Rammspießvortrieb beim Tunnel Vötting

Gelverpressung erwies sich als vorteilhaft

Freising (ABZ). – Um Freising vom Durchgangsverkehr zu entlasten, baute die Stadt seit 2015 eine 3560 m lange westliche Umfahrung. Herzstück der sogenannten Westtagente ist der 705 m lange Tunnel Vötting, der den gleichnamigen Ortssteil unterquert. Aus planungsrechtlichen Gründen ist die Westtangente als Kreisstraße eingestuft und wird von der Stadt Freising in Sonderbaulast errichtet. Im November 2016 wurde eine Arbeitsgemeinschaft aus Wayss & Freytag Ingenieurbau AG und Bauer Spezialtiefbau GmbH mit dem Bau des Tunnels Vötting beauftragt. Die Kosten lagen bei 38,8 Millionen Euro.
Tunnelbau
Durch die Rammspießverpressung entstand eine mit Gel verfestigte Zone, die standfest war und keinen Nachfall zeigte. Foto: TPH Bausysteme

Während der nördliche Tunnelabschnitt in bergmännischer Bauweise vorgetrieben wurde (auf einer Länge von in etwa 460 m), wurde der südliche Abschnitt in Deckelbauweise gebaut (in etwa 180 m). Daran schließen sich Richtung Süden noch rund 56 m offene Bauweise und ein 140 m langes Trogbauwerk an. Der bergmännische Tunnelvortrieb begann Ende Mai 2017 am Nordportal und wurde mithilfe eines Tunnelbaggers nach den Prinzipien der Neuen Österreichischen Tunnelbauweise (NÖT) durchgeführt. Zu durchörtern waren dabei überkonsolidierte, tertiäre Lockergesteine aus Kiesen, Sanden, Schluffen und Tonen in wechselnder Zusammensetzung und unterschiedlicher Verteilung über die Höhe des Tunnels. Die Überlagerung war gering und betrug unter bebautem Gebiet nur rund 8 m. Im Bereich, in dem der Tunnel unter das Niveau des Grundwasserspiegels abtauchte, wurde eine vorauseilende Wasserhaltung durchgeführt.

Zur vorauseilenden Sicherung des teilweise rolligen, teilweise auch kohäsiven Lockergesteins kam ein innovativer, acrylatgelinjizierter Spießschirm zum Einsatz. Mit diesem Verfahren ließ sich der sensible Kornverbund des Bodens erhalten und verbessern, ein Ausrieseln des Materials ("Sanduhreffekt") wurde sicher verhindert und Setzungen weitestgehend minimiert. Dabei wurden 4 m lange, im mittleren Abschnitt perforierte Rammspieße mit einem Durchmesser von 50 mm eingesetzt. Das Injektionsgut wurde über mechanische Packer injiziert.

Als Injektionsgut standen zwei Acrylatgele zur Auswahl, mit denen sich ein breites Spektrum von feinsandigen und schluffigen Böden vergüten lässt: Erstens Rubbertite, ein niedrigviskoses Injektionsgel mit hoher Flexibilität, das grundwasserhygienisch zugelassen ist und eine hohe Langzeitstabilität hat, und zweitens Variotite, ein niedrigviskoses Injektionsgel mit hoher Flexibilität und sehr hoher Dehnfähigkeit.

Nach Probeinjektionen im Verlauf des Kalottenvortriebs wurde das Acrylatgel Variotite für die weitere Ausführung gewählt, da es einen passenden Reaktionsverlauf aufweist, Flexibilität in der Reaktionszeiteinstellung besitzt und kostengünstiger als Rubbertite ist.

Nach dem Einbau der Spieße wurde das Gebirge im Bereich der Firste mit dem Acrylatgel verpresst. Dabei wurden rund 100 l Acrylatgel pro Rammspieß eingesetzt. Um die Spieße entstand eine mit Gel verfestigte Zone, die standfest war und keinen Nachfall zeigte. Die Gelverpressung funktionierte selbst noch in Gebirgsabschnitten mit bereits hohen kohäsiven Eigenschaften, die mit Injektionszementen kaum hätten verpresst werden können.

Die Vortriebsmethode war über das gesamte Spektrum durchfahrener Böden anwendbar. Die ursprünglich auf den letzten 140 m vorgesehene Rohrschirmstrecke unter einer gesperrten Straße mit naheliegender Bebauung wurde mit Zustimmung aller Beteiligten durch den Rammspießvortrieb ersetzt. Auch dieser Abschnitt wurde problemlos, zeitgerecht mit geringen Setzungen durchfahren.

Der Bau des Tunnels Vötting zeige, das hochspezialisierte Baustoffe aus dem Labor flexibel, zuverlässig und sicher im modernen Tunnelbau eingesetzt werden könnten, teilt die TPH Bausysteme GmbH dazu mit. Da das Reaktionsverhalten und die Reaktionszeiten der Baustoffe vor Ort auf die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden könnten, könnten sie kurzfristig für den Einsatz in unterschiedlichen Böden und Geologien optimiert werden. Im Vergleich zu herkömmlichen Stabilisierungsmaßnahmen könnten sie sehr schnell und efffizient eingesetzt werden und würden nur wenig Platz auf der Baustelle benötigten. Daher seien sie oft auch aus wirtschaftlicher Sicht eine sehr attraktive Alternative im modernen Tunnelbau.

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