Sinkendes Rentenniveau

Betriebliche Altersvorsorge immer wichtiger

von: Michael Delmhorst undDr. Torge Middendorf
Soka-Bau
Die betriebliche Altersvorsorge gewinnt in der Bauwirtschaft zunehmend an Bedeutung. Grafik: Soka-Bau

Wiesbaden. - Um branchenbedingte Ausfälle bei der gesetzlichen Rente auszugleichen und eine Ergänzung für die seit Jahren sinkende gesetzliche Rente zu bieten, gibt es für die Bauwirtschaft zwei unterschiedliche Altersvorsorgemodelle: Die branchenweite Rentenbeihilfe beziehungsweise Tarifrente Bau für alle Beschäftigten der Branche und eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung mit Arbeitgeberzuschuss (BauRenteZukunftPlus). Beide Vorsorgelösungen setzt die Sozialkasse der Bauwirtschaft (Soka-Bau) für die Bauwirtschaft um.

Das Niveau der gesetzlichen Rente sinkt seit Anfang des neuen Jahrtausends kontinuierlich. Lag das Verhältnis zwischen der Höhe der Standardrente und dem letzten Entgelt eines Durchschnittsverdieners im Jahr 2000 noch bei annähernd 53 Prozent, könnte es nach derzeitigem Stand bis zum Jahr 2030 auf 43 Prozent sinken. Damit nimmt das deutsche Rentensystem bezüglich der Altersversorgungsfunktion innerhalb der Europäischen Union einen der letzten Plätze ein.

Beschäftigte in der Bauwirtschaft sind darüber hinaus häufiger von Arbeitsausfällen betroffen, die die gesetzlichen Rentenansprüche zusätzlich mindern. So ergeben Berechnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, dass eine fünfjährige Arbeitslosigkeit – über das gesamte Erwerbsleben eines Bau-Arbeitnehmers betrachtet, sicherlich eine nicht allzu selten anzutreffende Konstellation – das Gesamtversorgungsniveau netto um rund fünf Prozentpunkte mindert.

Zudem gelingt es vielen Arbeitnehmern in der Baubranche nicht, bis zur Regelaltersrente zu arbeiten. Nach Daten von Soka-Bau lag der Anteil der Neurentner, die Erwerbsminderungsrente beziehen, in der Baubranche im vergangenen Jahr bei rund 28 Prozent und damit zehn Prozentpunkte höher als bei westdeutschen männlichen Rentnern mit nur rund 18 Prozent. Aufgrund der genannten Aspekte hat die betriebliche Altersvorsorge für Bau-Beschäftigte schon immer eine große Bedeutung und in Zukunft wird diese noch zunehmen.

Aus diesen Gründen haben die Tarifpartner der Bauwirtschaft bereits im Jahr 1957 die für alle Betriebe obligatorische Rentenbeihilfe eingeführt. Seit Anfang 2016 wird dieses größtenteils umlagefinanzierte System aufgrund der demografischen Entwicklung schrittweise durch ein kapitalgedecktes Alterssicherungssystem, die Tarifrente Bau, abgelöst.

Mit der Tarifrente Bau werden erstmals auch die Beschäftigten der Bauwirtschaft in den neuen Bundesländern und alle Auszubildenden in die überbetriebliche Altersversorgung einbezogen. Damit ist das Ziel einer attraktiven Zusatzversorgung für die gesamte Bauwirtschaft erreicht. Die Beiträge bemessen sich bei gewerblichen Arbeitnehmern an der Bruttolohnsumme, bei Angestellten/Auszubildenden wird ein Festbeitrag direkt vom Arbeitgeber entrichtet. Aus jedem gezahlten Beitrag wird ein Versorgungsbaustein für die Zusatzrente gebildet.

Um das stetige Absinken der gesetzlichen Rente abzufedern, haben die Tarifvertragsparteien der Bauwirtschaft 2001 darüber hinaus eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung, die BauRente ZukunftPlus, auf den Weg gebracht. Die Beiträge für die BauRente werden mittels Entgeltumwandlung aus dem Bruttolohn bereitgestellt.

Allerdings erschwert eine strukturelle Besonderheit der Baubranche die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Die Bauwirtschaft ist durch einen hohen Anteil kleiner Betriebe gekennzeichnet, fast 85 Prozent der Betriebe haben weniger als zehn Beschäftigte. Klein- und Kleinstbetriebe bieten ihren Beschäftigten jedoch weitaus seltener eine betriebliche Altersversorgung an. Während in Betrieben mit mehr als 50 Mitarbeitern mindestens 44 Prozent der Beschäftigten eine bAV vorweisen können, gilt dies nur für rund 28 Prozent der Mitarbeiter in Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten. Als Gründe für die geringe Umsetzung der bAV im Betrieb werden Zeitmangel, fehlendes Know-how und zu wenig Manpower genannt. Darüber hinaus wird die bAV tendenziell eher von Mitarbeitern mit längerer Betriebszugehörigkeit nachgefragt. Arbeitgeber können aber durchaus Vorteile vom Angebot einer zusätzlichen Altersvorsorgelösung im Betrieb ziehen. Denn für jeden Euro, den Beschäftigte in der Bauwirtschaft für die BauRente umwandeln, sparen Unternehmen bis zu 50 Prozent Lohnnebenkosten. Je höher der Arbeitnehmerbeitrag (bis maximal 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze), desto größer ist der Spareffekt für den Betrieb. Hinzu kommt: Wer seinen Mitarbeitern eine attraktive bAV anbieten kann, tut etwas für die Mitarbeiterbindung im Unternehmen und ist der Konkurrenz im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte einen Schritt voraus.

Die gesetzliche Rente wird weiter sinken und die Durchdringung der bAV stagniert seit Jahren branchenübergreifend bei deutlich unter 60 Prozent, wobei gerade die große Mehrheit der Beschäftigen mit unterdurchschnittlichem Einkommen über keine bAV verfügen. Abhilfe schaffen könnte etwa eine für jeden Arbeitnehmer verpflichtende bAV (Obligatorium) oder ein so genanntes Opting-Out-Modell, bei dem ein Teil des Einkommens automatisch zur Finanzierung einer bAV einbehalten wird und der Arbeitnehmer, sofern er dies nicht wünscht, aktiv widersprechen muss. Das zum 1. Januar 2018 in Kraft getretene Betriebsrentenstärkungsgesetz setzt weiter auf Freiwilligkeit und stärkt insbesondere die Möglichkeiten der Sozialpartner, Versorgungsmodelle auf tarifvertraglicher Basis zu gestalten. Die Bauwirtschaft hat mit tariflichen Lösungen seit vielen Jahrzehnten gute Erfahrungen gemacht und könnte damit Vorbild für andere Branchen sein.

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Dr. Torge Middendorf ist Manager Volkswirtschaft/Öffentlichkeitsarbeit bei Soka-Bau.Michael Delmhorst ist Referent Öffentlichkeitsarbeit bei Soka-Bau.

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