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Verlängerte Gewährleistung wegen"verdeckter Mängel" am Bauwerk?

von:

RechtsanwaltJohannes Jochem

Rechteck Recht und Normen

Darum geht's: Auftraggeber meinen gelegentlich, dass bei sogenannten "verdeckten Mängeln" eine verlängerte Gewährleistungsfrist existiere. Sie verwechseln diesen Begriff manchmal mit "arglistigem Verschweigen" von Mängeln und manchmal mit den Rechtsfolgen der Abnahme. Grund genug, diese Thematiken mal unter die Lupe zu nehmen:

Ein Mangel ist eine Abweichung der sogenannten (Ist-)Beschaffenheit des hergestellten Bauwerks von der sogenannten (Soll-)Beschaffenheit des vertraglich vereinbarten Werkerfolgs. Ein Mangel besteht daher immer unabhängig von der Kenntnis des Mangels. Baufirmen haben zur Vermeidung von Baumängeln ihre Qualitätskontrolle. Auftraggeber beschäftigen bauüberwachende Architekten und Ingenieure zur rechtzeitigen Aufdeckung etwaiger Mängel, um einen den Mangel verdeckenden Weiterbau zunächst zu verhindern. Dies gelingt leider nicht immer. Dies führt dazu, dass letztlich im Baukörper verborgene Mängel bei Abnahmeerklärung unentdeckt sind und daher im Abnahmeprotokoll nicht gerügt werden. Mängelsymptome, Mängelerscheinungen oder ein Mangelbewusstsein treten dann erst später zu Tage. Es stellt sich dann die Frage, ob Mängelrechte geltend gemacht werden können oder ob Mängelgewährleistung (Verjährung) schon eingetreten ist oder noch nicht.

Bedeutung für die Praxis: Wenn die Gewährleistungsfrist noch nicht abgelaufen ist, kann der Auftraggeber die Mängelrechte geltend machen. Die Abnahmeerklärung steht den Mängelrechten nicht im Wege, da sie den Nacherfüllungsanspruch nur beseitigt, wenn der Auftraggeber die Abnahme in positiver Kenntnis, also in vollem Bewusstsein über das Vorliegen des Mangels erklärt hat. Eine fahrlässige Unkenntnis des Auftraggebers reicht nicht aus. Hätte der Auftraggeber den Mangel daher bei der Abnahmebegehung erkennen können, weil der Mangel "nicht verdeckt" war, hat er ihn aber aus Unachtsamkeit übersehen, so ist dies egal. Die Mängelrechte können genauso geltend gemacht werden wie bei Mängeln, die nur während der Bauphase erkennbar waren und bei der Abnahmebegehung nicht mehr erkennbar, also "verdeckt" waren. Weil der Verlust des Nacherfüllungsanspruchs nur eintritt, wenn der Auftraggeber positive Kenntnis hatte, ist es für Auftragnehmer ratsam, dies im Abnahmeprotokoll mit aufführen zu lassen. Soviel zur Kenntnis/Unkenntnis des Auftraggebers.

Hat der Auftragnehmer bei der Abnahmebegehung positive Kenntnis von einem von ihm selbst hergestellten Mangel und deckt er dies nicht auf, dann versucht er dem Auftraggeber den Mangel unterzuschieben. Unabhängig von einer moralischen Beurteilung nennt das Vertragsrecht ein solches Verhalten "arglistiges Verschweigen". Wenn der Auftraggeber dies nachweisen kann, kann er mitunter auch bis zu 10 Jahre nach Abnahme die Nacherfüllung verlangen. Kann der Auftraggeber diesen Nachweis nicht führen und hat auch der Auftragnehmer den Mangel – ob verdeckt oder unverdeckt – übersehen, so bleibt es bei der normalen Gewährleistung.

Die Fragestellung ob verdeckt oder unverdeckt ist daher häufig gar nicht relevant. Für Auftragnehmer, die selbst Auftraggeber sind, bspw. für kaufrechtliche Lieferungsleistungen ist die Frage einer Erkennbarkeit eines Mangels im Rahmen der sogenannten kaufmännischen Rügepflicht gemäß § 377 HGB allerdings von großer Bedeutung. Dann ist Eile geboten. Hierzu mehr im nächsten Rechteck.

Kanzlei: RJ Anwälte JochemPartnerschaftsgesellschaft mbB,Wiesbaden

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