Pilotprojekt von Volvo CE und Skanska

Steinbruchbetrieb reduziert CO2-Emissionen um 98 Prozent

von: Jennifer Schüller
Volvo CE Elektromobilität Bagger und Lader
Blick auf das Testgelände, den Steinbruch „Vikan Kross“ von Skanska. Foto: Schüller

Göteborg/Schweden. – Von August bis Dezember 2018 lief im Vikan Kross-Steinbruch nahe Göteborg, Schweden das knapp 20 Mio. Euro teure „Electric Site“-Projekt von Volvo Construction Equipment und Skanska. Das Ziel dieses Tests: die CO2-Emissionen im Gewinnungsbetrieb um bis zu 95 % zu verringern. Ende November luden die beiden Unternehmen Kunden, Partner und Pressevertreter ein, sich vor Ort ein Bild von dem Pilotprojekt zu machen. Dabei präsentierten sie Zwischenergebnisse, die die Erwartungen sowie Hoffnungen beider Firmen übertroffen haben. Dicke graue Wolken hängen über dem Vikan Kross-Steinbruch in Göteborg, es bläst ein eisiger Wind über die Felsvorsprünge und niemand bleibt länger an der frischen Luft, als unbedingt nötig, denn das Thermometer zeigt gerade einmal 2 °C an. Während sich die Besucher des „Electric Site“-Projekts deshalb für ein bisschen Wärme an ihre Kaffeetassen klammern, hat das ungemütliche Novemberwetter keinerlei Einfluss auf den Betrieb im Steinbruch. Beständig rollen Dumper in die Grube hinein, um von einem Bagger oder Radlader befüllt zu werden und fahren auch wieder hinaus, um das Material anderswo wieder abzuladen. Was nach einem typischen Arbeitstag klingt, ist allerdings alles andere als alltäglich, wenn man genauer hinschaut. Denn nicht nur verkehren die Dumper autonom – sie verfügen tatsächlich nicht einmal über eine Fahrerkabine – sondern auch der Bagger, der sich an einer Felswand zu schaffen macht, sowie der Radlader der Schütte für Schütte Gestein verlädt, verursachen deutlich weniger Lärm. Der Grund: Sie alle werden größtenteils elektrisch angetrieben.

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Volvo CE Elektromobilität Bagger und Lader
Sind stolz auf das, was mit dem Projekt geschafft werden konnte: Martin Lundstedt, Präsident und CEO der Volvo Gruppe (l.) und Melker Jernberg, Präsident von Volvo CE.

