Trotz Kritik

Albig bleibt bei Autofahrer-Sonderabgabe

KIEL/BERLIN (dpa). - Trotz massiven Gegenwindes auch aus den eigenen Reihen bleibt Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) bei seiner Forderung nach einer Sonderabgabe aller Autofahrer für den Straßenunterhalt. "Deutschland steht vor dem Infarkt seiner Infrastruktur", sagte Albig kürzlich in Kiel. Wenn Deutschland wirtschaftlich Erfolg haben wolle, müsse es eine funktionierende Infrastruktur haben. Diese Aufgabe sei vergleichbar mit dem Aufbau der deutschen Einheit. Albig warnte davor, nichts zu unternehmen: "Wenn wir kneifen, wird uns die Realität einholen." Albig hatte am Ostermontag angeregt, pro Jahr von jedem Autofahrer eine Abgabe von etwa 100 Euro zu erheben. Inzwischen gingen alle Parteien im Bundestag auf Distanz zu Albig – ebenso der ADAC und der Städte- und Gemeindebund. Im Norden zog die oppositionelle CDU die Glaubwürdigkeit Albigs in Zweifel. Die Kieler Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und SSW hätten im Landtag Anträge für mehr Investitionen in den Straßenunterhalt abgelehnt. Albig wolle nur davon ablenken, "dass in den zwei Jahren seit seinem Amtsantritt verkehrspolitisch viel zu viel versäumt worden ist", meinte CDU-Landeschef Reimer Böge.

Was Albig jetzt fordere, sei nichts anderes als eine Maut. Genau diese Straßennutzungsgebühr habe die SPD in den Koalitionsverhandlungen aber abgelehnt, so Böge. Albig verwies auf einen einstimmigen Länderbeschluss, wonach jedes Jahr 7 Mrd. Euro zusätzlich zur Sanierung verfallender Straßen bereitgestellt werden sollten. Die große Koalition in Berlin habe lediglich 5 Mrd. für die gesamte Legislaturperiode vereinbart. Das sei einfach zu wenig, und dass diese Summe tatsächlich fließe, sei außerdem noch unsicher.

Albig erneuerte seine Forderung nach einem Reparaturfonds, aus dem jedes Jahr bis zum Jahr 2030 7 Mrd. Euro in die Straßensanierung fließen könnten. Er wisse, dass für den Autobereich im weitesten Sinne 50 Mrd. Euro jedes Jahr etwa durch die Kfz-Steuer und die Mineralölsteuer zur Verfügung stünden. Seit Jahrzehnten werde dieses Geld aber auch für andere Zwecke, etwa zur Stützung der Sozialversicherungssysteme, ausgegeben. Rechnerisch wäre es einfach, 7 Mrd. aus dem Bundeshaushalt wieder umzuwidmen, "aber politisch ist es schwierig". Die vergangenen Jahrzehnte hätten gezeigt, dies sei praktisch nicht zu machen. Die Mittel aus dem Reparaturfonds wären dagegen zweckgebunden. Der ADAC wandte sich gegen eine Sonderabgabe. Die öffentliche Hand nehme jährlich rund 53 Milliarden Euro an spezifischen Abgaben der Autofahrer ein. Tatsächlich würden jährlich aber lediglich 19 Mrd. Euro für Bau und Unterhalt der Straßen in Deutschland ausgegeben, teilte der Autoclub mit. Ähnlich argumentierte die IHK Schleswig-Holstein. Unter dem Strich dürfe es in keinem Fall zu einer Mehrbelastung der Straßennutzer kommen. Auch SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel zeigte wenig Verständnis: Für die schwarz-rote Bundesregierung sei eine solche Sonderabgabe kein Thema – "im Koalitionsvertrag findet sich dazu nichts", sagte er am Rande seines China-Besuchs in Peking. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nannte Albigs Vorstoß "verwunderlich". "Dafür gibt es in der schwarz-roten Koalition keine Mehrheit", sagte er der "Passauer Neuen Presse".

Linke-Chef Bernd Riexinger vermutete im Interview der "Ruhr Nachrichten", die große Koalition wolle gleich nach den Landtagswahlen im Herbst eine allgemeine Pkw-Maut auf den Weg bringen. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter machte sich in den "Ruhr Nachrichten" für eine Ausweitung der Lkw-Maut stark. Ralf Stegner, SPD-Bundesvize und SPD-Landeschef in Kiel, lehnte Albigs Vorschlag nicht rundweg ab. Dass es einen milliardenschweren Sanierungsbedarf gebe, könne niemand bestreiten, sagte er "Handelsblatt Online". Aber: "Klar ist: Alle denkbaren Lösungswege müssen immer sozialverträglich und ökologisch vernünftig ausgestaltet und finanziert werden."

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