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Bauhandwerkersicherung: Eine fehlende Bürgschaft und ihre Folgen
von: Rechtsanwalt & Notar Johannes JochemDarum geht's: Ein Generalunternehmer nimmt einen Auftrag von rund 1,5 Millionen Euro entgegen und verlangt, dass der Auftraggeber eine Bauhandwerkersicherung, zum Beispiel eine Bankbürgschaft, stellt. Er setzt dem Auftraggeber dafür eine Frist von zwölf Tagen. Werde diese Sicherheit nicht rechtzeitig geleistet, werde er den Bau einstellen, kündigt der Bauunternehmer an. Die Bankbürgschaft wird tatsächlich nicht rechtzeitig gestellt und der Bauunternehmer kündigt daraufhin. Der Besteller hält dies für unwirksam und kündigt ebenfalls. Welche der beiden Kündigungen ist wirksam?Die erste Kündigung des Bauunternehmers ist unwirksam, entschied das Oberlandesgericht Celle einen solchen Fall (Urteil vom 7. März 2019, Aktenzeichen 6 U 71/18). Dies mag zunächst verwundern, da § 650f BGB (vergleiche § 648a BGB alte Fassung) einen Anspruch auf Sicherheitsleistung und zudem ein Kündigungsrecht nach Fristablauf gibt. Warum ist die Kündigung dann doch unwirksam? Den typischen Fehler hat der Bauunternehmer nicht begangen. Dieser wäre gewesen, eine Bürgschaft zu fordern anstelle einer "Sicherheit", die zum Beispiel auch durch Hinterlegung von Geld erfolgen kann. Die Art der Sicherheit darf der Besteller auswählen. Auch war die Frist nicht zu kurz. Das Problem war, dass der Bauunternehmer in der Fristsetzung angekündigt hat, die Bauarbeiten einzustellen, dies aber dann nicht getan, sondern stattdessen gekündigt hat. Das Gericht sieht hierin ein widersprüchliches Verhalten, das nicht rechtmäßig ist. Kurz gesagt: Wenn man sich früh festlegt, ist man daran später auch daran gebunden. Das Gesetz sieht in § 650f Absatz 5 BGB zwei Handlungsalternativen für den Bauunternehmer vor: Leistung verweigern oder den Vertrag kündigen. Das Wahlrecht hierzu steht dem Bauunternehmer zu.Praxistipp: Es reicht aus, wenn der Bauunternehmer das Wahlrecht nach erfolglosem Ablauf der Frist ausübt. Eine vorherige Ankündigung seiner Entscheidung ist nicht notwendig und, wie das Urteil zeigt, sogar schädlich. Im Ergebnis musste der Bauunternehmer daher die Rechtsanwaltskosten des auftraggebenden Bestellers zahlen und wird wohl Mehrkosten der Baufertigstellung durch Dritte erstatten müssen.Übrigens gilt im Gesetz (BGB) seit 2002 nicht mehr generell das System der sogenannten Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung oder Kündigungsandrohung. Das Gesetz geht offenbar davon aus, dass der "Wink mit dem Zaunpfahl" einer Fristsetzung ausreicht, die Rechtsfolgen ergeben sich dann aus dem Gesetz. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der VOB/B ist das häufig anders. Nach dem früheren gesetzlichen System sind hier noch an vielen Stellen zusätzliche Erfordernisse zur Fristsetzung angegeben, zum Beispiel die Kündigungsandrohung und die Schriftform in § 4 Abs. 7 und § 8 Abs. 3, 6 VOB/B. Dies wurde trotz der mehrmaligen Änderungen der Fassungen der VOB/B nicht angepasst beziehungsweise harmonisiert.----------------Kanzlei: RJ Anwälte Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbB,Wiesbaden