Zwischen Ende August und Dezember 2018 testete Volvo CE in Zusammenarbeit mit Skanska im Vikan-Kross-Steinbruch die Rentabilität des „Electric Site Research Project“. Dieses verfolgte das Ziel, den ersten emissionsfreien Steinbruch zu kreieren und so Steinbrüche sowie die gesamte Gewinnungsindustrie zu verändern. Dabei spielte die Elektrifizierung aller Schritte – vom Abbruch an der Felswand bis zum Brechen des Materials und schließlich der Weiterbeförderung – eines Steinbruchbetriebs eine elementare Rolle. Das von Volvo CE und Skanska im November vorgestellte System nutzt elektrische und autonome Prototypen von Volvo CE. Dazu zählten zunächst acht HX2 Dumper, die einem vorprogrammierten GPS-Weg folgen können. Sie sind mit einer Lithium-Ionen-Batterie ausgestattet, die zwei elektrische Motoren antreibt. Die Hydraulik wird von einem weiteren zusätzlichen elektrischen Motor angetrieben. Die HX2-Maschinen sind Konzeptmaschinen der zweiten Generation, die gemeinsam genutzte Technologien und Komponenten der Volvo Guppe beinhalten. Die HX2 Dumper sind zudem mit einem Sicht-System ausgestattet, das Personen und Hindernisse erkennen kann und so für mehr Sicherheit im Betrieb sorgen soll. Ebenfalls Teil des Versuch-Set Ups war ein LX1. Bei dieser Maschine handelt es sich um den Prototyp eines elektrischen Hybrid-Radladers von Volvo CE. Laut Unternehmen kann die Maschine die Treibstoffeffizienz um bis zu 50 % verbessern und reduziere zudem signifikant Lärm und Emissionen im Vergleich zu üblichen anderen Modellen. Der LX1 ist ein Serienhybrid, der einen Antriebsstrang umfasst, der aus an den Rädern montierten elektrischen Antriebsmotoren, einer elektrisch angetriebenen Hydraulik, einem Energiespeichersystem, einem deutlich kleineren Dieselmotor und einer neuen Maschinenarchitektur einschließlich einer neuen Konstruktion der Hubeinheit besteht. Diese Kombination trage erheblich zu einer verbesserten Kraftstoffeffizienz bei, so Volvo CE. Dieser Prototyp – der zu 98 % aus neuen Teilen und einem komplett neuen Maschinendesign besteht – kann die Arbeit eines Radladers einer höheren Gewichtsklasse erledigen. Als letzte Maschine im Bunde arbeitete ein EX1, ein zweifach angetriebener, Kabelgebundener 70 t schwerer Bagger, im Test-Steinbruch. Die Maschine basiert auf einem Volvo EC750 Raupen-Bagger, der neben einem Diesel-Motor auch mit einem Elektromotor ausgestattet wurde. Wenn die Maschine ans Stromnetz angeschlossen ist, läuft sie komplett emissionsfrei und startet auch direkt im Elektromodus. Abgesehen davon verhält sich die Maschine wie jeder andere konventionelle Volvo Bagger. Zum Zeitpunkt der Präsentation in Göteburg arbeiteten diese Maschinen bereits zehn Wochen im Steinbruch miteinander. Genug Zeit für Volvo CE und Skanska, die das Projekt zusammen mit der Swedish Energy Agency, der Mälarden University Sweden und der Linköping University vorangetrieben haben, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen. Und diese fiel mehr als positiv aus, als die Unternehmen an einem regnerischen Mittwochmorgen im November zum Steinbruch-Besuch baten. Stolz, das kann man getrost sagen, war allen an dem Projekt Beteiligten anzusehen. Und so wunderte es wenig, dass Martin Lundstedt, Präsident und CEO der Volvo Gruppe zur Begrüßung auch gleich die ganz großen Geschütze auffuhr: „Ich glaube an diesen Tag heute werden wir uns noch lange erinnern. Es wird einer dieser Momente sein, auf den man zurückblickt und mit Stolz sagen kann: Ich war dabei.“ Was ohne Kontext zunächst vielleicht ein bisschen übertrieben klingt, mutet allerdings schon deutlich anders an, wenn man betrachtet, was das „Electric-Site“-Team in etwas mehr als zwei Monaten Testphase (und zuvor drei Jahren Entwicklungsarbeit) erreicht hat. Dazu bietet es sich an, den klassischen Steinbruchbetrieb in Vikan Kross einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Für gewöhnlich läuft der Steinbruch in einem Zwei-Schicht-Betrieb, wie Uwe Müller, Chef Projekt-Manager für die „Electric Site“ beschreibt.

Volvo CE Elektromobilität Bagger und Lader
Insgesamt acht Prototypen mit dem Maschinennamen HX2 wurden bei dem „Electric Site“-Projekt eingesetzt. Die Dumper verkehrten autonom und sind mit einer Lithium-Ionen-Batterie ausgestattet, die zwei elektrische Motoren antreibt. Fotos: Volvo CE

