Schüttflix-CEO Christian Hülsewig

"Die einfachen Dinge des Lebens einfach richtig gut machen"

Schüttflix Unternehmen
Schüttgüter transparent und bequem per App bestellen – das ist die Idee hinter Schüttflix. Fotos: Schüttflix

Mit einer Art Uber für das Bauwesen trat Christian Hülsewig vor rund eineinhalb Jahren eine kleine Revolution in der Schüttgutlogistik los.Neben Investoren setzen mittlerweile auch Branchengrößen wie die Strabag auf die Schüttflix-Idee. Was das Start-up-Unternehmen so erfolgreich macht, verriet Schüttflix-CEO Hülsewig im Interview mit ABZ-Chefredakteur Robert Bachmann.ABZ: Herr Hülsewig, bitte geben Sie uns einen kurzen Einblick in Ihre Person. Wo kommen Sie her? Was hat Sie zur Baubranche geführt?Hülsewig: Ich habe als Kind jeden Nachmittag auf dem Bauernhof verbracht. Praxisnahe Arbeit hat mir schon immer sehr gelegen. Beruflich bin ich dann erst einmal in eine andere Richtung gegangen. Die vergangenen zehn Jahre habe ich mich mit Großvolumenlogistik beschäftigt. Die letzten drei Jahre war ich weltweiter Logistikchef von Microsoft und habe mit meinem Team beispielsweise am Black Friday bis zu einer Millionen Sendungen täglich koordiniert. Vor zwei, drei Jahren hat es dann angefangen, mir in den Fingern zu jucken, ein eigenes Unternehmen aufzubauen.ABZ: Und in welche Richtung wollten Sie gehen?Hülsewig: Mich hat die Frage gereizt, ob man die Einfachheit der heute stark verbreiteten B2C-Lösungen nicht auch im B2B-Bereich abbilden kann, idealerweise in der Logistik. Sehen Sie, wir greifen im privaten Bereich heute vielfach auf Apps zurück, die uns das Leben vereinfachen – beispielsweise, um Taxis bequem per Smartphone zu ordern oder auch Getränke nach Hause liefern zu lassen. Schließlich habe ich mich auf meine Tage auf dem Bauernhof besonnen, kleinere Bauprojekte, die wir dort durchgeführt hatten und dass die Baulogistik dabei nicht immer optimal lief. Da muss ich was machen, dachte ich. So entstand die Idee zu einer B2B-Plattform für den Schüttgutsektor, die genauso unkompliziert in der Anwendung ist wie beispielsweise FreeNow oder Flaschenpost.

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Christian Hülsewig ist Gründer und CEO von Schüttflix.

