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Verkehrssicherungspflicht

von: Rechtsanwältin Grit Diercks-Oppler
Rechteck Recht und Normen

Darum geht's: Der Bauherr erlitt einen schweren Unfall auf der Baustelle. Er hatte die Angewohnheit, sich jeden Freitagnachmittag, wenn niemand mehr auf der Baustelle war, seine Baustelle anzusehen, um den Baufortschritt zu begutachten. Sein besonderes Interesse galt stets der Frage, ob entsprechend den Plänen gebaut wurde. Am Tag des Unfalls wollte er die Position der Badezimmerwände im 1. Obergeschoss überprüfen. Der Bau auf seinem Grundstück war gut fortgeschritten. Der Rohbau stand und war eingerüstet. Die Treppen vom Keller zum Erdgeschoss und vom Erdgeschoss ins 1. Obergeschoss waren noch nicht eingebaut. Die Treppenöffnungen waren nicht mehr gesichert, da der Subunternehmer so weit fertig war und die Bohlen, die er zur Abdeckung auf die Öffnungen gelegt hatte, beim Räumen der Baustelle entfernte. Damit waren die Innenarbeiten soweit abgeschlossen. Der nächste Arbeitsschritt war die Deckung des Daches, für den das Gerüst bereits aufgebaut war.Da die Dachdecker an jenem Freitagnachmittag nicht arbeiteten, fehlte eine Leiter, über die die 1. Ebene des Gerüstes zu erreichen gewesen wäre. Fest steht nur eines: Der Bauherr kletterte über das Gerüst ins1. Obergeschoss – dort fand man seinen Kugelschreiber und einen Plan – und stürzte von dort aus durch die ungesicherten Treppenöffnungen bis in den Keller. Dort fand ihn ein Baustofflieferant. Der Bauherr erlitt so schwere Kopfverletzungen, dass er sich bis zum heutigen Tage nicht erinnern kann.Der Bauherr fordert nun Schadensersatz für den bereits erlittenen und in Zukunft eintretenden Schaden von dem Bauunternehmen und den mit der Bauaufsicht beauftragten Architekten.Folgen für die Praxis: Bereits an der genauen Aufbereitung des Sachverhaltes ist zu erkennen, dass sich das Gericht (OLG Koblenz Urteil vom 05.03.2014 Az.: 5 U 1090/13 (zzt. noch nicht rechtskräftig)) sehr genau mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob die Verpflichtung bestand, das Innere des Rohbaus gegen Absturz zu sichern. Bei der Beantwortung dieser Frage spielt es eine entscheidende Rolle, dass die staatsanwaltschaftliche Ermittlung zu dem Ergebnis gekommen war, dass der Bauherr vom 1. Obergeschoss in den Keller stürzte. In einem Nebensatz deutet das Gericht an, dass die Entscheidung wohl anders ausgesehen hätte, wenn der Bauherr vom Erdgeschoss, das für jeden Passanten und für spielende Kinder frei zugänglich war, in den Keller gestürzt wäre. Es betont dabei, dass für die frei zugänglichen Treppenöffnungen im Erdgeschoss sehr wohl eine Verkehrssicherungspflicht bestand.Ebenfalls erfolglos blieb der Bauherr mit der Einlassung, dass ein Sturz nicht so schwer gewesen wäre, wenn die Treppenöffnungen im Erdgeschoss mit Bohlen belegt worden wären. Das Gericht vertrat hierzu die Auffassung, dass es ebenso zulässig gewesen wäre ein Geländer ("Hamburger Reiter") zu errichten und der Bauherr auch in diesem Fall vom 1. Obergeschoss bis in den Keller gestürzt wäre. Eine Sicherung der Treppenöffnungen im Erdgeschoss hätte ihn also nicht geschützt.Die Tatsache, dass das Gericht in die-sem Fall das Bauunternehmen und denArchitekten von einer Verkehrspflichtverletzung frei sprach beruht darauf, dass die Dachdeckungsarbeiten als nächste Arbeitsschritt geplant waren und deshalb im Obergeschoss kein Verkehr eröffnet worden sei.Aus diesem Grund habe keine Verpflichtung bestanden, die Treppenöffnungen zu sichern. Auch eine generelle Verpflichtung zur Sicherung der Treppenöffnungen im1. Obergeschoss sah das Gericht nicht als gegeben an, da der Bauunternehmer alles dafür getan hatte, dass das 1. Obergeschoss unzugänglich war.Kanzlei: Böck Oppler HeringRechtsanwälte Partnerschaft Münchenwww.bohlaw.de

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