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Können Kosten eines Vergleichs vom Haupt- an den Nachunternehmer "weitergegeben" werden?
von: RA Sophia NollDie Hauptunternehmerin wandte sich sodann klageweise an ihre Subunternehmerin, die die Mangelbeseitigung verweigert hatte, zu dem Gutachten nichts weiter einwandte und sich aus den Vergleichsgesprächen heraushielt, und forderte u.a. die Erstattung der Vergleichssumme i. H. v. 300.000 Euro. Die Subunternehmerin lehnte die Zahlung ab und vertrat die Auffassung, die Hauptunternehmerin sei nicht berechtigt, ihre aus dem Vergleichsschluss mit der Bauherrin resultierenden Kosten in voller Höhe an sie "weiterzugeben". Die Hauptunternehmerin wandte dagegen ein, es habe die Gefahr einer weitaus höheren Schadensersatzforderung der Bauherrin gedroht, da die Flügel des Gebäudes, das als psychiatrische Klinik genutzt wird, während der Sanierung nicht nutzbar gewesen wären. Ein Nutzungsausfallschaden von über 2 Million Euro habe gedroht und schon die Vorschussforderung habe die Vergleichssumme überstiegen. Das OLG Celle verurteilte die Beklagte zur Zahlung der vollen Vergleichssumme (Urteil vom 22.09.2022 – 5 U 142/21), da die Vergleichssumme einen zu ersetzenden (Mangelfolge-) Schaden darstellt. Der Entschluss zur vergleichsweisen Einigung mit der Bauherrin beruhte adäquat-kausal auf der mangelhaften Leistung der Subunternehmerin. Der Hauptunternehmerin war es nicht zuzumuten, einen teuren Prozess mit der Bauherrin mit ungewissem Ausgang zu führen. Bei Vergleichsschluss zeigten sich der Hauptunternehmerin keine Anhaltpunkte dafür, dass das Gutachten unrichtig sein könnte. Der Abgeltungsvergleich war vor diesem Hintergrund angemessen und bewahrte vor drohenden weitaus höheren Forderungen und Nachforderungen der Bauherrin..
Praxishinweis: Der vorliegende Fall verdeutlicht die werkvertragliche Leistungskette, in der grundsätzlich die Rechtsverhältnisse zwischen Auftraggeber, Haupt- und Sub-, beziehungsweise Nachunternehmer gesondert zu betrachten sind. Der Hauptunternehmer kann von dem Nachunternehmer einen Schaden nur in dem Umfang ersetzt verlangen, in dem er aufgrund der mangelhaften Werkleistung des Nachunternehmers seinerseits Mängelansprüchen seines Auftraggebers ausgesetzt ist. Es muss ein adäquat-kausaler Zusammenhang zwischen dem Schaden und der mangelhaften Leistung bestehen. Im vorliegenden Fall zerstörte der freie Entschluss der Hauptunternehmerin, einen Vergleich zu schließen, diesen erforderlichen direkten, ursächlichen und angemessenen Zusammenhang zwischen Mangel und Schaden, auch wegen des Verhaltens der Subunternehmerin, nicht.
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Kanzlei: RJ Anwälte Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbH, Wiesbaden
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