ABZ: Wo liegen die Probleme in der klassischen Schüttgutlogistik, die sie mit Ihrer App lösen?Hülsewig: Es handelt sich im Grunde um ganz einfache Dinge. Das fängt schon mit der Definition des Ablageortes an. Häufig landet das Material nicht dort, wo es eingebaut werden soll, weil diese Information zwischen dem Kunden, dem Lieferanten und dessen Subunternehmer verloren geht. Auf größeren Baustellen können so schnell enorme Kosten entstehen, weil das Material erst noch einmal bewegt werden muss, bevor die Arbeit beginnen kann. Das alles passiert nicht mutwillig, sondern einfach, weil die Information fehlt.ABZ: Wie kann Schüttflix helfen, solche Fehler zu vermeiden?Hülsewig: Wir haben in der App in unserem Bestellprozess zum Beispiel eine Fotofunktion eingebaut. Hier kann der Kunde ein Bild der Baustelle einbinden und darauf den Ablageort virtuell einzeichnen. Diese Information bekommt dann auch der Fahrer, was ihm ebenfalls Sicherheit bezüglich seiner Routenplanung gibt. Ein weiteres Thema sind die transparenten Preise in der App. Das ist vor allem ein Vorteil, wenn ein Bauunternehmen außerhalb seiner angestammten Lieferantenstrukturen tätig ist.So ein klassischer familiengeführter Betrieb, wo gerade einmal ein Radlader und ein Bauwagen in der Sandgrube stehen, den lerne ich ja gar nicht kennen, wenn ich dort in der Region nicht fest verwurzelt bin. Und da sehen wir unsere Aufgabe darin, den Markt transparent zu machen, indem wir auch die kleinen Familienbetriebe bei uns auf die Plattform nehmen.ABZ: Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, aber das klingt eigentlich alles sehr simpel und wenig nach Silicon-Valley-Zauberei...Hülsewig: So ist es. Das, was wir gebaut haben, ist ein Preisvergleichsportal, wie es auch viele andere gibt. Das System dahinter ist jedoch durchaus komplex. Wenn ich meine Baustelle in der App markiere, dann weiß das System im Umkreis von 110 Kilometern, wer alles Lieferanten sind, welche Materialien diese zu welchen Kosten anbieten und zeigt mir sofort einen Preis frei Baustelle an. Dabei werden die Einkaufspreise für das Material sowie die Transportkosten berücksichtigt. Letztere rechnet die App ebenfalls automatisch unter Berücksichtigung von Live-Verkehrsdaten aus. Am Ende bekommt der App-Nutzer eine Liste von fünf Anbietern angezeigt, die für seine individuelle Anfrage den besten Preis haben. Das ist überhaupt kein Hexenwerk, aber es muss halt jemand machen. Wir haben es getan und das Ganze schließlich in sehr sauberes User-Interface mit einem ganz klar strukturierten Prozess verpackt. Ich sage immer: Man muss die einfachen Dinge des Lebens einfach richtig gut machen.ABZ: Birgt so ein Vergleichsportal nicht auch das Risiko, einen Preiskampf anzufachen, den es zuvor nicht gab?Hülsewig: Wir versuchen es optimal und fair zu machen. Jeder Bauunternehmer hat seinen Haus- und Hoflieferanten. Die haben ein Einzugsgebiet, wo das natürlich auch die logischen Lieferanten sind. Wenn ich dann aber eine Baustelle etwas außerhalb habe, validiert Schüttflix und zeigt dann an, dass unter den fünf Besten der Haus- und Hoflieferant eben nur noch an dritter Stelle steht, weil andere, die jetzt näher dran sind, durch geringere Transportkosten hochgerutscht sind. Und das ist ja auch nur sinnvoll. Zumal viele Haus- und Hoflieferanten den Kunden auch nicht hinterherfahren wollen. Manchmal ist es so, dass ein Preis ausgemacht wurde und sie auf Rechnung eineinhalb Stunden hin und zurückfahren müssen und das ist für den Lieferanten auch keine dankbare Aufgabe. Da finde ich es sinnvoller, dass man die Partner – also die Lieferanten – fair bezahlt, aber ausschließt, dass unnötig durch die Gegend gefahren wird. Das ist der Hebel, den wir haben müssen, damit unnötige Wegstrecken vermieden werden und Geld gespart werden kann. Vor allem sparen wir dadurch Gesamtkosten im Ökosystem ein und das merkt indirekt natürlich auch der Kunde.

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Rund 1100 Spediteure und knapp unter 1000 Lieferanten sind auf der Logistik-Plattform bereits vertreten.

