Verborgen und doch präsent

Begehbare Schale aus Beton gefertigt

Betonfertigteil Architektur
Unterschlupf mit archaischem Charakter – der Kobel. Foto: InformationsZentrum Beton

Rimpar (ABZ). – Der Kobel ist der Dreh- und Angelpunkt des ökologischen Themenwanderwegs der Gemeinde Rimpar – und ein Paradestück dafür, wie Topografie und ein Gebäude auf ideale Weise miteinander verschmelzen. Möglich wird das durch ein innovatives Planungskonzept, den flexiblen Baustoff Beton ein ausgeklügeltes Herstellungsverfahren und ein eingespieltes Team. Im Juni 2015 hat Rimpar sein neues Markenzeichen offiziell eröffnet.

Einen kleinen Verschlag für Haustiere oder ein Nest für Eichhörnchen und Haselmaus nennt man Kobel. In der bayerischen Gemeinde Rimpar, etwa 10 km nördlich von Würzburg gelegen, ist jetzt mit dem Kobel ein mit der Landschaft nahezu verschmelzender Unterschlupf entstanden, der allerdings in erster Linie Menschen Zuflucht bietet. Mehr noch: Das Bauwerk ist gedacht als Auftakt oder Zielort einer Wanderung durch die Weinlandschaft am Kobersberg und gleichzeitig architektonischer Bestandteil des "Kobelweg Rimpar – Ökologie entdecken". Bauherrin ist die Gemeinde Rimpar, die den Kobel fortan als Markenzeichen für den Ökolehrpfad etablieren möchte. An der West-, Nord- und Ostseite ist der Kobel komplett in die Topografie eingelassen, nur zur Südseite öffnet er sich dem Besucher. Im Innern nimmt dieser Begriffe zum Thema Ökologie wahr, die erste Fragen aufwerfen, einen Impuls zum Nachdenken geben und auch die Emotionen ansprechen – so das inhaltliche Konzept. "Der Kobel soll gar nicht wie ein Gebäude wirken, sondern einerseits wie ein Hügel, um die Aussicht genießen zu können. Andererseits ist er wie ein Erdloch, in das man eintreten kann, um Schutz zu suchen oder sich auszuruhen – eine gebaute Topografie. Ich möchte subtil mit dem Ort, aber auch mit den gewünschten notwendigen Funktionen umgehen", erklärt der Architekt Jochen Hofmann.

In seiner Grundfläche misst der Kobel 8 x 8 m, hat etwa 45 m Nutzfläche, bietet Platz für ungefähr 50 Personen und sein höchster Punkt liegt bei 3,40 m. Nicht nur in den Dimensionen unterscheidet sich das Bauwerk von einem filigranen Kleintierunterschlupf, auch beim eingesetzten Material: Der Kobel ist eine homogene, offene Schale aus sandgestrahltem Beton der Festigkeitsklassen C30/37, XCF, XF1 WF, Zuschlag Muschelkalk. In seinem Inneren lädt eine umlaufende Bank aus Eichenholz zum Verweilen ein.

Mittelpunkt bilden ein Tisch und Lichtdom aus Cortenstahl, der das begehbare begrünte Dach mit dem Innenraum verbindet. Da sich der Kobel topografisch und hinsichtlich der eingesetzten Materialien harmonisch in die Umgebung eingliedern soll, wurden Rohstoffe gewählt, die erst mit längerer Nutzung ihren Charme entwickeln. Daher fiel die Wahl auf den witterungsbeständigen Cortenstahl, der umso attraktiver wird, je länger er äußeren Einflüssen ausgesetzt ist. Zusammen mit dem für die Sitzbank verwendeten Eichenholz aus Rimpar wird durch den Cortenstahl-Tisch, die Lichtkuppel und die Geländeeinfassung ein harmonischer Kontrast zur rauen Betonoberfläche geschaffen.

"Nach der Trocknungszeit wurde der verdichtete Sandbeton in Kleinarbeit mit einem Minibagger aus dem Kobel heraus gebaggert. Die Oberfläche mussten wir sogar in Handarbeit freigelegen", erzählt der Architekt Jochen Hofmann, dem der Kobel schon die ein oder andere schlaflose Nacht bereitet hat. Doch das gehört wohl dazu bei einem so außergewöhnlichen Projekt, zumal seiner Ansicht nach "alle Beteiligten wie Bauherrin, Tragwerksplaner, Baufirma und alle sonstigen Partner einwandfrei zusammengearbeitet haben. Danke an alle, wir haben gemeinsam etwas Außergewöhnliches geschaffen". Jetzt haben die Menschen in der Gegend um Rimpar eine Attraktion, die ihnen die Natur näher bringt – und das haben sie am Tag nach der offiziellen Eröffnung ausgiebig gefeiert.

