Tag der Bauindustrie 2019

Bauindustrieverband plädiert für Mut zum Wandel

Berlin. – Der Fachkräftemangel und die Digitalisierung waren die bestimmenden Themen auf dem diesjährigen Tag der Bauindustrie in Berlin. Mehr als 1700 Teilnehmer waren in die Hauptstadt gereist, um gemeinsam mit ranghohen Politikvertretern über die aktuellen Heraus-forderungen einer im Wandel befindlichen Branche zu diskutieren.

Zwar stehe die Baubranche in dem Ruf, sich gerne zu beklagen, aktuell gebe es dafür jedoch wirklich keinen Grund, erklärte Bauindustriepräsident Peter Hübner zum Auftakt des Tags der Bauindustrie, der in diesem Jahr erneut in der Station Berlin in der Nähe des Gleisdreiecks in Berlin ausgerichtet wurde. "Der Branche geht es grundsätzlich sehr gut", so Hübner. Das zeigt auch die jüngst von 6 auf 8,5 % nach oben korrigierte Umsatzprognose für das laufende Jahr, die der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) noch einen Tag zuvor auf einer Pressekonferenz bestätigt hatte. Sowohl bei den Auftragsbeständen als auch bei der Preisentwicklung und – ganz wichtig – bei den Beschäftigtenzahlen zeige der Trend entgegen der allgemeinen konjunkturellen Entwicklung in Deutschland klar nach oben. Gleichzeitig stehe die Branche weiterhin vor großen Herausforderungen. Neben der Digitalisierung und dem Fachkräftemangel gehörten dazu auch die steigenden Deponiekosten, die, wie Hübner erklärte, einer der großen Kostentreiber im Wohnungsbau seien. Hinsichtlich der Mantelverordnung warnte Hübner vor massiven Stoffstromverschiebungen, verbunden mit erhöhten Fahrtwegen und einer entsprechend höheren CO2-Belastung.

Auch dieses Jahr waren mit Staatssekretärin Anne Katrin Bohle, Bundesminister Peter Altmaier, Bundesminister Hubertus Heil, Enak Ferlemann und Lothar Fehn Krestas wieder hochkarätige Vertreter aus der Politik zur Veranstaltung geladen. Dass man sich auch auf politischer Seite fernab vom berüchtigten Sommerloch befindet, zeigte sich u. a. daran, dass gleich zwei Minister ihre Teilnahme an der Veranstaltung kurzfristig absagen mussten. Während Bundesbauminister Horst Seehofer wegen einer Stellungnahme zum Mordfall Walter Lübke verhindert war, musste sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer mit der kurz zuvor bekannt gewordenen Absage der EU zur Pkw-Maut auseinandersetzen. Sehr zum Ärgernis auch der Bauindustrie, wie Hübner betonte. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes sei ein harter Rückschlag für das Konzept der Nutzfinanzierung. Um die bestehenden Aufgaben in diesem Bereich nachhaltig anzugehen, sei es jedoch unabdingbar, die Investitionen in die Infrastruktur von der Politik unabhängig zu machen.

Statt Scheuer war Staatssekretär Enak Ferlemann in die Station Berlin gekommen, um die Rahmenbedingungen seitens der Politik für den Fortbestand des Infrastrukturausbaus darzustellen. Das Maut-Debakel blieb nicht die einzige schlechte Nachricht, die pünktlich zum Tag der Bauindustrie für hitzige Debatten sorgte. Ebenfalls einen Tag vor der Veranstaltung waren die Pläne des Berliner Senats bekanntgeworden, die Mieten in der Hauptstadt für fünf Jahre einfrieren zu wollen. Die Stadt befinde sich damit auf einem politischen sowie ökonomischen Irrweg, urteilte Hübner. Wer über Mietdeckelung oder gar Enteignungen spreche, schrecke damit lediglich Investoren ab. Gerade in einer Stadt, die seit Jahren die Bebauung des Tempelhofer Feldes blockiere, fehle ihm dafür jedes Verständnis.

