Verpflichtungen aus Pariser Abkommen erfüllen

Warum Fertigteile eine zentrale Rolle bei der Verringerung des CO2-Ausstoßes von Beton spielen

Toijala/Finnland (ABZ). – Die werkseitige Herstellung von Betonfertigteilen kann den CO2-Ausstoß um 25 % senken und hat das Potenzial, jährlich Milliarden Tonnen an CO2-Emissionen einzusparen. Warum also wird das Thema so vernachlässigt, fragt Mats Jungar, CEO von Elematic, einem finnischen Hersteller in der Fertigbetonteileproduktion.
Beton
Elematic macht sich für die Produktion von Fertigteilbeton stark und sieht die Chance, die CO2-Bilanz von Beton zu reduzieren. Foto: Elematic

Auf der einen Seite sind die Rohstoffe für Beton in Hülle und Fülle vorhanden, und die Herstellung von Betonfundamenten und -strukturen ist nicht teuer. Aber auf der anderen Seite trägt Beton mit8 % zum weltweiten CO2-Ausstoß bei. Das sind unvorstellbare 3 Gt CO2. Und das Jahr für Jahr. Es herrscht allgemeine Einigkeit darüber, dass dieser Wert gesenkt werden muss, damit die Welt die Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen erfüllen kann.

Das Problem ist, dass es nach Angaben von Elematic keine sofort verfügbaren und bezahlbaren Alternativen zu Beton gibt. Der Ersatz von Beton durch Stahl, Ziegel oder Holz ist nicht wirtschaftlich und würde, wenn er in den weltweit benötigten Mengen verwendet würde, ebenfalls Umweltprobleme verursachen. Finnland beispielsweise müsste in seinem waldreichen Land in nur wenigen Jahren alle Bäume fällen, um Beton durch Holz zu ersetzen.

Beton ist laut Elematic also leicht zu kritisieren, aber schwer zu ersetzen. Es werde auch versucht, die Lieferkette von Beton umweltfreundlicher zu machen – etwa durch die Entwicklung von CO2-freiem Stahl für Bewehrungsstäbe, den Verzicht auf kohlebefeuerte Öfen zur Herstellung von Zementklinker oder den Ersatz von Zement durch Flugasche. Doch das CO2-Problem von Beton wird sich dadurch nach Aussage von Elematic kaum lösen lassen.

Wenn Ihnen jemand sagen würde, dass es heute eine Technologie gibt, mit der Betongebäude mit einem um 25 % geringeren CO2-Ausstoß gebaut werden können, würden Sie das glauben? Nun, es gibt sie – und es gibt sie nicht, so Mats Jungar.

Fertigteile als Alternative

Die Lösung besteht laut Elematic darin, Wände und Böden nicht in Ortbeton zu gießen, sondern in streng kontrollierten Fertigteilanlagen herzustellen. Während eine auf der Baustelle gegossene Decke aus massivem Beton besteht, werde bei einer Hohldielendecke – mit ihren Hohlräumen im Kern – nur etwas mehr als die Hälfte des Betons benötigt. Der Zementverbrauch sinkt nach Aussage von Elematic um ein Drittel pro Kubikmeter Beton, da das Verdichtungsverfahren im Werk wesentlich effektiver ist.

Selbst der Stahlverbrauch ist geringer, da er vor dem Gießen des Betons vorgespannt wird, so dass pro Quadratmeter Hohldiele etwa 10 bis 15 kg weniger Stahl benötigt werden. Und das ist noch nicht alles – weil die vorgefertigten Hohlkörperdecken so viel leichter sind, wird auch weniger Beton für die Fundamente benötigt. Und die Anzahl der tragenden Innenwände kann erheblich reduziert werden.

Die Liste der Vorteile beim Einsatz von vorgefertigten Betonelementen gegenüber Ortbeton ist nach Aussage von Elematic lang. Die Möglichkeit, Dämmstoffe in den Prozess einzubauen, senkt nicht nur die Heizkosten im Winter, sondern kann auch die Kosten für Klimaanlagen (und den damit verbundenen CO2-Ausstoß) in heißen Klimazonen senken. Ausschuss ist ein Problem beim Betonieren auf der Baustelle. Dagegen kann bei Fertigteilen jedes überschüssige Material wieder in den Produktionsprozess zurückgeführt werden.

Anders als in heißen Klimazonen, wo große Mengen an Wasser zum Schutz des frisch gegossenen Betons benötigt werden, ist in einer werkseitig kontrollierten Fertigteilumgebung kein zusätzliches Wasser erforderlich. Umweltverschmutzung beschränkt sich nicht nur auf CO2 – bis zu 25 % der Luftverschmutzung in Großstädten ist auf Staub zurückzuführen, der durch die Betonbauweise entsteht. Die Herstellung von Fertigteilen bietet nach Angaben von Elematic ein enormes Potenzial zur Verbesserung der Luftqualität in Innenstädten.

