Sicheres und präzises Lastenhandling

Wenn der Kran mit tonnenschweren Lasten um die Ecke funkt

Hannover (ABZ). – Ob für den Aufbau von Wohnhäusern, Brücken oder Industrieanlagen: Die Fähigkeit von Kranen, tonnenschwere Lasten präzise zu bewegen, macht sie laut AZG Tech zum Rückgrat moderner Bauprojekte. Doch das ist in der Realität nicht immer so einfach, denn wenn die Sicht des Kranführers eingeschränkt ist, wird das Handling der Transportgüter zur Herkulesaufgabe.
AZG Tech Kommunikation Digitalisierung
Die breiten Abstrahlwinkel der Sendetechnik von AZG Tech erlauben die Unterstützung aller Einsatzbereiche und Neigungswinkel der beiden Kranarme, so der Hersteller. Foto: AZG Tech

In solchen Situationen genügt es nicht mehr, allein auf die eigene Einschätzung zu vertrauen. Zwar lassen sich Einweisungen durch einen Signalgeber am Boden mit besserer Sichtposition kommunizieren, doch dies kostet Zeit und erhöht den Personalaufwand. Kran-Kameras wiederum, die über Kabel mit der Kabine verbunden sind, können ausfallen, da die Verbindungen aufgrund der mobilen Laufkatze schnell verschleißen.

Der Baumaschinenhersteller Liebherr oder der Dienstleister und Systemintegrator EWJ Baumaschinen setzen deshalb laut eigenen Angaben auf den MRX.Kranfunk von AZG Tech, eigener Aussage zufolge einem führenden Anbieter für drahtlose Datenübertragungssysteme, die mittels ihrer robusten Auslegung flexibel in vielen Industrien einsetzbar sind. Mithilfe des funkbasierten Übertragungssystems für Baumaschinen aller Art sollen sich Kamerabilder von unterschiedlichen Positionen am Kran unabhängig von der Sichtlinie und den Hindernissen auf einen Touch-Monitor in der Kranführerkabine übertragen lassen. Die Signale sind dabei digital codiert und verschlüsselt, sodass sich mehrere Systeme an unterschiedlichen Kranen weder stören noch beeinflussen können.

Der Kranführer sitzt hoch oben in seiner Kabine, den Zielpunkt für das schwere Transportgut fest im Blick – zumindest in der Theorie. Doch, wie so oft, wird die klare Sicht durch eine Vielzahl von Hindernissen getrübt? "Das können andere Gebäude oder Gerüste sein, aber auch große Materiallager und Maschinen am Boden. Und zu guter Letzt schränken Wettereinflüsse wie Regen oder starkes Sonnenlicht die Sicht ein. Dann muss sich der Kranführer häufig allein auf seine Erfahrung verlassen und die risikoreiche Situation zielsicher bewerten", weiß Andreas Zimmermann, Geschäftsführer der AZG Tech GmbH. Zwar gibt es in einem solchen Fall unterschiedliche Lösungen, die jedoch ihre eigenen Nachteile mit sich bringen: Die Einweisung durch Bodenpersonal erfordert zusätzlichen Personaleinsatz und birgt das Risiko von Missverständnissen, während Spiegel nur begrenzte Sichtverbesserungen bieten. Verkabelte Kamerasysteme wiederum verschleißen schnell, da die Leitungen durch die ständige Bewegung stark belastet werden und eine regelmäßige Wartung erforderlich ist. "Diese Maßnahmen erhöhen den Aufwand und die Kosten, was letztendlich die Betriebseffizienz beeinträchtigt", erklärt Zimmermann.

System besteht aus mehreren Kameras und Sendern

Damit diese Einschränkungen gar nicht erst auftreten, hat das Unternehmen eigenen Angaben zufolge den MRX.KranFunk entwickelt, das Teil des breiten Portfolios an drahtlosen Kommunikationssystemen ist. Da diese besonders flexibel, robust und kabellos auslegbar sein soll, lassen sie sich für zahlreiche industrielle Anwendungen von Videodatenübertragungen in der Landwirtschaft bis hin zu Maschinensteuerungen in verschiedenen Branchen einsetzen.

