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Abnahmefiktion nach VOB/B durch Fertigstellungsanzeige wirkungslos?

von: Rechtsanwalt & Notar A.D. Prof. Rudolf Jochem
Darum geht's: Man sagt, die Abnahme sei der Dreh- und Angelpunkt des Werkvertrages. Mit ihr beginnt der Lauf der Gewährleistungsfrist (Verjährung der Mängelrechte) und es erfolgt die Beweislastumkehr für das Vorliegen der Mangelfreiheit zu dem Zeitpunkt. Daher ist es Unternehmern wichtig, die Unterschrift des Auftraggebers auf dem Abnahmeprotokoll zu erhalten. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) enthält für Bauunternehmen einen einfacheren Weg in § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B: Die sogenannte Abnahmefiktion durch Fertigstellungsanzeige. Dies funktioniert indes nicht immer, wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) München, Beschluss vom 25.09.2017 (zum Aktenzeichen 9 U 1847/17 Bau) zeigt.

Folgen für die Praxis: Gemäß der Allgemeinen Geschäftsbedingung (AGB) der VOB/B, wenn diese denn wirksam als AGB in den Bauvertrag einbezogen wurde, gilt die Leistung als abgenommen mit Ablauf von 12 Werktagen nach schriftlicher Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung. Dies ist die sogenannte Fertigstellungsanzeige, die zur Abnahmefiktion führt. Die Abnahmewirkungen treten dann also auch dann ein, obwohl eine Abnahmeerklärung des Bestellers beziehungsweise Auftraggebers nicht erfolgt ist.

Das Problem, welches sich auch zum Fall des Oberlandesgerichts gezeigt hat, besteht darin, dass dies nur gelten kann, wenn erstens die Fertigstellung des Werkes bereits erfolgt ist (dies ergibt sich aus § 12 Abs. 1 VOB/B) und zweitens der Besteller beziehungsweise Auftraggeber keine förmliche Abnahme verlangt (dies ergibt sich aus § 12 Abs. 5 VOB/B ganz am Anfang). Letzteres kann gegebenenfalls auch schon ganz zu Beginn des Bauvorhabens im Vertragsdokument des Bauvertrages selbst oder im Verhandlungsprotokoll im Rahmen der Vergabegesprächen gefordert sein.

Ähnlich zu dem vom Gericht entschiedenen Fall kann es außerdem sein, dass die Fertigstellung des Werkes noch nicht als gegeben angesehen wird, obwohl das Bauwerk als solches fertig hergestellt ist. In dem entschiedenen Fall beinhaltete das gesamte Vertragswerk zusätzlich noch die Pflicht, dass der Bauunternehmer eine vertraglich vereinbarte Dokumentation übergeben muss. Dies war noch nicht erfolgt. Insgesamt war er damit noch nicht fertig (mit seiner Vertragsleistung), da die Übergabe der Dokumentation nicht als unwesentlicher Mangel oder Restleistung eingestuft werden konnte.

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Kanzlei: RJ Anwälte Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbH, Wiesbaden.

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Rechtsanwalt & Notar A.D. Prof. Rudolf Jochem

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