Säbu Holzbau

Gesetz zur Förderung des Mittelstands schadet mehr als es nützt

Baupolitik
Ein Generalunternehmer ist in der Lage, Schnittstellen professionell zu koordinieren, garantiert die Einhaltung eines festen Zeitplans, haftet für seine Nachunternehmer und arbeitet zum Festpreis. Fotos: Säbu Holzbau
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Bei der Auftragsvergabe nach Gewerken ist ein reibungsloser Ablauf nicht garantiert. Termine werden nicht eingehalten, Kostenvoranschläge gesprengt und die Abstimmung zwischen den einzelnen Unternehmen gestaltet sich als äußerst kompliziert und zeitintensiv. Foto: pixelio.de
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Prof. Dr. Fritz Berner, Ordinarius am Institut für Baubetriebslehre an der Universität Stuttgart: "Ein Generalunternehmer ist in der Lage, die Rahmenbedingungen exakter abzustecken, hat die Terminschiene besser im Griff und verfügt über Nachunternehmer, mit denen er in der Regel öfter zusammenarbeitet." Foto: Privat
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Christine Machacek, Geschäftsführerin von Säbu Holzbau: "Realisieren wir Projekte als Generalunternehmer, so reduziert sich die Bauzeit um weit mehr als die Hälfte gegenüber einer losweisen Vergabe."

BIESSENHOFEN/STUTTGART (ABZ). - Schon 2006 hatte Berlin den Flughafenbau ausgeschrieben und einen Generalunternehmer gesucht, sich letztendlich aber doch für die Einzelgewerkvergabe entschieden. Was dabei herauskam, ist eine der größten Baublamagen der Republik. Die Eröffnungsfeier des Flughafens Berlin-Brandenburg musste nun zum wiederholten Mal auf unbestimmte Zeit verschoben werden und die Stadt erwartet Millionenklagen hunderter Airlines.

Dieses Negativbeispiel zeigt, dass die Einzelgewerkvergabe, die die oberste bayerische Baubehörde für alle öffentliche Bauvorhaben beschlossen hat, wenig sinnvoll ist. Gemeint ist das Gesetz zur Förderung des Mittelstandes, das unter anderem Generalunternehmer (GU) die Beteiligung an Ausschreibungen für öffentliche Bauten erschwert. Die Komplettvergabe ist seit September 2011 nur noch in Ausnahmefällen unter Angabe triftiger Gründe durch den Auftraggeber möglich. Bisher wurden bevorzugt GUs beauftragt, da dies Vorteile für den Bauherrn hinsichtlich der Kostenkontrolle, des Zeitplans und der Koordination hat. Ein Dreivierteljahr nach Inkrafttreten des Gesetzes berichteten Prof. Dr. Fritz Berner vom Institut für Baubetriebslehre an der Universität Stuttgart und Christine Machacek, Geschäftsführerin der mittelständischen Säbu Holzbau GmbH von ihren Erfahrungen.

"Die Novellierung des Gesetzes bedeutet für uns, dass wir nun vermehrt Aufträge außerhalb unserer Kernkompetenz als Generalunternehmer abwickeln – beispielsweise die Teillose Holzbau, Fassadenarbeiten sowie Schreinerei und Dachdeckerarbeiten", erklärt Christine Machacek. Obwohl das Unternehmen zum Mittelstand gehört und somit von dem neuen Gesetz gefördert werden sollte, darf es seit Herbst letzten Jahren lediglich unter bestimmten Voraussetzungen als Generalunternehmen tätig werden. Aus wirtschaftlichen Gründen kann die Zusammenfassung der einzelnen Fachlose zu einem Leistungspaket erfolgen, wenn dadurch Synergieeffekte genutzt werden, der Koordinierungsaufwand minimiert wird, eine einheitliche Gewährleistung voneinander abhängiger Fachlose ermöglicht wird und sich die Kosten- und Terminsicherheit nachweislich erhöht. Außerdem ist die GU-Vergabe möglich bei Fertigteilbauten, wenn der Wettbewerb zwischen unterschiedlichen Systemen oder um firmenbezogene Marktmöglichkeiten ausgenutzt werden kann und fertigungs- sowie produktorientierte Angebote nicht ausgeschlossen sind. Aus technischen Gründen darf ein Generalunternehmer beauftragt werden, wenn unterschiedliche Bewerber für die gleiche Aufgabenstellung fertigungsbedingt unterschiedliche technische Lösungen anbieten oder wenn sich die Koordination der einzelnen technischer und terminlicher Angelegenheiten als unverhältnismäßig herausstellt.

