Nullenergiehaus

Holzfertigbauweise gegen Wohnraumnot

Baustoffe
Das Studentenwohnheim der Technischen Universität Tallinn wurde 2018 zu einem Niedrigstenergiehaus umgebaut. Foto: AS Matek

Tallin/Estland (ABZ). – In privaten Haushalten in Deutschland wird die meiste Energie für die Erzeugung der Raumwärme verbraucht, noch vor der Produktion von Warmwasser und der Nutzung von Haushaltsgeräten. Generell ist "Wohnen" mit 18 % unter den Top-5 der jährlichen persönlichen Treibhausgas-Emissionen. Eine Senkung des Endenergieverbrauchs der Haushalte würde dazu beitragen, dem Klimawandel entgegenzuwirken und das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.

Ein großer Teil der Gebäude in Deutschland ist noch immer schlecht isoliert und belüftet, und der entsprechend hohe Energieverbrauch und die zuvor entstandenen Treibhausgas-Emissionen tragen zur Erderwärmung bei. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Wohnraum an. Nach Einschätzung von Politik und Bauwirtschaft sind jährlich bis zu 400.000 Wohnungen nötig, um der Wohnungsnot entgegenzuwirken.

Diese Wohnungen sollen laut Koalitionsvertrag zukünftig klimaneutral, nachhaltig und bezahlbar sein. Eine schwierige Aufgabe, die einer kompetenten Lösung bedarf.

Die Holzfertigbauweise bietet das Potenzial, der Wohnungsnot entgegenzuwirken. Die Holzfertigbauweise verbindet die Energieeffizienz und CO2-Neutralität des Baustoffs Holz mit einem hohen Vorfertigungsgrad für eine kurze Bauzeit vor Ort. Jedes vierte Holzhaus, das in die EU exportiert wird, kommt aus Estland, dem größten Exporteur von Holzhäusern in Europa. Sie werden als Element- oder Modulhäuser zugeliefert. Besonders Modulhäuser bieten sich an, um schnell Wohneinheiten in größeren Immobilienentwicklungen zu realisieren und kommen fast immer als schlüsselfertige Lösungen.

"Der Baustoff Holz ermöglicht eine schnelle und automatisierte Verarbeitung", erklärt Annika Kibus, Geschäftsführerin des Verbands estnischer Holzhaushersteller. "Die Vorfertigung findet in der Produktionshalle statt mit modernsten CNC-Maschinen, das heißt witterungsunabhängig und präzise." Die Holzindustrie gehört zu den größten Fertigungsindustrien Estlands. Der Verband steht für knapp 80 % des Holzhaussektors und vereint die größten Holzbauhersteller in Estland.

"Holz ist nicht nur klimaneutral und nachhaltig, sondern hat auch einen hervorragenden Dämmwert", ergänzt Annika Kibus. "Daher ist es auch sehr gut als Außenfassade in der Hybridbauweise geeignet. So verbindet sich ein robustes Tragwerk mit einer ressourcenschonenden, individuellen Gebäudehülle."

In einem einzigartigen Projekt in der skandinavisch-baltischen Region wurde an der Technischen Universität Tallinn (TalTech), dem Flaggschiff der estnischen Ingenieur- und Technologieausbildung, ein Studentenwohnheim in ein Niedrigstenergiehaus verwandelt. Durch die Renovierung des Gebäudes ließ sich der Energieverbrauch durch Heizung und Lüftung um 84 % senken.

Dabei kamen neue Technologien zum Einsatz, etwa vorgefertigte Dämmelemente, Ausgleichslüftung mit Wärmerückgewinnung, Wärmerückgewinnung aus dem Abwasser, Energieerzeugung vor Ort durch Sonnenkollektoren und Solarpaneele.

Für die Gestaltung der bisherigen Betonfassade wurde eine Lösung aus Holz gewählt, die Wärmedämmung mit Schall- und Brandschutz kombiniert und zudem eine attraktive Außenwirkung mitbringt. Die Fassade hat das estnische Unternehmen Matek geschaffen.

In seiner Produktion in Pärnu wurden die feuchtigkeitsresistenten Holzrahmenelemente vorgefertigt und just-in-time an die Baustelle geliefert und von einem Kran montiert.

An der TalTech wird zum Thema Nullenergiehaus aber auch geforscht. Zusammen mit zwei weiteren estnischen Universitäten bildet die TalTech das ZEBE Center of Excellence in Research, mit dem Fokus auf den Themen Nullenergie und erneuerbare Energien.

Dieses zielt darauf ab, effizientere Material- und Energielösungen für den Bau- und Energiesektor zu entwickeln. Mithilfe einer modernen Prüfanlage ist es den Forschungsgruppen möglich, verschiedene Raumkonfigurationen, wie Büro-, Schul- oder Wohngebäude, zu simulieren.

Die Testanlage ist als ein Nearly Zero Energy Building (NZEB) konzipiert, einschließlich zum Beispiel Lüftung, Kühlung und Solarthermie.

Die bisher durchgeführten Untersuchungen analysieren Heizsysteme und deren Effizienz. Anhand der Ergebnisse lassen sich Lösungen für eine verbesserte Energieleistung und Gebäudekonstruktion entwickeln.

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