Schalung und Gerüste

Hünnebeck will hoch hinaus

Hünnebeck bauma München
Martin von Lom ist Geschäftsführer der Hünnebeck Deutschland GmbH.

Infrastrukturbau, Hochhausbau und Arbeitssicherungssysteme sieht die Hünnebeck Gruppe als künftige Schwerpunkte. In diesen Bereichen will das Unternehmen sein Portfolio ausbauen und stellt entsprechende Produkte auch auf der bauma vor. Welche das sind, erläuterte der Geschäftsführer der Hünnebeck Deutschland GmbH Martin von Lom im Gespräch mit ABZ-Redakteurin Sonja Weiße.ABZ: Kürzlich wurde der Rohbau des Grand Tower in Frankfurt fertiggestellt, mit 172 m eines der höchsten Wohnhäuser Europas. Sie waren an dem Projekt beteiligt. Welche Herausforderungen galt es dabei zu bewältigen?Von Lom: Wir haben erfolgreich mitgeholfen, dieses Projekt zu realisieren und dabei viele positive Erfahrungen gesammelt. Hünnebeck hat die komplette Planung und Produktlieferung übernommen, inklusive des Windschild-Systems, und den gesamten Ablauf koordiniert. Dazu muss man wissen, dass dieses Gebäude alles andere als leicht zu schalen und zu bauen war. So gibt es vorgehangene Balkone, die Grundrisse wechseln fast in jedem Geschoss und auch die Positionen von Tür- und Wandöffnungen. Das ist wegen der Lage und der Komplexität durchaus in der Schalungswelt und Bauwelt beachtet worden. Und es spielt genau in einen unserer künftigen drei Schwerpunkte, dem Hochhausbau. Neben dem Infrastrukturbereich und dem Thema Arbeitssicherheit wollen wir uns mit diesem Thema künftig verstärkt befassen.ABZ: Warum sehen Sie den Hochhausbau als einen Schwerpunkt?Von Lom: Aufgrund des Trends zur Metropolisierung und der Grundstücksknappheit werden in den großen Städten vermehrt Hochhäuser gebaut. Vor allem in Berlin, Hamburg, Frankfurt und Düsseldorf werden in den kommenden Jahren weitere entsprechende Projekte starten.ABZ: Welche Produkterweiterungen planen Sie in diesem Bereich?Von Lom: Auf der bauma werden wir Hilfsmittel präsentieren, die sich kranunabhängig horizontal bewegen lassen. Es handelt sich um batteriebetriebe Fahrsysteme mit Teleskopkernen. Diese können schwere Systeme wie z. B. Deckentische von a nach b transportieren, ähnlich wie eine Elektroameise mit einem Turm, der aus- und eingefahren werden kann. Das ist auch ein Effektivitätsthema. So können Krankapazitäten sinnvoller eingesetzt werden. Wir werden großflächige Windschilde zeigen, um den Sicherheitsaspekt im Hochhausbau gewährleisten zu können. Außerdem werden wir künftig nicht nur stufenweise, sondern auch sensorgesteuert klettern können, unabhängig von einem Raster.ABZ: Und was planen Sie bezüglich des zweiten Schwerpunktes Infrastruktur?Von Lom: Es gibt in Deutschland mehr als 60.000 marode Brücken, inkl. Straßen- und Eisenbahnbrücken, die einer Sanierung oder eines Neubaus bedürfen. Wir werden unser Material- und Produktportfolio daher in dieser Hinsicht deutlich ausweiten, zum einen, was modulare Systeme in der Unterstützung von Neubauprojekten betrifft. Diese sind für den Brückenbau geeignet, aber auch für offene Tunnelbauweisen, Ingenieur-, Kraftwerks- und Wasserwegebau einsetzbar. Zum anderen zeigen wir mit der hängenden Arbeitsplattform QuikDeck auf der bauma eine für Deutschland ganz neue Höhenzugangstechnik als abgehängte Arbeitsplattform z. B. für die Sanierung.