ABZ: Schüttflix ist aktuell sehr erfolgreich. Das zeigen unter anderem die vielen Investoren, die ihr Vertrauen in das Unternehmen setzen. War die Idee von Anfang an ein Selbstläufer?Hülsewig: Nein. Wenn man so ein neues Tool hat, fängt man erst einmal ganz langsam an. Langsam heißt, man prallt erst einmal an den ersten fünf Türen mit so einer IT-Lösung komplett ab. Aber irgendwann durchbricht man das ein bisschen und kommt dann damit nach vorne. Realistisch im Markt wahrgenommen werden wir erst seit den vergangenen sechs bis acht Monaten. Vorher war das einfach ein wahnsinniger Kampf beziehungsweise hartnäckige Überzeugungsarbeit.ABZ:Müssen Sie immer noch gegen Vorbehalte wie betonierte Kunden-Lieferanten-Beziehungen und Digitalisierungsfaulheit ankämpfen oder hat sich das gebessert?Hülsewig: Das hat sich mittlerweile schon geändert. Wo wir früher noch kämpfen mussten, um bei einem Lieferanten einen Termin zu bekommen, ist es heute eher so, dass sie es begrüßen, dass wir uns bei ihnen melden. Das hat sich mit der Arbeit, die wir getan haben und auch mit dem positiven Nutzer-Feedback, dass wir bekommen, geändert. Und dazu gehört natürlich auch eine Strabag, mit der wir über sechs Monate einen Pilot gemacht haben und die sich danach entschieden hat, das auszurollen. Das war eine ganz bewusste Entscheidung, weil sie einen Mehrwert für die Baustelle in unserer Lösung sehen. Da hat sich Schüttflix in der Ausprägung und Fokus auch schon ein bisschen verändert. Als ich angefangen habe, wollte ich eine Plattform für kleine und mittelständische Unternehmen bauen. Ich hätte nie gedacht, dass ich eine Plattform baue, die auch so viel Mehrwert für die Großen hat. Die haben Interesse an dem Prozess, den ich im System gebaut habe – ein Transport-Management-System, wo der Weg wie bei DHL beispielsweise komplett nachvollziehbar ist – mit allen Details zu Bestellungen, Lieferungen und so weiter. Diese tiefen Informationen sind alle besser als die handgeschriebenen Lieferscheine. Diese Dokumentation und Klarheit in der Logistikstruktur sind es, die Konzerne als wahnsinnig sinnvoll erachten. Bei uns gibt es eben die Information und dazu noch live.ABZ: Mittlerweile konnten Sie auch Branchengrößen wie Hagedorn und zuletzt die Strabag überzeugen. Was hat aus Ihrer Sicht den Ausschlag für den heutigen Erfolg gegeben?Hülsewig: Man darf sich auf jeden Fall erst einmal nicht unterkriegen lassen. Man muss an die Sinnhaftigkeit des Produktes glauben und da hat Hagedorn sehr geholfen, da wir dort alle Parteien der Plattform erproben konnten. Thomas Hagedorn war auch ein bisschen Überzeugungstäter und hat gesagt "Wissen Sie, wenn das jemand nicht gut findet, dann hat er nicht richtig zugehört oder es einfach nicht verstanden." Man kann an dieser Plattform eigentlich nichts Schlechtes finden. Weder als Kunde, noch als Lieferant oder Spediteur – denn es verliert keiner.ABZ: Wie hat sich das Geschäft bei Ihnen in der Pandemie entwickelt?Hülsewig: Wir sind richtig gut unterwegs gewesen dieses Jahr und sind unglaublich gewachsen. So schwer Corona uns das Leben auch macht, die digitalen Prozesse gewinnen dadurch an Bedeutung. Das ist einfach so. Der persönliche Kontakt, der in Corona-Zeiten zu vermeiden ist, den kann man mit Schüttflix vollumfänglich umgehen.ABZ: Wie hat sich denn zwischenzeitlich ihre Abdeckung entwickelt? Sie haben vor ein paar Monaten in Nordrhein-Westfalen mit dem Versprechen geworben innerhalb von vier Stunden zu liefern.Hülsewig: Wir garantieren eine Lieferung innerhalb von vier Stunden zu den normalen Arbeitszeiten. Wir haben jetzt 2000 Partner auf der Plattform, das sind 1100 Spediteure und knapp unter 1000 Lieferanten oder Erzeuger. Und die Spediteure haben im Schnitt acht Lkw. Wir laufen also schnurstracks auf 10.000 Lkw zu, die virtuell über Schüttflix auch vernetzt sind. Das ist eine Flotte, die sonst keiner in Deutschland in dem Segment aufweisen kann. Auf der Lieferantenseite sind es ungefähr 980. Das sind dann Erzeuger, sprich Sandgruben, Schotterwerke, Kieswerke. Natürlich haben wir noch ein paar weiße Flecken auf der Karte, aber die schließen wir sukzessive. Wenn wir mit der Strabag gemeinsam über die Direktionen ausrollen, gehört da natürlich auch dazu, dieses Netz sauber in den einzelnen Bundesländern nachzuverdichten. Wir wollen möglichst bald die Auslieferung innerhalb von vier Stunden in ganz Deutschland anbieten.

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