Während am morgen sowohl der Primär- als auch der Sekundär-Brecher laufen und Materialtransport stattfindet, wird am Nachmittag ausschließlich der Primär-Brecher benutzt und kein Material transportiert. Der Gesamtprozess besteht daraus, mit einem Bagger gebrochenes Gestein in einen mobilen Brecher zu füllen, während ein Radlader verwendet wird, um eine Halde aufzubauen (Nachmittags-Schicht) oder Muldenkipper (drei 40-Tonner werden hierfür eingesetzt) zu beladen (Früh- Schicht), die das Material zum stationären Nachbrecher bringen. Bei diesem Set Up verbrauchen alle Maschinen zusammen an einem Tag etwa 3360 l Diesel und produzieren rd. 8700 kg CO2 – beträchtliche Mengen. Wie also unterschied sich der Ablauf im Steinbruch im Falle des „Electric Site“-Projekts? Zunächst einmal liefen alle Maschinen elektrisch. In der Frühschicht schob der ans Stromnetz angeschlossene EX1-Bagger Gestein in den mit dem Netz verbundenen mobilen Brecher, bevor von dort die acht batterieelektrischen, autonomen HX2-Dumper das Material zum Sekundär-Brecher transportierten. Am Nachmittag wurde die Halde durch ein elektrisches Förderband anstelle eines Radladers aufgebaut. Am darauf folgenden Morgen lud der Elektrische Hybrid-Radlader LX1 das Material aus der Halde in die HX2-Dumper, die das Material anschließend zum Sekundärbrecher beförderten. Im Gegensatz zum klassischen Modell wurden von allen Maschinen zusammen an einem Tag nur rd. 64 l Diesel verbraucht und nur 166 kg CO2 produziert. Die Unterschiede waren enorm und sogar noch deutlich besser, als man bei Volvo CE und Skanska erwartet bzw. erhofft hatte. Die Tests zeigten eine Reduzierung der CO2 -Emissionen um 98 %, eine Reduzierung der Energie-Kosten um 70 % und eine Reduzierung von Arbeitskraft um 40 %. Diese Resultate geben auch einen Ausblick darauf, dass Volvo CE den eigenen Zielen, Baustellen 10 % effizienter zu gestalten bei gleichzeitig 0 Unfällen und 0 unerwarteter Produktionsstopps und Emissionen, einen großen Schritt näher gekommen ist. Gemeinsam, so das Unternehmen, unterstützen diese Ergebnisse das Potenzial, die Kosten insgesamt um 25 % zu senken – wobei dies nur eine Annahme sei. „Über die vergangenen zehn Wochen haben wir unglaubliche Fortschritte gemacht und viel gelernt“, sagte Uwe Müller. Um noch mehr zu lernen, wurde das Projekt bis Ende des Jahres weitergeführt. Insgesamt stehen die Bestrebungen von Volvo CE in einer Linie mit dem Ziel, das sich Schweden als Land gesetzt hat, im Jahr 2045 CO2 -neutral zu sein. In diese Richtung gingen dann auch die abschließenden Worte von Melker Jernberg, Präsident von Volco Construction Equipment: „Wir sind Teil des Problems, deshalb müssen wir auch Teil der Lösung sein“, fasste er zusammen. Mit diesem Projekt sei man einer solchen Lösung einen großen Schritt näher gekommen. „Wir von Volvo CE glauben an eine nachhaltige Zukunft und wir tun unser Bestes, um die Welt zu schaffen, in der wir leben wollen. Der elektrische Steinbruch ist ein Beispiel dafür, wie wir dies erreichen können. Mit diesem Forschungsprojekt kombinieren wir intelligente Maschinen, Automatisierung und Elektromobilität, um die traditionelle Arbeitsweise in der Steinbruchindustrie herauszufordern und neue Alternativen aufzuzeigen. Wir werden jetzt die Technologien und die Zuverlässigkeit des Konzepts weiterentwickeln. Die Entwicklung, Erprobung und Validierung von Prototypmaschinen mit einem Kunden in diesem frühen Stadium des Prozesses beschleunigt die Entwicklung und bringt letztendlich mehr Wert für uns und unsere Kunden.“

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