Prüfingenieure stoßen auf Mängel

Gütegemeinschaft Kanalbau entzog 2017 elf Unternehmen das Gütezeichen

Güteschutz Kanalbau Oldenburger Rohrleitungsforum
Fachgerecht (l.) und unsachgemäß (r.): Ein nicht fachgerecht eingestellter Verbau hat Einfluss auf das Gleichgewicht des umliegenden Erdreiches und kann z. B. zu Setzungen führen, welche die angrenzende Bebauung erheblich schädigen kann. Foto: Güteschutz Kanalbau

Bad Honnef (ABZ). – Ein wichtiger Bestandteil der RAL-Gütesicherung Kanalbau ist die Überprüfung der Gütezeicheninhaber durch die beauftragten Prüfingenieure. Die rd. 30 Ingenieure verfügen über langjährige Baustellenerfahrung und führen auf dieser Grundlage derzeit etwa 3700 unangemeldete Baustellenbesuche pro Jahr bei ausführenden Unternehmen mit Gütezeichen durch. Bei Maßnahmen der offenen Bauweise schaut sich der Prüfingenieur an, ob die Bauausführung den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und auch, ob die Einbaubedingungen des Rohres den Vorgaben aus der Statik entsprechen. Daneben werden die personelle und maschinentechnische Ausstattung und die Eigenüberwachungsunterlagen geprüft. Natürlich kommt es vor, dass die Prüfingenieure vor Ort auf Mängel stoßen: "Bei Maßnahmen der offenen Bauweise gehören unverbaute Grabenwände bei nichtbindigen Böden, fehlende Abwasserhaltungen, ungesicherte Gräben im Bereich querender Leitungen oder eine unsachgemäße und damit gefährliche Sicherung der Baugrube im Bereich der Stirnwand dazu", erklärt Dipl.-Ing. Sven Fandrich, Leiter des Außendienstes bei der Gütegemeinschaft Kanalbau. Die Einhaltung der einschlägigen technischen Regelwerke wird im Rahmen der Baustellenbesuche geprüft. Bei der Herstellung von Leitungsgräben ist für den tiefbautechnischen Teil DIN 4124 die sicherheitstechnisch wichtigste Richtlinie – sie gilt für geböschte und für verbaute Baugruben und Gräben, die von Hand oder maschinell ausgehoben werden. Abweichende Vorgehensweisen oder Versäumnisse können nicht nur den einwandfreien Betrieb des Bauwerks und damit den Erfolg der Baumaßnahme beeinflussen, sondern unter Umständen auch ein erhebliches Gefahrenpotenzial bergen.

Nicht fachgerecht gesicherte Baugruben können einstürzen und in der Baugrube Beschäftigte erheblich gefährden. Auch können Personen bei Arbeiten nahe am Baugrubenrand mit Gestein und Erdreich abrutschen und in die Baugrube stürzen. Hinzu kommen statische Aspekte: Ein nicht fachgerecht eingestellter Verbau hat Einfluss auf das Gleichgewicht des umliegenden Erdreiches und kann zum Beispiel zu Setzungen führen, welche die angrenzende Bebauung erheblich schädigen kann. "Dementsprechend muss die Verkleidung von freigelegten Erdwänden von der Geländeoberfläche bis zur Baugruben- bzw. Grabensohle reichen und auf ihrer ganzen Fläche kraftschlüssig am Boden anliegen", so Fandrich.

Andere Mängel erfüllen sogar einen Straftatbestand, z. B. eine fehlende Abwasserhaltung, die eine fachgerechte Rohrverlegung verhindert und darüber hinaus zu Boden- und Wasserverschmutzungen führen kann. In § 324 des Strafgesetzbuches steht: "Wer unbefugt ein Gewässer verunreinigt oder sonst dessen Eigenschaften nachteilig verändert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar. Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe." Auch eine unsachgemäße Sicherung im Bereich der Stirnwand einer Baugrube kann gefährlich werden. DIN 4124 definiert, unter welchen Randbedingungen auf den Stirnwandverbau des Rohrgrabens verzichtet werden kann: Die Stirnwände von Gräben in mindestens steifem bindigem Boden dürfen bis zu einer Tiefe von 1,75 m und einer Breite von 1,25 m senkrecht abgeschachtet werden. In allen anderen Fällen, auch in Bauzuständen vor Erreichen der geplanten Grabensohle, sind die Stirnwände wie die Längswände durch Böschung oder Verbau zu sichern, sofern diese Bereiche betreten werden. Findet der Prüfingenieur bei seinen Baustellenbesuchen Situationen wie diese vor, ist die Vorgehensweise wie folgt: Gravierendere Mängel werden im Prüfbericht dem Güteausschuss der Gütegemeinschaft zur Beratung vorgelegt. Dieser empfiehlt dann dem Vorstand der Gütegemeinschaft ggf. entsprechende Ahndungsmaßnahmen. Bei festgestellten und dokumentierten Mängeln sieht die Satzung ein abgestuftes System von Ahndungen vor: "zusätzliche Auflagen", "Verkürzung des Besuchsintervalls", "Verwarnung" oder ein "befristeter oder dauerhafter Entzug des Gütezeichens". 2017 wurden auf Basis der Auswertungen von Baustellen- und Firmenbesuchen in 593 Fällen zusätzliche Auflagen im Rahmen der Eigenüberwachung beschlossen und in 81 Fällen die Besuchsintervalle verkürzt. Zudem wurden 176 Verwarnungen ausgesprochen und in elf Fällen wurde das Gütezeichen entzogen.

"Kleinere festgestellte Mängel werden natürlich auch erfasst, können aber meist schnell und ohne Folgen beseitigt werden und führen dann nicht zwangsläufig zu Ahndungsmaßnahmen", weiß Fandrich aus der langjährigen Baustellenpraxis. So z. B. beim Vorhandensein von Aussparungen im Verbausystem, etwa im Bereich von querenden Versorgungsleitungen. Diese sind grundsätzlich nicht zulässig – die Verkleidung muss vollflächig sein, so dass durch Fugen und Stöße kein Boden durchtreten kann. Hinter dem Verbau entstandene Hohlräume sind sofort kraftschlüssig zu verfüllen. "In solchen Fällen fordern die Prüfingenieure in der Regel die Beseitigung der Beanstandungen und besuchen die Baustelle im Bedarfsfall kurzfristig noch einmal. Das hat sich in der Praxis bewährt", so Fandrich. Auch wenn alles in Ordnung ist, wird das Ergebnis im Prüfbericht festgehalten, ebenso wenn Abweichungen festgestellt werden.

Soweit ausführende Unternehmen ein Gütezeichen Kanalbau führen, können sich Auftraggeber oder Planer bei Fragen im Rahmen der Bauüberwachung auch an den Prüfingenieur in ihrer Region wenden. "Auch dieses Angebot der RAL-Gütesicherung wird wahrgenommen und trägt zu einem vertrauensvollen Verhältnis der beteiligten Baupartner bei, die letztlich ein gemeinsames Ziel verfolgen", so ein Sprecher der Gütegemeinschaft.

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