Plettenberger Gerüste für Bürogebäude in Afrika

Gerüstbaumeister leistete Entwicklungshilfe

Plettenberg (ABZ). – Beim Thema Gerüstbau kann Jörg Müller so leicht nichts vorgemacht werden. Der 68-Jährige aus Wandlitz ist gelernter Zimmermann und Industriemeister für den Hochbau, hat aber auch den Gerüstbaumeisterbrief in der Tasche und schon vor der Wende jahrelange Erfahrung als Kolonnenführer im Gerüstbau gesammelt. Er hat so sein Fachwissen immer an die Folge-Generation weitergegeben.
MJ-Gerüst Gerüstbau
Den Lehrgang nach deutschen Standards teilte Müller in theoretische und praktische Einheiten auf.

Für die Handwerkskammer Berlin war er seit 1995 als Ausbilder für den Gerüstbau tätig, übernahm ab 2000 sogar die Leitung am Ausbildungsstandort in der Hauptstadt. Er ist in der Szene bekannt. Und man kann sagen: Jörg Müller ist mit allen Wassern gewaschen. Sein jüngster Einsatz hat ihn jedoch vor komplett neue Herausforderungen gestellt: als Entwicklungshelfer in Burkina Faso in Afrika.

Die MJ-Gerüst GmbH in Plettenberg gehört zu den Top-Herstellern für Gerüstsysteme in Deutschland. "Gerüste made in Plettenberg" sind weltweit gefragt. Ein Fleck auf der Landkarte blieb für Vertriebsleiter Tobias Barnewitz bislang aber weiß: Burkina Faso liegt im Westen Afrikas. Die Anfrage nach Gerüstmaterialien aus dem Luftlinie 4500 km entfernten Land kam Anfang des Jahres und wurde zügig bearbeitet. "Wir haben uns natürlich über den Auftrag gefreut, gleichzeitig mussten wir uns auch Gedanken darüber machen, wie man den Arbeitern vor Ort das nötige Fachwissen vermitteln kann."

Rahmengerüste, wie sie in Deutschland eingesetzt werden, sind in der Region nicht nur nicht verbreitet, sondern beinahe komplett unbekannt. Und auch wenn die Gerüste aus Plettenberg im Baukastenprinzip einfach zusammenzubauen sind, das grundlegende Wissen eines Gerüstbauers sollte vorhanden sein, bevor es an die Arbeit geht.

Jörg Müller hat schon viele Länder bereist und dort den Menschen vor Ort gezeigt, wie Gerüste sicher gestellt werden. "Afrika war aber auch für mich eine neue Erfahrung", erinnert sich der Wandlitzer nach seiner Rückkehr. "Daher wollte ich sofort zusagen, musste aber noch kurz mit meiner Ehefrau sprechen." Burkina Faso gehött leider nicht zu den sichersten Reiseländern der Erde. Terroranschläge im Norden des Landes und Fälle von Entführungen von westlichen Touristen in jüngster Vergangenheit waren Gründe, sich die Reise nochmal zu überlegen.

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MJ-Gerüst Gerüstbau
Die Kursteilnehmer waren schon nach wenigen Tagen bereit, unter Jörg Müllers Führung ein mehr als 20 m hohes Bürogebäude in Burkina Faso einzurüsten. Fotos: MJ Gerüst

Doch Jörg Müller flog im Juni von Berlin nach Burkina Faso und landetet nach gut neun Stunden Flug auf dem Flughafen der Hauptstadt Ouagadougou. Mit im Gepäck: Jede Menge Gerüstfachwissen – und Müllers Zunft-Kleidung, die er nur selten nicht trägt.

"Der Empfang war sehr herzlich", erinnert sich der Ausbilder an seinen ersten Tag unter afrikanischer Sonne. Rasch ging es zu seiner Wirkungsstätte: "Das Bauprojekt, um das es konkret ging, war ein Bürogebäude, das zwar schon gut drei Jahre im Rohbau stand, aber erst jetzt für die Fassadenarbeiten eingerüstet werden sollte."

Gut 20 Männer und Frauen waren dafür eingeplant, das MJ-Gerüst aus Deutschland an der Fassade zu errichten. Den Lehrgang nach deutschen Standards teilte Müller in theoretische und praktische Einheiten auf. "Die Theorie stand dabei an erster Stelle, denn moderne Gerüstsysteme hatte noch keiner der Teilnehmer zuvor gesehen", erinnert sich Müller. Zum Einsatz kam das bewährte Fassadengerüst MJ UNI 70/100 aus Plettenberg, das bereits Wochen zuvor im Container zunächst mit dem Schiff bis nach Togo und dann weiter über den Landweg per Lkw nach Burkina Faso geliefert wurde.

"Alle waren vom Material und von der Qualität der Verarbeitung begeistert und wollten gleich loslegen", so Müller. Doch erst am zweiten Tag, als alle Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit der pasenden Schutzausrüstung und Arbeitsschuhen ausgestattet waren, ging es richtig los.

Während die Theoriestunden im Inneren des Rohbaus stattfinden konnten, wurden die ersten Rahmen unter sengender Sonne gestellt. "Ich muss sagen, dass die Zusammenarbeit mit den Frauen und Männern sehr angenehm war", resümiert Müller. "Sie waren immer aufmerksam, haben nie geklagt, sondern bei der Arbeit sogar gesungen. Das war schon etwas Besonderes." Müllers Unterricht wurde simultan auf die Landessprache Französisch übersetzt. Fachwörter oder Begriffe, die sich nicht so einfach übersetzen ließen, wurden mit Händen und Füßen erklärt. "Das hat auch wunderbar funktioniert."

Während zunächst Grundlagen auf der Tagesordnung standen, steigerte Müller die Anforderungen von Tag zu Tag und ließ seine Teilnehmer erste Felder allein errichten oder auch etwas anspruchsvollere Überbrückungen mit Hilfe von Gitterträgern bauen. So waren die Kursteilnehmer schon nach wenigen Tagen bereit, unter Jörg Müllers Führung das mehr als 20 m hohe Bürogebäude einzurüsten, um das es ging.

Das war letztlich ein großer Erfolg für den Ausbilder, aber nicht zuletzt auch für die Frauen und Männer, die zum Abschluss des Lehrgangs ein offizielles Prüfungszertifikat erhielten, dass sie aufgeregt entgegennahmen und wie einen kleinen Schatz hüteten. "Wenn man sich anschaut, wie in diesem Land normalerweise gebaut wird, dann kann man ohne Übertreibung von echter Entwicklungshilfe sprechen, die wir hier geleistet haben", sagt Jörg Müller nach seiner Rückkehr. "Und alle Menschen, mit denen ich zu tun hatte, waren sehr dankbar dafür, dass man zu ihnen kommt, um ihnen das Fachwissen zu vermitteln. Das habe ich immer wieder gespürt." Burkina Faso heißt übersetzt "Land der aufrechten Menschen". Und als solche hat Ausbilder Müller die Menschen dort auch wahrgenommen. Eine Rückkehr zu ihnen ist für den Gerüst-Spezialisten aus Wandlitz nicht ausgeschlossen.

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