Unter erschwerten Bedingungen

Einkaufszentrum in Sandsteinoptik gebaut

Architektur
Ein Sandsteinfels mitten in der Stadt: Die besondere Farbgestaltung des neuen Rotenburg-Centers erregt nicht nur Aufmerksamkeit, sondern lockert den Baukörper auch optisch auf, so dass er weniger wuchtig wirkt. Foto: List Bau

ROTENBURG (ABZ). - Der Bauplatz für das neue Shopping-Center in Rotenburg an der Fulda war so knapp bemessen, dass kaum Platz für Maschinen und Container blieb. Erschwerend hinzu kam, dass das Gelände von Straßen und Gleisen umschlossen, die durch den Bau nicht beeinträchtig werden durften. Um dennoch die gesetzte Frist von 14 Monaten einhalten zu können, arbeiteten die Bauherren Sepa Projekt- und Entwicklungsgesellschaft mbH und Activ-Development GmbH & Co. KG mit einem erfahrenen Generalunternehmer zusammen. Die List Bau Bielefeld GmbH koordinierte rund 50 Nachunternehmen mit zeitweise 100 Mann auf der Baustelle und bekam dabei sogar Unterstützung von den Anwohnern.

Das Stadtzentrum beleben und neue Kaufkraft schaffen, indem vor allem hochwertige Geschäfte neu angesiedelt werden – das war das erklärte Ziel der hessischen Stadt Rotenburg an der Fulda bei ihrem Ausschreibungswettbewerb im Sommer 2010. Den Zuschlag erhielt das von der Gestaltung über die Belegung bis zur Mitbestimmung für die Stadt durchgeplante Konzept von Sepa. Allerdings galt es vor Baubeginn noch eine bürokratische Hürde zu überwinden, wie Ihab Mousa, projektverantwortlicher Architekt bei der Epa Planungsgruppe GmbH, berichtet: "Das angedachte Gelände war nicht für eine solche Nutzung eingetragen. Wir mussten daher zunächst ein umfangreiches Bebauungsverfahren durchlaufen, einschließlich Handels-, Verkehrs- und Schallschutzgutachten, um überhaupt einen Bauantrag stellen zu können."

Eine weitere Schwierigkeit war die Lage des Grundstücks: Der frühere Wohnmobilstellplatz ist im Norden durch die Bundesstraße 83, im Westen durch die stark frequentierte Straße "Brücke der Städtepartnerschaft" und im Süden durch die Gleise der Deutschen Bahn eingeschlossen. Im Osten grenzt der Waldweg das Areal ein und verbindet es zugleich über eine Brücke mit dem nördlich gelegenen Wohngebiet. Die Höhendifferenz beträgt auf dem Gelände im Durchschnitt 6 m, der höchste Punkt am Waldweg liegt sogar rund 10 m über dem tiefsten an der Brücke der Städtepartnerschaft.

Die Planer mussten daher zuerst entscheiden, auf welchem Niveau die Hauptebene angelegt werden sollte. Eine Orientierung an der tiefer liegenden Seite hätte umfangreiche Aushubarbeiten erfordert, bei einer Ausrichtung an der höheren Lage hätte man unschöne Stützmauern errichten müssen. "Wir haben uns schließlich auf den Mittelwert festgelegt", so Mousa. "Das kam auch dem Wunsch der Stadt entgegen, das Center über die Straße zum Güterbahnhof an den Verkehr anzubinden, die etwa auf der gleichen Höhe verläuft." Dennoch mussten gut 18.000 m³ Erde bewegt werden, um eine ebene Fläche zu schaffen.

Mit der Koordination und Realisierung des Baus wurde List Bau Bielefeld als Generalunternehmer betraut. Um den straffen Zeitplan, der auch mit den künftigen Mietern abgesprochen war, einzuhalten, arbeitete List Bau mit rund 50 Nachunternehmern und beschäftigte zeitweise über 100 Personen auf der Baustelle.

Da das Gelände allerdings fast vollständig von dem Einkaufszentrum belegt wurde, blieb kaum Platz für Baucontainer, Maschinen und Kräne. "Zum Glück hatten unsere Poliere vor Ort einen sehr guten Draht zu den Anwohnern. Ein Ehepaar hat uns sogar seinen Garten für unsere Baustelleneinrichtung zur Verfügung gestellt", erzählt List Bau-Projektleiter Dirk Baehr. Zusätzlich wurde das Gebäude, um Platz zu sparen, zu über 80 % nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzt. Insgesamt 923 Fertigteile aus Stahlbeton konnten so direkt ab Anlieferung verbaut werden, lediglich Stützen und Wandstreben mussten dazwischen errichtet werden. Auf diese Weise wurde kaum Lagerfläche für Baustoffe benötigt und die Bauzeit ließ sich stark verkürzen.

Bei allen Arbeiten musste zum einen auf die Gründungen der vorhandenen Brücken und zum anderen auf die Verkehrswege selbst geachtet werden, insbesondere auf die Bahnstrecke mit ihren Oberleitungen. Über letztere wurde eine neue Fußgängerüberführung vom Parkdeck des Centers zu einem eigens errichteten Turm mit Treppe und Aufzug konstruiert, die einen direkten Zugang zur Innenstadt bietet. Um die nötige Streckensperrung dabei möglichst kurz zu halten, wurde die 19 m lange und 5,3 t schwere Brücke aus Aluminium-Elementen vollständig vormontiert und in einem Stück eingehoben.

Da ein Sicherheitsabstand zu den Leitungen gewahrt werden musste, endet der Übergang etwa 2 m über dem Dachniveau des Einkaufscenters. Eine lange Rampe überbrückt den Höhenunterschied rollstuhl-, fahrrad- und kinderwagenfreundlich.

Das Parkdeck selbst liegt nicht wie meist üblich unter, sondern auf dem Gebäude. 240 Pkw haben auf dem über eine Rampe erreichbaren Dach Platz.

Auffälligste Besonderheit des Rotenburg-Centers ist aber wohl sein Äußeres: Die wärmegedämmte Fassade ist zu rund zwei Dritteln mit mosaikartigen Farbflächen in unterschiedlichen Rottönen gestrichen. "Rot wegen Rotenburg und weil die Farbe auch in der Innenstadt häufig zu finden ist", so der Architekt. "Außerdem erzeugt sie Aufmerksamkeit, ein wichtiges Kriterium für ein Einkaufzentrum." Die Aufteilung in verschiedene Farbfragmente bricht den wuchtigen Betonkörper optisch auf und lässt ihn kleiner wirken. Gleichzeitig erinnert die Gestaltung an die Bruchkanten des für die Region typischen Buntsandsteins. Um Farbkonflikte zu vermeiden, wurden die Werbeinstallationen der Mieter nicht direkt auf der Fassade, sondern an der umlaufenden Aluminium-Brüstung des Parkdecks angebracht. Im Sockelbereich wurde der Bau dagegen in weniger schmutzanfälligem Betongrau belassen und zusätzlich mit Anti-Graffiti-Schutz gestrichen. Eine feine Wandstrukturierung mittels Matrizen wertet aber auch diesen Bereich architektonisch auf.

Insgesamt 13 Geschäfte beherbergt das Center. "Dank der guten Koordination der Gewerke konnten alle Läden trotz der schwierigen Bedingungen und einer siebenwöchigen Schlechtwetterperiode pünktlich zum Stichtag ihre Pforten öffnen", so der Projektleiter von List Bau.

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