Baurecht

Preisanpassung aufgrund von vertraglicher Preisanpassungsklauseln?

von: Rechtsanwalt & Notar Johannes Jochem
Darum geht es: Bauherren, Architekten, Planer und Baubetreuer werden es schon bemerkt haben, dass "in diesen Zeiten", in denen eine Krise die andere übertrumpft (Corona, weltweite Versorgungswege, staatliche Lockdowns, europäischer Krieg, Inflation, usw.) beziehungsweise eine "Poly-Krise" herrscht, zum einen Terminzusagen für Bauleistungen zum anderen Preiszusagen, wenn nicht ohnehin die Gesamtbeschaffung einer Baumaßnahme schwierig ist.
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Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht zur Preiskalkulation vereinzelt Vorschriften vor, die sich jedoch nicht allzu auftragnehmerfreundlich auswirken. Foto: picture alliance/dpa | Uli Deck

Für Handwerksbetriebe und Baufirmen mögen sich die Kalkulationsabteilungen oder die Vertragsabteilungen beziehungsweise die Geschäftsführer daher die Frage stellen, ob zu erwartende erhöhte Einkaufspreise an die Auftraggeber "durchgereicht" werden können.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht hierzu vereinzelt Vorschriften vor, die sich jedoch nicht allzu auftragnehmerfreundlich auswirken und zudem gibt es mit dem Gesetz über das Verbot der Verwendung von Preisklauseln bei der Bestimmung von Geldschulden (Preisklauselgesetz, PrKG) ein Spezialgesetz, dessen Existenz sich in einigen Branchen ggf. noch nicht stark herumgesprochen hat.

Folgen für die Praxis

Wie es der lange, vollständige Name schon sagt, das Preisklauselgesetz (PrKG) ist ein Verbotsgesetz zur Verwendung von Preisklauseln. Nur in Ausnamefällen werden Preisklauseln zugelassen. Stellt sich die Frage: Was ist eine (unzulässige) Preisklausel?

§ 1 besagt im Grundsatz, dass der Betrag von Geldschulden nicht unmittelbar und selbsttätig durch den Preis oder Wert von anderen Gütern oder Leistungen bestimmt werden darf, die mit den vereinbarten Gütern oder Leistungen nicht vergleichbar sind. Ausgenommen hiervon sind Einzelbereiche des Wirtschaftslebens, zum Beispiel bleiben die Vorschriften über die Indexmiete nach § 557b des Bürgerlichen Gesetzbuches bei Wohnraummietverträgen oder Preisklauseln in Verbraucherkreditverträgen.

Ausgenommen sind außerdem langfristige Verträge zum Beispiel hinsichtlich einer auf Lebenszeit zu zahlenden Leibrente als Vergütung für eine Betriebsübernahme. Diese Ausnahmen gelten allerdings nur dann, wenn die Preisanpassung mit Bezug auf eine Änderung eines von dem Statistischen Bundesamt oder einem Statistischen Landesamt ermittelten Preisindexes für die Gesamtlebenshaltung ermittelt werden soll.

Wegen des Bezugspunkts aus § 1 hinsichtlich vergleichbarer Güter oder Leistungen können nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 PreisKlG sogenannte Spannungsklauseln zulässig sein. Insofern kann zum Beispiel ein Anknüpfen eines Baupreises an Baupreisindices des Statistischen Bundesamtes nachgedacht werden. Die rechtssichere Formulierung ist jedoch eine schwierige juristische Aufgabe.

In jedem Falle sind Preisklauseln unzulässig, wenn einseitig ein Preis- oder Wertanstieg eine Erhöhung, nicht aber umgekehrt ein Preis- oder Wertrückgang eine entsprechende Ermäßigung des Zahlungsanspruchs bewirkt werden soll. Dies gilt auch, wenn man sich kaum vorstellen mag, dass in Zukunft irgendetwas noch einmal billiger wird, weil man meint, es würde ohnehin nur alles teurer. Daneben gilt gem. § 2 Abs. 1 e.E. PrKG über das AGB-Recht vorformulierter Klauseln hinweg, dass nicht klar verständliche intransparente Klauseln unwirksam sind, wenn zum Beispiel die Preisklausel im Einzelfall nicht hinreichend bestimmt ist und eine Vertragspartei unangemessen benachteiligt. § 8 PrKG regelt den Zeitpunkt der Unwirksamkeit der Preisklausel, wonach die Unwirksamkeit der Preisklausel in der Regel zum Zeitpunkt des rechtskräftig festgestellten Verstoßes eintritt und die Rechtswirkungen der Preisklausel bis zum Zeitpunkt der Unwirksamkeit unberührt bleiben.

Was bleibt noch? § 313 BGB lässt es zu, dass bei "Störung der Geschäftsgrundlage" eine Vertragsanpassung verlangt werden kann, soweit einem Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss so schwerwiegend verändert haben, dass die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dies greift jedoch leider nur in Extremfällen, da die Hürden zum Erreichen dieser Voraussetzungen in der Praxis sehr hoch sind. Es ist fraglich, ob und wie in nicht-intransparenter Weise vertraglich vereinbart werden könnte, dass diese Hürden auf eine niedrigere Stufe gesetzt würden.

Indes besteht die Möglichkeit, den Preis einer Bauleistung nicht von vornherein pauschal festzulegen. Denn das allgemeine Werkvertragsrecht der §§ 631 ff BGB sieht nicht vor, dass Pauschalpreise garantiert werden müssten. Häufig werden daher Einheitspreise vereinbart, die indes den Einheitspreis doch auch "pauschal" festlegen, auch wenn die Abrechnung nach Aufmaß erfolgt.

Als weitere Möglichkeit einer Preisvereinbarung kennt die Theorie das Modell der Abrechnung nach tatsächlich erforderlichen Kosten (vgl. § 650 c BGB), wobei hierzu durch den Unternehmer ein erheblicher Dokumentationsaufwand betrieben werden muss und die Erforderlichkeit zu beweisen wäre. Hierzu sind jedoch im Einzelnen anpassende vertragliche Absprachen denkbar. Auch die VOB/B sieht in § 15 Abs. 1 Nummer 2 Satz 2 ein Vergütungsmodell vor, nach dem die Aufwendungen des Auftragnehmers für Lohn- und Gehaltskosten der Baustelle, Lohn- und Gehaltsnebenkosten der Baustelle, Stoffkosten der Baustelle, Kosten der Einrichtungen, Geräte, Maschinen und maschinellen Anlagen der Baustelle, Fracht-, Fuhr- und Ladekosten, Sozialkassenbeiträge und Sonderkosten, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung entstehen, mit angemessenen Zuschlägen für Gemeinkosten und Gewinn (einschließlich allgemeinem Unternehmerwagnis) zuzüglich Umsatzsteuer vergütet werden. Auch hierzu mag eine vertragliche Vereinbarung zum zu betreibenden Dokumentationsaufwand denkbar sein.

Kanzlei: RJ Anwälte Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbH, Wiesbaden.

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Autor

Rechtsanwalt & Notar Johannes Jochem

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