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Wann ist eine Nacherfüllung unverhältnismäßig?

von: Rechtsanwalt Philip Pürthner
Rechteck Recht und Normen

Darum gehts: Ist eine Nacherfüllung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich, kann der Auftragnehmer sie verweigern. Das steht in § 635 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Und auch § 13 Abs. 6 VOB/B gewährt dieses Recht. Der Umstand alleine, dass die Mangelbeseitigung extrem teuer ist und gegebenenfalls sogar den Vergütungsanspruch des Werkunternehmers übersteigt, begründet aber den Einwand der Unverhältnismäßigkeit noch nicht. Dies wird oftmals verkannt und so dringt der Auftragnehmer mit dem Einwand der Unverhältnismäßigkeit auch nur in seltenen Fällen durch. In einem Fall vor dem Oberlandesgericht (OLG) München mit Urteil vom 17. Oktober 2018 (Az.: 27 U 1156/18 Bau) war es aber so, dass der Auftragnehmer mit dem Einwand erfolgreich war. Er hatte bei Dachabdichtungsarbeiten einen Ausführungsfehler begangen und eine Nachbesserung angeboten, bei der aber Wartungsfugen entstanden wären. Diese Nachbesserung hatte der Auftraggeber abgelehnt und verlangt, dass Dach komplett zurückzubauen. Dies hatte der Auftragnehmer als unverhältnismäßig zurückgewiesen und Restwerklohn geltend gemacht. Mit Erfolg: Das OLG München entschied, dass eine Nachbesserung auch zumutbar sein könne, wenn danach eine Wartung erforderlich sei. Denn "Wartung" bedeute nicht zwangsläufig , dass eine Mangelbeseitigungsmaßnahme turnusgemäß vollständig wiederholt werde. Sie beschränke sich zunächst darauf, optisch zu kontrollieren, ob diese Maßnahme nach wie vor ihren Zweck erfülle. Die Nachbesserung bleibe trotz einer erforderlichen Wartung zumutbar, wenn durch die Wartung keine erheblichen Kosten entstehen.

Praxis-Tipp: Die hier dargestellte Entscheidung behandelt einen Sonderfall. Der Auftragnehmer sollte sich sehr wohl und sehr gut überlegen, ob er den Einwand der Unverhältnismäßigkeit erhebt, wenn ein Auftraggeber eine Nacherfüllung fordert. Stellt sich nachträglich im gerichtlichen Verfahren nach Einholung teurer Sachverständigengutachten heraus, dass der Einwand der Unverhältnismäßigkeit zu Unrecht erfolgte, kann der Auftraggeber verlangen, dass der Auftragnehmer ihm die Kosten, die durch einen Drittunternehmer entstanden sind, ersetzt. Darüberhinaus muss der Auftragnehmer gegebenenfalls auch Schadenersatz aus Verzug wegen der verlängerten Bauzeit zahlen.

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Kanzlei: RJ Anwälte Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbH, Wiesbaden

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