Das MRX.KranFunk-System besteht aus mehreren Kameras sowie Sendern, die die Bilddaten umwandeln, verschlüsseln und schließlich an einen Empfänger in der Kabine schicken, der diese als steuerbare Echtzeitbilder auf einen Monitor überträgt. "Da Funkverbindungen naturgemäß schwanken oder durch Hindernisse gestört werden können, nutzen wir Repeater, die strategisch am Knickpunkt des Krans gesetzt werden. Dadurch wird das Signal quasi um das Hindernis herumgeleitet, anstatt auf die sonst übliche Sichtlinie zwischen Sender und Empfänger angewiesen zu sein", beschreibt Zimmermann. Die Einsatzmöglichkeiten sollen dabei vielfältig sein, denn die breiten Abstrahlwinkel der Sendetechnik von AZG Tech erlauben die Unterstützung aller Einsatzbereiche und Neigungswinkel der beiden Kranarme. Die Reichweite jeder Funkstrecke betraget dabei etwa 200 m. Sollten dennoch größere Distanzen zwischen Sender und Empfänger auftreten, so soll auch dabei ein Repeater eingesetzt werden können.

Um eine stabile Funkverbindung unabhängig von der Anzahl eingesetzter Baumaschinen, der Witterung oder der Architektur im Umfeld der Baustelle zu gewährleisten, nutzt der Hersteller laut eigener Aussage die eigens entwickelte AZG.mesh Technologie. Sie ermögliche die Verbindung mehrere Knoten in einem Netzwerk. "Dies erlaubt es, Daten über mehrere Stationen zu übertragen, sodass sich Redundanzen ergeben und mögliche Funkschatten überwunden werden", so Zimmermann. Die Knoten übertragen die Videodaten mit sehr geringer Latenz und sollen damit ein aktuelles Videobild in der Führerkabine gewähren. Um Störungen auszuschließen stehe dem Kranführer zudem die Möglichkeit zur Frequenzänderung zur Verfügung. Dabei erhalte er unmittelbares Feedback auf dem Monitor, falls eine Leistungsschwäche im Signal auftritt und kann mit einer Berührung auf die zweite Frequenz wechseln.

Die Echtzeit-Videodaten direkt in der Kabine sollen es dem Kranführer erlauben, Entscheidungen schnell und fundiert zu treffen. Dies reduziere das Risiko von Unfällen und Fehlern erheblich. Mithilfe des Touch-Monitors soll der Kranführer bequem und intuitiv mit dem System interagieren und neben der obligatorischen Feineinstellung mit einer einfachen Wischbewegung zwischen den Kamerafeeds sämtlicher am Kran befindlicher Kameras wechseln können. Ähnlich wie beim Smartphone lasse sich mit simplen Fingerbewegungen stufenlos hinein- und hinauszoomen, um beispielsweise präziseres Absetzen der Lasten zu ermöglichen. Zudem stehe ein Anlernmodus bereit, der Kranführern den Einstieg erleichtere, sollten diese erstmals auf ein Kamerasystem umsteigen.

Soll das Manövrieren des Hakens erleichtern

Das ausgeklügelte System soll sich bereits in der Praxis bewährt haben und viele Baumaschinenhersteller statten, so die Entwickler, ihre einzelnen Serien oder die gesamte Hebeflotte mit der Funktechnik aus, nicht zuletzt aufgrund der hohen Flexibilität des modularen Systems. So biete Hersteller Liebherr die Technik bei allen seinen Mobilbaukranen mit an. "Obwohl es eine Option ist, wählen es seit Jahren nahezu 100 Prozent der Kunden dazu. Es wird immer dann genutzt, wenn ein Kran aus der Oberwagenkabine des Krans gesteuert wird", erklärt Ronald Haid, Electrical Design Engineer Crane Electronics bei Liebherr. Besonders positiv wird hervorgehoben, dass das System auch das Anschlagen der Komponente am Kranhaken und das Manövrieren des Hakens erleichtert.

Auch für EWJ Baumaschinen, die als Systemintegrator unter anderem für den Vertrieb und die Montage von Baufahrzeugen verantwortlich sind, ist die Funktechnik eine Ergänzung für ihre gesamte Flotte, heißt es. "MRX.KranFunk wird von uns seit 2023 auf allen Arten von Kränen verbaut – Turmkräne, Mobilkräne, Faltkräne und Hafenkräne. Haben diese ab Werk kein Kamerasystem, ergänzen wir die Modelle mit der Technik, um die Sicherheit zu erhöhen und das einfachere und schnellere Arbeiten auf der Baustelle zu ermöglichen. Und die Kunden sind sehr zufrieden", berichtet Manfred Vogger, Verkauf und Service bei EWJ Baumaschinen. Die bisherigen Erfahrungen hätten gezeigt, dass der Alltag auf der Baustelle mit dem MRX.KranFunk-System sicherer und effizienter gestaltet werden kann. Denn die Kranführer sollen die Unterstützung erhalten, die sie in kritischen Momenten dringend benötigen.

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