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Müssen Auftraggeber Angebote auf Kalkulationsfehler überprüfen?

von:

Rechtsanwalt Prof. Dr. Ulrich Rommelfanger

Rechteck Recht und Normen
Rechtsanwalt Prof. Dr. Ulrich Rommelfanger

Darum geht´s: Nachdem wir vor kurzem an dieser Stelle den Zuschlag auf ein irrtümlich unterkalkuliertes Angebot thematisiert haben, geht es nachfolgend um einen in der Praxis nicht weniger häufigen Fall, den des Zuschlags auf ein mit einem Kalkulationsfehler im weiteren Sinne behaftetes Angebot. Zugrunde liegt dem Fall die Ausschreibung eines Bodenbelags mit einer Plattendicke von 20 mm, auf den ein Angebot ("Platte . . . konventionell") den Zuschlag erhielt, das objektiv eine Plattendicke von 26 mm angeboten hatte. Es kam zum Streit und zur Neuausschreibung des Vorhabens durch den Auftraggeber.

Bedeutung für die Praxis: Das letztinstanzlich mit dieser Angelegenheit befasste Oberlandesgericht ging davon aus, dass objektiv und vornherein kein Dissens bestanden habe. Das Angebot sei vielmehr so zu verstehen gewesen, dass ein Plattenbelag von 26 mm Dicke angeboten war und auch Vertragsgegenstand sei. Des OLG war der Auffassung, dass ein Auftraggeber grundsätzlich nicht verpflichtet sei, Angebote der Bieter auf Kalkulationsfehler zu überprüfen bzw. weitere Ermittlungen anzustellen. Nur ausnahmsweise bestehe insoweit eine Pflicht, insbesondere dann, wenn sich die Fehlerhaftigkeit aus dem Angebot des Bieters "geradezu aufdrängt". Letzteres sei hier zu verneinen. Diese Entscheidung des OLG-Koblenz (v. 15.07.2015 – 5 U 140/15) deckt sich mit einer älteren Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1961. Dort hatte der BGH festgestellt, dass die einen Umstand missverstehende Partei nur die Möglichkeit besitze, einen tatsächlich zustande gekommenen Vertrag wegen Irrtums anzufechten (BGH, U. v. 30.05.1961 – VIII ZR 28/60). Denn dann, wenn – wie hier – die Erklärungen der Parteien (Ausschreibung und Angebot, das den Zuschlag erhielt) in ihrem objektiven Erklärungsinhalt übereinstimme, liege kein versteckter Einigungsmangel vor. Die Partei hier der Auftraggeber, die mit der Erklärung des Anbieters einen von dessen objektiven Inhalt abweichenden Sinn verstanden habe, könne nur wegen Irrtums anfechten.

Ratschlag: Jede Aufhebung und Neuausschreibung bedarf einer sorgfältigen Prüfung, um sich nicht in die Gefahr einer Schadensersatzpflicht, gerichtet auf das Vertrauensinteresse, zu begeben.

Kanzlei: RJ Anwälte Jochem, Partnerschaftsgesellschaft mbH, Wiesbaden

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