzeitig aber auch die Kostendisziplin in allen beeinflussbaren Kostenarten einzuhalten. Das aktuelle Marktumfeld ist sicherlich nicht einfach. Aber wir sehen sehr gute Chancen in einigen Märkten und Segmenten, so dass wir aus heutiger Sicht wieder ein erfolgreiches Jahr 2025 anstreben.
ABZ: Sie erwähnten, dass auch Bomag die aktuelle Marktlage beschäftigt. Wie würden Sie das Marktgeschehen beschreiben?
Ettischer: International gesehen ist es sehr komplex. Der Markt ist volatil, unsicher, und von mehreren Einflussfaktoren geprägt. Die Entwicklung in den einzelnen Märkten ist sehr unterschiedlich und die Gründe für die Zunahme von Unsicherheiten sind vielfältig, zum Beispiel geopolitische Ursachen, wie der Ausgang der kommenden Wahlen in den USA, globale Krisen und Kriege. Weiterhin warten wir auf Zinssenkungen, die die Wirtschaft ankurbeln könnten. Und auch technologische Trends haben ihre Auswirkungen. All dies führt dazu, dass sich viele Stakeholder mit Aussagen und Investitionen zurückhalten.
ABZ: Was bedeutet das für das globale Marktumfeld der Bomag?
Ettischer: Im letzten Geschäftsjahr sehen wir in den USA eher eine Abkühlung, aber keinen massiven Einbruch mehr. Wir sehen Europa als eher stabilen Markt, der nicht dramatisch rückgängig ist, aber auch auf keinen Fall ansteigend. Osteuropa hingegen entwickelt sich, mit einigen Ländern wie Rumänien oder Polen, eher positiv. Innerhalb Europas bietet sich also ein differenziertes Bild, an dessen unterem Ende wir die Entwicklung in Deutschland sehen. Wir sehen in Deutschland in der Bauindustrie, dass große Ausschreibungen eher langsam laufen, dass es wenige Neuinvestitionen gibt, und dass fällige Restrukturierungsmaßnahmen zurückgestellt werden.
Wachstumsimpulse sehen wir im Nahen und Mittleren Osten, also zum Beispiel in der Türkei und in arabischen Ländern, sowie in Afrika. Ein vorsichtig positives Potenzial erhoffen wir uns auch mittelfristig wieder in China.
In Summe zeigt sich ein konservatives, vorsichtig agierendes Umfeld in der Welt. Da Bomag in allen wichtigen Märkten global präsent ist und zudem in verschiedenste Produktsegmente diversifiziert ist, sind wir in Summe stabil aufgestellt und können am Wachstum unterschiedlich partizipieren.
ABZ: Wachstumschancen sehen Sie also eher außerhalb Deutschlands?
Ettischer: So muss man es wohl sagen. Das kann uns nicht befriedigen, aber so sehen wir es.
ABZ: Wie wollen Sie das Unternehmen Bomag unter diesen Voraussetzungen künftig ausrichten?
Ettischer: Wir haben uns für Bomag ein klares Wachstumsziel gesetzt, was weit über eine Milliarde Umsatz hinausweist. Mittelfristig sehen wir ein Potenzial von über 50 Prozent Wachstum. Dies werden wir einerseits durch Volumenwachstum der Bestandsprodukte erreichen. Dazu sehen wir Chancen in neuen Märkten sowie in der Steigerung unserer Marktanteile. Wir werden dazu auch unser Produktportfolio laufend erweitern, um unseren Kundenanforderungen auch in der Zukunft gerecht zu werden. Dabei spielen Innovationen eine wesentliche Rolle. Auch Elektrifizierung und Digitalisierung sind für uns als Premiumanbieter im klaren Fokus. Zusätzlich sehen wir im Bereich Service & Solutions einen wichtigen Faktor, um unseren Kunden maßgeschneiderte und ganzheitliche Lösungen für Ihr Geschäft anbieten zu können.
Für diese Zukunftsinvestitionen sind wir als Teil der großen FAYAT-Gruppe sehr gut aufgestellt. Einerseits nutzen wir Synergien innerhalb der Gruppe, andererseits haben wir eine stabile Grundlage für Investitionen in Technologien und Wachstum.
ABZ: Sie sagen, Sie wollen mit der Bomag den Markt angreifen. Sind konkret Übernahmen geplant?
Ettischer: In Zeiten der Transformation und raschen Entwicklungen unserer Industrie sind Überlegungen zu Partnerschaften und Akquisitionen immer eine strategische Möglichkeit. Dies war bereits in der Vergangenheit Teil der Erfolgsgeschichte der Bomag und kann es auch in Zukunft bleiben.
ABZ: Welche Rolle spielen Ihre Händler in den Überlegungen, starkes Wachstum zu erzielen?
Ettischer: Unsere Händler sind heute und in Zukunft als Bestandteil der Bomag-Familie wichtige Partner, um unsere Kunden besser zu verstehen und nah bei ihnen zu sein. Sie wachsen mit uns, und wir bauen unser Händlernetz ständig aus.
ABZ: Welches Potenzial sehen Sie im digitalen Geschäftsbereich?
Ettischer: Ein sehr großes, aus mehreren Gründen. Zum einen, weil wir davon überzeugt sind, dass unsere Kunden Lösungen brauchen, die eben nicht nur den Betrieb der Maschine sicherstellen, sondern die total cost of ownership des Betriebs gesamtheitlich optimieren. Wir bieten schon heute eine Vielzahl dieser Lösungen an, wie beispielsweise AsphaltPRO und BOMAP. Diese werden wir in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden weiterentwickeln und bedarfsgerechte digitale Lösungen anbieten. Darüber hinaus legen wir auch Wert auf Assistenzsysteme, die die Arbeit auf der Baustelle sicherer, unkomplizierter und effizienter machen. Sie wissen, dass wir beispielsweise jüngst den Bomag Notbremsassistenten entwickelt und vorgestellt haben. Das System hat bereits Preise gewonnen und ab sofort bieten wir die Lösung einsatzfähig an. Diese Automatisierung von Funktionen ist ein Schritt in Richtung autonome Maschine. Auch das haben wir im Fokus, allerdings ist die Nachfrage in diesem Bereich noch sehr gering.
ABZ: Was wird die Marke Bomag künftig nach außen kennzeichnen?
Ettischer: Wir bleiben unserem Erfolgskonzept treu und wollen den Premiumanspruch, den die Marke Bomag heute ausstrahlt, weiter erhalten und ausbauen. Das bedeutet für uns: Qualität, Innovation und Kundennutzen stehen weiterhin im Vordergrund. Das Motto unserer diesjährigen Innovation Days lautete "Celebrating Partnership" – und genau das leben wir in unserer täglichen Zusammenarbeit mit unseren Kunden.
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