Nicht zuletzt kann durch die Verwendung von Fertigteilböden und -wänden die Bauzeit um ein Drittel verkürzt werden. Die Tatsache, dass die Elemente einer strengen Qualitätskontrolle unterliegen und an Ort und Stelle gehoben und montiert werden können (oft ohne Gerüst), verbessert die Sicherheit auf der Baustelle. Trotz aller Vorteile gegenüber Ortbeton ist die Herstellung von Betonfertigteilen nicht perfekt, und Elematic arbeitet nach eigener Aussage daran, die eigene CO2-Bilanz zu verbessern. Zu diesem Zweck hat Elematic vor kurzem die Anforderungen der Norm ISO14001 erfüllt, die dabei helfen soll, die Umweltleistung durch effizientere Ressourcennutzung und Abfallreduzierung zu verbessern – und den CO2-Ausstoß zu verringern.

Elematic sei sich bewusst, dass der größte Teil des CO2-Ausstoßes, der durch seine Fertigteiltechnologie verursacht wird, in der Nutzungsphase beim Kunden entsteht. Aus diesem Grund bietet Elematic eine Reihe von Dienstleistungen an, die Kunden helfen soll, ihreCO2-Bilanz zu ermitteln und Maßnahmenpläne zu deren Reduzierung zu erstellen. Die Erstellung der CO2-Bilanz einer Anlage ist der erste Schritt zu einer kohlenstoffarmen Elementefertigung.

Um den CO2-Ausstoß eines Bauprodukts zu bestimmen, muss die CO2-Bilanz des Produktionsprozesses bekannt sein, einschließlich der Emissionsauswirkungen der verwendeten Energie und Rohstoffe sowie des CO2-Ausstoßes der hergestellten Betonelemente. Elematics hilft nach eigenen Angaben bei der Ermittlung der effektivsten Möglichkeiten zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen von Fertigteilwerken.

Elematic sieht seine Aufgabe darin, die Produktion von Fertigteilen so effizient wie möglich zu gestalten – mit weniger Material, Energie, Zeit – und CO2. Das Herzstück dieser Modernisierungstechnik bilde die Prozessautomatisierung und Plant Control, eine Software-Suite, die die Optimierung von Fertigteilprozessen mit der neuesten IT verbinde. Mit Blick auf die Zukunft beteiligt sich Elematic auch an der Finanzierung des LOIKKA-Projekts, eines Joint Ventures, das darauf abzielt, die Treibhausgasemissionen der Betonindustrie drastisch zu reduzieren. Im Rahmen dieses Projekts werden CO2-arme Betonfertigteile getestet.

Der Übergang zu emissionsarmen Betonelementen stellt Betonfertigteilwerke vor eine Produktivitätsherausforderung: Wie kann die Produktion aufrechterhalten werden, wenn kohlenstoffarme Betonelemente langsamer trocknen als herkömmliche Betonelemente (bis zu doppelt so lange)? Die Kunden von Elematic betreiben Hunderte Fabriken auf der ganzen Welt. Wenn Elematic ihnen helfen kann, den Übergang zu kohlenstoffarmem Beton zu schaffen, werde dies weitreichende Auswirkungen auf das Klima haben.

Höhere Priorität für Klimaschutz

Wenn also die Betonfertigteilproduktion in vielerlei Hinsicht so gut ist, warum ist sie dann nicht beliebter? Die Antwort liegt laut Elematic darin, dass Bauunternehmen bei Ausschreibungen meist den Zuschlag erhalten, wenn sie am billigsten und nicht am umweltfreundlichsten sind. Hinzu kommt, dass niemand in der Wertschöpfungskette des Bauwesens für die CO²-Emissionen eines Gebäudes verantwortlich ist. Von den großen Volkswirtschaften fördere nur China den Einsatz der Fertigteilbauweise. Dies ist nach Angaben von Elematic die Lösung: Nur durch neue Gesetze und Vorschriften kann der umweltschädliche Kreislauf der Entscheidung für Ortbeton durchbrochen werden. Die Ironie dabei sei, dass der Ruf von Ortbeton, die billigste Variante zu sein, nicht wirklich gerechtfertigt ist. Wenn man die kürzeren Bauzeiten, den geringeren Bedarf an Arbeitskräften und den geringeren Abfall berücksichtigt, sind Fertigteile mit der Ortbetonbauweise laut Elematic durchaus vergleichbar.

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