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Mit der hängenden Arbeitsplattform QuikDeck können Brücken mit kleinem Aufwand eingerüstet und renoviert werden, so wie bei der Sanierung der Alexanda Bridge in Kanada. Hünnebeck wird das System in Kürze auf dem deutschen Markt einführen. Fotos: Hünnebeck

ABZ: Was ist das Besondere daran?Von Lom: Wir werden dieses System in Kürze auf dem deutschen Markt einführen. Es ist überall da einsetzbar, wo wir in der Höhe arbeiten müssen, wie an Dach- oder Deckenkonstruktionen, und den aufwendigen Aufbau von Traggerüsten und Raumgerüsten einsparen wollen. Dabei sprechen wir von einer sicher verankerten Hängeplattform, von der aus sicher gearbeitet werden kann und die zudem durchgängig belegt ist. Wenn Sie in einem Flughafen oder Bahnhof Deckensanierungen durchführen müssen, dann kann das System dazu dienen, diese Arbeiten parallel zum Publikumsverkehr durchführen zu können. Bestes Beispiel bleibt die Brückensanierung. Wir können Brücken mit kleinem Aufwand von unten oder hängend einrüsten und dann die gesamte Unterseite der Brücke renovieren, ohne dass wir von unten herauf einrüsten müssen.ABZ: Und worum geht es Ihnen bei dem dritten Schwerpunktthema, der Arbeitssicherheit?Von Lom: Wir haben mit Hünnebeck EPS eine neue Produktpalette zum Thema Absturzsicherung im Portfolio. Dazu gehört ein Einspannsystem zwischen Boden und Decke, dass sich schnell montieren lässt, ohne zu bohren. Dort können Absturzgitter eingehangen werden. So können ganze Etagen in sehr kurzer Zeit arbeitssicher gestaltet werden.ABZ: Warum hinkt Deutschland beim Thema Arbeitssicherheit Ihrer Meinung nach den Nachbarländern hinterher? Die Deutschen gelten doch eigentlich als besonders vorsichtig.Von Lom: Das ist mir auch ein Rätsel. Aber Arbeitssicherheit ist auf deutschen Baustellen leider ein Randthema. Für Unternehmen ist das ein Nebenprodukt, für das sie nicht vergütet werden. In Frankreich gibt es viel strengere Gesetze. Dort geht niemand eine Schalung hoch, ohne komplett gesichert zu sein. Systeme müssen einen dreiteiligen Seitenschutz haben. Und Leitern sind schon lange untersagt, da gibt es nur Treppenläufe. Und in England gibt es Sicherheitskoordinatoren, die die Möglichkeit haben, die Arbeit sofort einstellen zu lassen. Das heißt, der behördliche Druck ist viel größer. Ich glaube, der notwendige Weg für Deutschland ist, dass die Baustellen – sozusagen von innen heraus – durch Eigeninitiative sicherer werden.ABZ: Welche Produktneuheiten und -weiterentwicklungen wird Hünnebeck auf der bauma präsentieren?Von Lom: Unter dem Slogan "At Work For You" wird unser Messeauftritt sehr international und interessant. Wir zeigen Weiterentwicklungen in den Wand- und Deckenschalsystemen und beim Höhenzugang, wie modernisierte Gerüstsysteme, -segmente und -treppen. Auch Alleinstellungsmerkmale wie die angesprochene kettengeführte Arbeitsplattform gehören dazu. Außerdem geht es um Weiterentwicklungen mit Blick auf die Arbeitssicherheit. Im Außenbereich sind Auf- und Abbauten von Traggerüstsystemen zu sehen sowie die neue Verfahreinheit, die mobile Horizontalbewegungen unterstützt. Neben den analogen präsentieren wir aber auch digitale Neuheiten. Wir haben spezielle Bereiche vorbereitet, in denen wir Tools unter anderem zum Thema Augmented Reality und Virtual Reality und Weiterentwicklungen unseres digitalen Kundenportals myHünnebeck sowie BIM-Lösungen vorstellen.

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Beim Bau des Grand Towers in Frankfurt, mit 172 m eines der höchsten Wohnhäuser Europas, hat Hünnebeck Planung und Produktlieferung übernommen und den Ablauf koordiniert.

