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Preisanstieg von Baustoffen und das Problem der Bauunternehmen

von: Rechtsanwalt Philip Pürthner
Darum geht's: Bereits seit Ende des letzten Quartals 2020 sind deutliche Preissteigerungen bei Baumaterialien zu beobachten. Besonders betroffen hiervon sind Stahl, Mineralölerzeugnisse, Holz, Dämmstoffe. Es stellt sich die Frage, ob Unternehmer in laufenden Bauvorhaben diese Preissteigerungen an ihre Auftraggeber durchstellen beziehungsweise diese ihnen gegenüber geltend machen können.

Vertraglich können entsprechende Ansprüche bei der wirksamen Verwendung von Stoffpreisgleitklauseln geltend gemacht werden. Nach der Rechtsprechung des BGH mit Urteil vom 01.10.2014 – VII ZR 344/13 – finden solche Klauseln jedoch immer häufiger keine Anwendung mehr. Grundsätzlich bleiben vertragliche Einheitspreise bei unveränderter Bauleistung verbindlich. Es gilt das Prinzip der Vertragstreue. Verträge sind einzuhalten. Eine Ausnahme hiervon bildet der Rechtsgrundsatz der Störung der Geschäftsgrundlage. Wenn Umstände von vorn herein fehlen oder nachträglich wegfallen, die für eine Vertragspartei so wesentlich sind, dass der Vertrag geändert oder aufgehoben werden muss, weil ein Festhalten am unveränderten Vertrag sich als unzumutbar darstellen würde, so begründen diese grundsätzlich eine Störung der Geschäftsgrundlage. Zur Anpassung der Preise kann diese Regelung (§ 313 Abs. 1 BGB) jedoch nicht herangezogen werden. Nach der Rechtsprechung des BGH bildet die Kalkulationsgrundlage des Auftragnehmers grundsätzlich keine Geschäftsgrundlage des später geschlossenen Vertrages. Der Auftraggeber habe bei Vertragsschluss keinen Anlass, die Kalkulationsgrundlagen des Auftragnehmers in seinen Geschäftswillen aufzunehmen.

Eine neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2019 bietet indessen dem Auftragnehmer möglicherweise zumindest bei Mengenmehrungen und Nachträgen eine Möglichkeit, Materialpreissteigerungen gegenüber dem Auftraggeber durchzusetzen. Nach dieser neuen Rechtsprechung richten sich Mehrpreise neuerdings nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge für allgemeine Geschäftskosten sowie für Wagnis und Gewinn. Der Auftragnehmer ist bei der Anpassung der Einheitspreise nicht mehr an seinen ursprünglich kalkulierten Materialpreis gebunden. Der Grundsatz "guter Preis bleibt guter Preis" und "schlechter Preis bleibt schlechter Preis" gilt somit nicht mehr. Wenn nun zu Mehrmengen und Nachträgen die Vergütung des Auftragnehmers nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge für allgemeine Geschäftskosten sowie für Wagnis und Gewinn zu ermitteln ist, so muss für den Auftragnehmer auch die Möglichkeit bestehen, die tatsächlich erforderlichen Kosten und damit auch der Preisanstieg von Baustoffen geltend zu machen sein. Eine Entscheidung des BGH hierzu steht noch aus.

Praxis Tipp: Unternehmer sollten darauf achten, dass ihre Bindungsfrist im Angebot gegenüber dem Auftraggeber gleichlautend ist mit der Zusicherung der Preise vom Hersteller beziehungsweise Lieferanten. Zudem könnte in dem Angebot der Zusatz "Angebot freibleibend" aufgenommen werden. Ein entsprechender Hinweis, dass das Angebot nicht verbindlich sein soll, sollte im Vertragsangebot deutlich sichtbar gemacht sein. Die Verwendung von Preisgleitklauseln ist wegen der restriktiven Auslegung hinsichtlich der Wirksamkeit risikobehaftet.

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Kanzlei: RJ Anwälte Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbH, Wiesbaden.

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Autor

Rechtsanwalt Philip Pürthner

RJ Anwälte, Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbB

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