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Betonfertigteil Architektur
Um die Halbschale später drehen zu können, betonierte man zwei Einbauteile in die Schale mit ein. Foto: hofmann keicher ring architekten

"Wichtig ist, dass die Materialien gut altern können und auch auf Dauer beständig bleiben. Der Charakter der Materialien soll archaisch sein und bleiben", erklärt Jochen Hofmann, der ohnehin damit rechnet, dass der Kobel im Lauf der Jahre "Patina" ansetzt. Um die sandgestrahlten Betonflächen vor unliebsamen Sprayer Attacken und vor zu starker Verwitterung zu schützen, wurden die Betonoberflächen hydrophobiert. "Ein Bauwerk kann man nie zu 100 % vor Schmierereien schützen. Wir versuchen aber im Vorfeld die Menschen zu sensibilisieren, achtsam mit ihrem Kobel umzugehen. Der soll aber keineswegs nur mit Samthandschuhen angefasst werden, sondern lebt und gewinnt durch die Be- und Abnutzung an Qualität und Charme."

Die Idee zur Schale kam dem Architekten beim Kochen genauer beim Kartoffelschälen, nachdem er lange nach einer geeigneten Form für den Kobel gesucht hatte. "Daher war das erste Modell tatsächlich eine halbierte und in der Mitte ausgehöhlte Kartoffel", so Hofmann. Weiter ging es dann am Computer, später wurde die finale Form anhand eines 3D-Modells exakt bestimmt. Die Herausforderung war nun, dieses Planungsmodell in seinen genauen Dimensionen in die Realität umzusetzen. Dabei sollte alles möglichst ohne sichtbare Trennfugen im Bauteil und insgesamt wirtschaftlich ausgeführt werden. "Wir haben lange überlegt, wie man Boden, Wand und Decke aus einem Guss herstellen kann. Schnell war klar, dass man hier nur mit Beton arbeiten kann, um diesen monolithischen Charakter zu erhalten", so Hofmann. Für die weitere Ausführung auf der Baustelle wandte sich der Architekt an die Baufirma Liebstückel GmbH, vor allem Martin Liebstückel, und an das Ingenieurbüro WSP Ingenieure. Vor der Herstellung der großen Form fertigte man zunächst ein kleines Modell an. "Das Verfahren haben wir im Vorfeld gemeinsam mit der Baufirma und dem Tragwerksplaner entwickelt und beim Kobelprojekt erstmals getestet," so Jochen Hofmann.

Der Kobel besteht aus zwei Halbschalen, die vor Ort hergestellt wurden. Der erste Abschnitt war das Boden-/Wandelement. "Hier kam es darauf an, zunächst eine saubere, ebene Arbeitsfläche aus Magerbeton zu erstellen. Der Beton durfte allerdings nicht zu flüssig sein", erklärt Martin Liebstückel. Die Liebstückel GmbH hatte die Betonierarbeiten des Kobels ausgeführt. Verbaut wurde ein Magerbeton der Festigkeitsklasse C 12/15. Magerbeton besteht aus weniger Zement und mehr Sand im Vergleich zu anderen Betonarten, was zu einer geringen Druckfestigkeit und statischen Belastbarkeit führt. Eingesetzt wird er daher vor allem als Schutzschicht bei Dichtungsanlagen oder wie hier beim Kobel für den Ausgleich von Geländeflächen, um ein einheitlichen Niveau zu erzielen. Auf dieser mit Magerbeton ausgeglichenen Fläche wurde die Grundform des Boden-/Wandelementes "aufgerissen".

Da der Kobel etwa 1 m ringförmig aus dem Gelände hinausragt, fertigte das Bauteam ein CAD-basiertes Lehrgerüst aus Holzschablonen für die Schalung an. "Dieses wurde mit Auffüllmaterial aus Sandbeton aufgefüllt, verdichtet und mit einem Ausgleichsputz abgezogen. Auf der Baustelle wurde ein Negativ als Schalung hergestellt", erklärt Martin Liebstückel das aufwändige Verfahren. Auf dieser Schalung wurde die Bewehrung verlegt. Um die Halbschale später drehen zu können, betonierte man zwei Einbauteile in die Schale mit ein.

Nach der Trocknungszeit wurde das Boden-/Wandelement in einer spektakulären Aktion mit zwei Autokränen gewendet und in die finale Position gebracht. Anschließend konnte auf diesem Bauabschnitt der Aufbau der zweiten Halbschale des Wand-/Deckenelementes erfolgen. Hierzu wurde das Boden-/Wandelement vollständig mit Sandbeton aufgefüllt und darauf in gleicher Vorgehensweise wir zuvor beschrieben die Schalung für das Wand-/Deckenelement hergestellt. Darauf wurde wied

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