Die Grundidee des Gesetzes ist, dass Generalunternehmer größtenteils Konzerne sind, die kleinen und mittelständischen Unternehmen die Existenzgrundlage entziehen. Doch die Säbu Holzbau GmbH ist mit 40 Mitarbeitern ebenfalls ein Mittelständler, der in der Vergangenheit routinemäßig als Generalunternehmer tätig war. "Das Argument, die GU-Vergabe sei mittelstandsfeindlich, ist ein Widerspruch in sich, da ein Großteil von uns vom GU-Geschäft lebt", so Machacek. Der Allgäuer Betrieb ist auf die Ausführung kommunaler Bauprojekte in der Kinderbetreuung, Bildung und Verwaltung spezialisiert und arbeitet vor allem als Generalunternehmer für öffentliche Auftraggeber. "Dabei sind wir weder ein Konzern noch ein Großunternehmen. Gerade die Projekte mit Auftragswerten unter dem EU-Schwellenwert von derzeit fünf Millionen Euro können von mittelständisch geprägten Bauunternehmen sinnvoll realisiert werden."

Vor allem für den Bauherrn ist die Zusammenarbeit mit einem Generalunternehmer einfacher. Denn dieser arbeitet für einen Festpreis, was unter anderem bedeutet, dass er als GU die Verantwortung für seine Nachunternehmer trägt: Ist eine der Firmen insolvent oder wird eine Arbeit nicht standesgemäß ausgeführt, kommt es zu Unfällen, selbstverursachten oder witterungsbedingten Schäden oder Ausfällen bei Zulieferern, haftet der GU. Dabei ist die pauschale Argumentation, dass die Kosten, die ein Generalunternehmer veranschlagt, oft höher sind als die einer Einzelgewerkvergabe, nicht zutreffend. "Bei einer Fachlosvergabe sind zahlreiche GU-Leistungen auf den Auftraggeber oder seine Erfüllungsgehilfen verlagert", so Machacek. Das betrifft beispielsweise die Ausschreibung und Vergabe an Nachunternehmer, Buchhaltung, Bauleitung, Koordination der Gewerke, die Kommunikation sowie die Dokumentation und die Pflege der Planunterlagen. "All das wird bei der Präferierung einer Fachlosvergabe gerne außen vor gelassen. Die GU-Vergabe ist unter Einbeziehung aller Kosten bis in die Gewährleistung hinein vor allem bei komplexen Bauvorhaben nachweislich günstiger als die Einzelgewerkvergabe."

Darüber hinaus garantiert der Generalunternehmer auch die Einhaltung des Zeitplans. Trotz eventueller Schwierigkeiten und Verzögerungen verpflichtet er sich zu einem festen Zeitpunkt der Schlüsselübergabe. "Dabei haften die Nachunternehmer gegenüber dem GU für die frist- und fachgerechte Erfüllung ihrer Aufgaben, der GU tut dasselbe gegenüber dem Bauherrn", so Prof. Dr. Fritz Berner vom Institut für Baubetriebslehre an der Universität Stuttgart. "Das gibt der öffentlichen Hand, die in diesem Fall Bauherr ist, Terminsicherheit."

Außerdem hat ein Generalunternehmer für den Bauherrn den großen Vorteil, dass er als einziger Ansprechpartner für die Koordination aller beteiligten Nachunternehmer zuständig ist. Dies bedeutet eine enorme Zeitersparnis. Viele Bauherren verfügen nicht über das Fachwissen oder verlieren den nötigen Überblick, wenn es um die Schnittstellenkoordination geht. "Das Aufteilen der Gesamt- in Teilleistungen birgt die Gefahr, dass gerade bei gewerkeübergreifenden Arbeiten eine eindeutige Zuordnung zu den jeweiligen Fachlosen nicht erfolgt und somit unzureichende Beschreibungen dazu führen können, dass einzelne Leistungen bei keinem der Lose berücksichtigt sind. Dies führt oftmals zu einer Vielzahl von Nachträgen", weiß Machacek. "Ein Generalunternehmer ist auf seine Aufgabe spezialisiert und verfügt über ein umfassendes Fachwissen", fügt Berner hinzu. "So ist er in der Lage, die Rahmenbedingungen exakter abzustecken, hat die Terminschiene besser im Griff und verfügt über Nachunternehmer, mit denen er in der Regel öfter zusammenarbeitet."

