Rechteck

XPS und EPS

von: Rechtsanwalt & NotarJohannes Jochem
Darum geht es: Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hatte zum Aktenzeichen 10 U 14/19 einen Fall zu entscheiden, bei dem unter der Bodenplatte eines Kellers in WU-Beton (weiße Wanne) Dämmung verbaut war aus expandiertem Polystyrol (EPS) doppellagig verlegt. Im Vertrag und Leistungsverzeichnis vorgesehen war hingegen eine Dämmung aus geschlossenzelligem, extrudiertem Polystyrol (XPS). EPS ist durch einen gerichtlich bestellten Gutachter im Sachverständigenbeweis als nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechend beurteilt worden. Zudem hatte das verwendete Produkt gemäß dem Datenblatt des Herstellers keine bauaufsichtliche Zulassung für die Verwendung unter tragenden Bodenplatten sowie bei drückendem Wasser. Es wurde versucht, eine Zulassung im Einzelfall nach der Landesbauordnung zu erreichen, was jedoch für das Urteil des Gerichts im Ergebnis unerheblich war und weswegen in Ansehung eines Rückbaus des Gebäudes zwecks Mangelbeseitigung Beträge über 300.000 Euro ausgeurteilt wurden.

Folgen für die Praxis: Der Fall enthält eine Vielzahl von Einzelaspekten, die interessant sind, um sie hier anzusprechen.

Eine Zulassung im Einzelfall nach den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen und im Verfahren vor den zuständigen Verwaltungsbehörden würde nicht automatisch dazu führen, dass auch der Vertragsinhalt zwischen den privaten Vertragspartnern (Verbraucher oder Firma) geändert würde. Daher bleibt in jedem Falle ein Mangel bestehen. Das Gericht sagt ferner, dass eine Zulassung im Einzelfall außerdem nichts an der Einschätzung ändere, dass nicht von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abgewichen werden dürfe. Entsprechendes ist nur dann möglich, wenn der Bauherr auch bei ausdrücklicher vertraglicher Vereinbarung zusätzlich über die Risiken und Folgen aufgeklärt worden wäre.

Im vorliegenden Fall wurde diskutiert, ob der Bauherr die andere Dämmung (EPS) akzeptiert habe, weil sich dies aus der Rechnung herauslesen lasse und der Architekt diese geprüft und abgezeichnet habe. Hierzu gilt der Grundsatz, dass die Rechnungsprüfung eines Architekten nicht zu einer Vertragsänderung (in Auftrag oder in Vollmacht des Auftraggebers?) führen kann. Eine Vollmacht hierzu dürfte der Architekt sowieso nicht haben und Inhalt beziehungsweise Ziel der Rechnungsprüfung ist auch nicht die bauvertragliche Änderung, sondern die mengenmäßige und rechnerische Prüfung.

Dass das Gebäude gegebenenfalls abgenommen wurde, ändert auch nichts, da der Bauherr offenbar nicht bewusst und in Kenntnis des Einbaus des falschen Materials die Abnahme erklärt habe.

Die erheblichen Kosten und die Frage des Rückbaus bis zum Fundament zwecks Mangelbeseitigung zeigen auf, dass es ratsam gewesen wäre, bei der Herstellung der Dämmung unterhalb der Bodenplatte genau hinzusehen und hierzu eine erhöhte Sorgfaltspflicht von bauüberwachenden Architekten besteht, was das Urteil ausdrücklich verdeutlicht. Es handelt sich nicht um eine handwerkliche Selbstverständlichkeit, dass das richtige Material bestellt werde und benutzt werde. Die Bauüberwachung hat sich gegebenenfalls auch nach Errichtung der Bodenplatte die Lieferscheine zeigen zu lassen zu den verwendeten Materialien. Dann hätte man nicht das gesamte Gebäude zurückbauen müssen, sondern nur den bis dahin erreichten Bautenstand der weißen Wanne.

Rechtsanwalt & Notar Johannes Jochem, Fachanwalt für Bau- & Architektenrecht

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