Rastatt

Ein Jahr nach der Tunnelhavarie

von: Sönke Möhl

Rastatt (dpa). – Am 12. August 2017 sickerten an der Baustelle im baden-württembergischen Rastatt Wasser, Sand und Kies in den gerade fertigen Tunnelabschnitt. Die Folgen waren dramatisch. Ein Jahr später ist auf der Baustelle nicht viel Fortschritt zu sehen. Arbeiter bohren Löcher für Bodenproben. Sie werden auf der Suche nach der Unfallursache gebraucht und sollen das Schlichtungsverfahren zwischen Bahn und Baukonsortium voranbringen. Beide Seiten wollen einen langen und teuren Prozess um Schadenersatz vermeiden. Ob und wie die Logistikwirtschaft entschädigt wird, ist noch nicht klar. Von mehr als 100 Mio. Euro direkten Verlusten war die Rede. Ein Gutachten im Auftrag der Branche hat volkswirtschaftliche Schäden von insgesamt mehr als 2 Mrd. Euro errechnet. Dagegen nehmen sich die 18 Mio. Euro für die Tunnelbohrmaschine bescheiden aus. Das riesige Arbeitsgerät steckt immer noch einbetoniert in der Oströhre unter den Gleisen der Rheintalbahn. Die Baufirmen haben damals die Röhre mitsamt Maschine einfach mit Beton vollgepumpt. Wann und wie das massive und mehr als 10.000 m³ umfassende Hindernis entfernt werden soll, ist weiter unklar. In mühsamer Arbeit wurde immerhin ein Betonblock von 2000 m³ aus der Röhre gefräst, den Arbeiter als erste Notmaßnahme gegossen hatten, um den intakten vom beschädigten Tunnelbereich zu trennen. Nach der Havarie musste sich die Bahn heftige Kritik anhören. In der ersten Reihe der Kritiker stand und steht auch das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE), ein Zusammenschluss von Bahnunternehmen.

NEE-Geschäftsführer Peter Westenberger hält die Zwischenbilanz für deprimierend. "Wir fordern eine transparente Aufarbeitung der Ursachen, eine schnellere Regulierung der Schäden und eine Beschleunigung des Schienennetzausbaus." Weder die Bahn noch die Bauunternehmen seien auf den Ausfall der Rheintalbahn vorbereitet gewesen. Westenberger spricht von einem schwerwiegenden Vertrauensverlust in den Schienengüterverkehr.

Der Vorstandschef der DB Netz AG, Frank Sennhenn, widerspricht entschieden. "Wir haben aus Rastatt gelernt und uns auf die Fahne geschrieben: Da werden wir besser." So seien klare Prozesse und schnelle Kommunikationswege für ein internationales Störungsmanagement in einem Handbuch vereinbart worden. Eingeflossen seien die Erfahrungen und Vorschläge zahlreicher Unternehmen und Behörden. Auch ein runder Tisch zum Baustellenmanagement soll Verbesserungen bringen. Vom neuen digitalen Leit- und Sicherungssystem (ETCS) verspricht sich die Bahn 20 % mehr Kapazität auf den aufgerüsteten Strecken. Davon würden auch Ausweichstrecken für die Rheintalbahn profitieren. Das Handbuch ist nach Westenbergers Überzeugung eine sinnvolle Verbesserung zum Abbau von Koordinationsdefiziten. Es trage aber nicht zur Vermeidung ähnlicher Störfälle bei und helfe gerade beim größten Problem nicht weiter. Nämlich, dass Ausweichstrecken nicht dem Standard des Güterzugverkehrs auf der Rheintalbahn entsprechen. Auch das Leitsystem ETCS sei keine Lösung, wenn eine Ausweichstrecke z. B. keine Oberleitung habe. Wann die fehlenden Stücke der beiden knapp 4300 m langen Röhren fertig gebaut werden, ist noch nicht klar. Sicher ist, dass der Tunnel nicht wie ursprünglich geplant 2022 fertig wird. Mindestens zwei Jahre Verspätung wird das Projekt haben. Die neue Rheintalbahn ist Teil der wichtigen Nord-Süd-Verbindung von den Nordseehäfen ans Mittelmeer.

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