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Auch Staatssekretärin Anne Katrin Bohle, die kurzfristig für Bundesbauminister Horst Seehofer eingesprungen war, betonte die Bedeutung des Wohnungsbaus als "gesamtgesellschaftliche Aufgabe". Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sei die soziale Frage unserer Zeit, so Bohle. Mehr denn je seien Politik und Bauindustrie dazu aufgerufen, zur Erreichung der ambitionierten Ziele zusammenzuarbeiten – auch über die aktuelle Legislaturperiode hinaus. Das gelte für die Schaffung von Wohnraum selbst als auch für das Erreichen der Klimaziele. Hier komme auch dem Bestand eine entscheidende Rolle zu. Einen CO2-neutralen Gebäudebestand werde es jedoch nicht umsonst geben, so Bohle. Höhere energetische Anforderungen seien hierbei der falsche Weg. Stattdessen sollten entsprechende Innovationen stärker ins Bauen einfließen. Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier hob die immense Bedeutung der Bauindustrie für die wirtschaftliche Verfassung des Landes hervor. Nicht die Außenwirtschaft oder die Automobilindustrie, sondern das Bauwesen sei aktuell der Treiber der deutschen Wirtschaft, lobte er. Um die Entwicklung nicht zu gefährden, brauche es stabile Rahmenbedingungen. Was es nicht brauche, seien weitere Steigerungen bei den Energiekosten und Strompreisen, die gerade mittelständischen Unternehmen das Leben schwer machten. Er plädierte dafür, die Strompreise zu senken, da sonst dringend benötigte Arbeitsplätze auf dem Spiel stünden.

Die Themen Fachkräfte und Digitalisierung lassen sich aus Sicht von Arbeitsminister Hubertus Heil nicht getrennt denken. Der vom HDB beschworene "Mut zum Wandel" sei hier unabdingbar. Aktuell sei die Lage auf dem Arbeitsmarkt sehr gut, erklärte Heil. Doch würden durch die Digitalisierung bis 2025 rd. 1,2 Mio. Arbeitsplätze verloren gehen. Gleichzeitig würden aber auch 2,9 Mio. Arbeitsplätze neu dazukommen. Tätigkeitsanforderungen und Berufsbilder würden sich grundlegend ändern. Eine Entwicklung, auf die es sich gut vorzubereiten gelte. Heil plädierte vor diesem Hintergrund, für eine frühere Berufsorientierung, die junge Menschen vor Irrwegen an die Universitäten bewahre. Außerdem solle das Thema Weiterbildung stärker gefördert werden. Zudem gelte es, das Potenzial von Langzeitarbeitslosen vermehrt auszuschöpfen, die Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmern länger zu erhalten sowie die Fachkräfteeinwanderung weiter zu unterstützen.

Wie die Bauindustrie gedenkt, junge Menschen für die Arbeit in der Bauindustrie zu interessieren, erklärte Jutta Beeke, Geschäftsführende Gesellschafterin der Echterhoff Bau-Gruppe sowie Vorsitzende des Sozialpolitischen Ausschusses und damit Vizepräsidentin Sozialpolitik des HDB. Sie stellte u. a. die neue, bundesweit angelegte Nachwuchskampagne der Bauindustrie "Bau – Dein – Ding" vor. Erstmals rücken die Verbände der Bauindustrie dabei länderübergreifend die Berufsbilder und Karrieremöglichkeiten am Bau in den Fokus der Öffentlichkeit. Dabei setzt die Industrie u. a. auf den sog. "BauBus", der seit einiger Zeit durchs Land tourt und u. a. mittels verschiedener multimedialer Darstellungsformen für die Berufe im Bauwesen wirbt.

Zusammenarbeit – zwischen Industrie und Politik sowie zwischen den Landesvertretungen der Bauindustrieverbände – war eines der übergreifenden Themen zum Tag der Bauindustrie in Berlin. Passend dazu präsentierte HDB-Hauptgeschäftsführer Dieter Babiel die neue Markenbildung des Verbandes. Künftig will die Industrie unter neuem, einheitlichem Logo auftreten und bei Aufgaben wie der Nachwuchsgewinnung stärker kooperieren. Gleiches gelte für die Digitalisierung, die auf dem Tag der Bauindustrie nicht nur diskutiert wurde. Diverse Startup-Unternehmen waren direkt vor Ort vertreten. Dafür hatte der HDB kurzerhand die Startup-Messe Tech in Construction in die Veranstaltung integriert. Insgesamt 25 Startups aus Deutschland und Österreich gaben an Ständen sowie in kurzen Präsentationen einen Einblick in ihre Geschäftsmodelle.

Für weiteren fachlichen Input sorgten u. a. Dr. Alexander Rieck (Fraunhofer Institut) mit seinem Vortrag zum Thema "Bauen 2030 – Prozesse und Kultur" und Prof. Achim Menges (Universität Stuttgart) mit seinem Vortrag zum Thema "Digitalisierung im Bau – Maschine und Mensch". Ein Talk zum Thema "Mut zum Wandel" mit den Bauindustrie-Präsidenten rundete den offiziellen Teil der Veranstaltung ab. Das anschließende Sommerfest wurde von den Gästen als Plattform für Networking ausgiebig genutzt.

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