Dagegen verursacht die Vergabe nach Einzelgewerken bei großen Bauprojekten oft Komplikationen, zum Beispiel durch die ungünstige Koordination der Schnittstellen. Dies führt dazu, dass Termine nicht eingehalten werden können und die angesetzte Bauzeit nicht selten um mehrere Monate oder sogar Jahre – wie im Fall des Berliner Flughafens – überschritten wird. "Realisieren wir Projekte als Generalunternehmer, so reduziert sich die Bauzeit um weit mehr als die Hälfte gegenüber einer losweisen Vergabe", so Machacek. Dies hat sich in der Vergangenheit immer wieder bewahrheitet. So baute die Säbu Holzbau GmbH erst im vergangenen Jahr mehrere Kindertagesstätten innerhalb nur weniger Monate. Je länger die Bauzeit ist, desto kostenintensiver wird das Projekt. Daher hat die GU-Vergabe für den Bauherrn große Vorteile. Denn diesem ist vor allem daran gelegen, dass sein Vorhaben schnell, kostengünstig und ohne Zwischenfälle realisiert wird. Dies ist der Fall, wenn ein Generalunternehmer beauftragt wird, der die Interessen des Bauherrn wie seine eigenen vertritt, da er sonst in eine juristische und finanzielle Bredouille gerät. Darf kein GU beauftragt werden, ist es der Bauherr selbst, der den Nachteil hat, da er selbständig die einzelnen Lose koordinieren, sich um die Einhaltung der Termine und des Kostenplans kümmern und für etwaige Ausfälle finanziell gerade stehen muss.

Es bleibt die Frage, warum der Gesetzgeber dennoch die Einzelgewerkvergabe bevorzugt. "Die Förderung des Mittelstandes ist ein Grund, ein anderer ist, dass bei öffentlichen Bauvorhaben meist nicht von Anfang an sämtliche Leistungen und Rahmenbedingungen beschrieben werden können. Diese müssen für die Beauftragung eines GU jedoch angegeben sein. Werden Leistungen dann erst im Nachhinein bekannt, müssen Sonderbedingungen eingefügt und Mehrkosten einkalkuliert werden", so Berner. So hofft der Gesetzgeber die Überhand in der Kostenkontrolle zu behalten. Dem Wachstum der Generalunternehmerbranche werden die veränderten Bedingungen voraussichtlich keinen Abbruch tun: Laut Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. ist der GU in der Bundesrepublik ebenso wie in Europa die erfolgreichste Unternehmensform am Markt.

Hintergrund: Prof. Dr. Fritz Berner wurde 1951 geboren. 1975 schloss er sein Studium des Bauingenieurwesens an der Universität Stuttgart als Diplom-Ingenieur ab. Er war bei Bauunternehmen – unter anderem als Geschäftsführender Gesellschafter bei der Müller-Altvatter Bauunternehmung GmbH & Co. KG – tätig. 1994 wurde er zum Universitäts-Professor an die Universität Stuttgart berufen, um als Ordinarius das Institut für Baubetriebslehre zu leiten. Prof. Berner hat bereits mehr als 50 Fachartikel veröffentlicht, ist seit 2001 Gründungs- und Kuratoriumsmitglied der "Stiftung Immobilie", seit 1994 Herausgeber der Schriftenreihe des Instituts für Baubetriebslehre im Bauwerk-Verlag und Mitherausgeber des Leitfadens Bauwirtschaft und Baubetrieb im B.G. Teubner Verlag. Er wurde 2004 in den PPP-Beirat Baden-Württemberg berufen und ist seit 2005 Mitglied des Vorstands der Vereinigung Stuttgarter Studentenwohnheime e. V. Die Säbu Holzbau GmbH mit Sitz in Biessenhofen (Allgäu) plant und realisiert schlüsselfertige Systemgebäude nach Architektenentwürfen. Bevor sie vor Ort montiert werden, konstruiert und fertigt das Unternehmen die einzelnen Bauelemente im eigenen Werk. Dadurch ist die Arbeit zum einen wetterunabhängig, zum anderen verkürzt sich die Bauzeit erheblich. Das Basismaterial Holz wird mit anderen Baustoffen auf ökologisch und ökonomisch effiziente Weise kombiniert.

Die 40 Mitarbeiter des präqualifizierten Generalunternehmens erarbeiten meist das komplette Projekt von der Planung bis zur Schlüsselübergabe. Säbu fertigt Kindergärten und Schulen, Pflegeheime und Verwaltungsgebäude. Ebenso ist das Unternehmen im Instituts- und Klinikbau tätig und führt Aufstockungen von Gebäuden aus. Brandschutzanforderungen von F30/B bis hin zu F120/A können in den von Säbu angebotenen Bauweisen realisiert werden.

Sämtliche Materialien und Bauteile, deren Verarbeitung und die Montage der Gebäude werden nach Vorgaben der Gütegemeinschaft Deutscher Fertigbau e. V. geprüft und erhalten die entsprechenden RAL- Gütezeichen sowie das Übereinstimmungszeichen.

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