ABZ: Wie ist das Verhältnis von Kauf und Miete im Deutschlandgeschäft von Hünnebeck? Von Lom: Die Vermietung unserer Produkte, basierend auf kundenorientierten Ingenieurleistungen und unserer Logistik, ist weiterhin der größte Bestandteil unseres Geschäftes. Zwar hat der Verkauf im abgelaufenen Geschäftsjahr zugenommen. Der Trend geht aber weiterhin deutlich zur Miete. Früher hatten größere Unternehmen oft eigene Schalhöfe. In den vergangen fünf bis sechs Jahren sind diese aber zunehmend zurückgefahren oder ganz aufgelöst worden.ABZ: Warum ist das so?Von Lom: Große Bauunternehmungen, aber auch große Mittelständler lassen sich in der Regel eine Projektplanung und die Logistik dazu erstellen und mieten dann das erforderliche Material. Das macht für große Konzerne auch mehr Sinn. Denn um die nötige Materialsortierung gewährleisten zu können, müssten sie einen eigenen Schalungshof vorhalten. Da ist es sinnvoll, Engineering und Logistik auszulagern und sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren. Aber kleinere und mittelgroße Unternehmen haben noch eigenes Schalungsmaterial.ABZ: Sie haben mit Hünnebeck UK eine englische Schwestergesellschaft. Welche Auswirkungen würde ein ungeregelter Brexit auf Ihr Geschäft haben?Von Lom: Zunächst hoffen wir, dass es nicht zu einem "hard Brexit" kommt, es gibt derzeit den ein oder anderen Hinweis dazu. Ein ungeregelter Brexit würde uns in gleichem Ausmaß treffen wie unsere Hauptwettbewerber, daher gehen wir nicht von einer Verschiebung von Marktanteilen auf Grund eines solchen Verfahrens aus. Vielmehr sehen wir auf Grund von Zöllen eine Verteuerung aller zu importierenden Produkte im Vereinigten Königreich und auf der anderen Seite eine versprochene Zunahme der staatlichen Investitionen in den Infrastrukturbereich. Unsere Schwestergesellschaft ist für alle Szenarien gut vorbereitet und wird die erforderlichen Maßnahmen zügig umsetzen.ABZ: Wie wollen Sie dem Fachkräftemangel begegnen?Von Lom: Ingenieure und Techniker haben heute eine große Auswahl an Arbeitsangeboten. Das führt auch bei uns dazu, dass wir den Mangel an Fachkräften spüren. Wir begegnen dem, indem wir jungen Talenten ein Zuhause bieten, in dem sie sich wohlfühlen. Z. B. gestalten wir die Arbeitsplätze flexibel sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht. Außerdem bereiten wir für unsere Mitarbeiter derzeit ein Austauschprogramm vor, das dieses Jahr starten soll. Sie können in Kanada arbeiten, in Südamerika oder Australien und dort Erfahrungen sammeln. Desweiteren unterstützen wir das Projekt "Wege in die Ausbildung für Flüchtlinge".ABZ: Wie sieht diese Unterstützung konkret aus?Von Lom: Seit vergangenem Jahr machten acht junge Flüchtlinge aus Syrien und Afrika ein Praktikum bei uns. Gerade ist die Zusammenarbeit mit dem BZB, dem Berufsbildungszentrum Bau, um ein weiteres Jahr verlängert worden. Wir werden außerdem in Kürze mit drei weiteren Praktikanten starten. Das sehen wir als branchenfördernde Hilfestellung im Bausektor, aber auch als gesellschaftlichen Beitrag.ABZ: Welche weiteren Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft?Von Lom: Wir gehen davon aus, dass die derzeitige positive Marktentwicklung, die wir in den meisten Ländern in Europa sehen, nicht ewig anhalten wird. Wenn der Abwärtstrend eintritt, müssen wir stark genug sein, einen zunehmenden Wettbewerb zu meistern. Das geht zum einen in die Richtung einer Transformation in Infrastrukturprojekte, zum anderen in die Richtung der Digitalisierung. Wir katalogisieren derzeit unsere Produkte in 3D-BIM-Formaten. Sollten BIM-Vorlagen Gesetzesgrundlage oder Notwendigkeit im öffentlichen Ausschreibungswesen werden, können wir uns relativ schnell im BIM bewegen.

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