"Vertical Cloud Technologie" für die Bauindustrie

Herausforderungen der Digitalisierung meistern

von: Rainer Diehl und Andreas Dieterle

Stuttgart. – Die Digitalisierung ist Segen und Fluch zugleich: Während viele Branchen, allen voran der Maschinenbau und die Automobilindustrie, durch digitale Prozesse und eine intensive Vernetzung dieser von signifikanten Produktivitätssteigerungen profitieren, haben andere Industriezweige, etwa das Bauwesen, sowohl damit als auch mit den Auswirkungen der anstehenden, massiven Informationsüberflutung zu kämpfen. Mit der strukturierten Verarbeitung dieser Informationen und Massendaten tut sich die Branche noch schwer. Und auch wenn die Bauwirtschaft das selbst noch nicht umfassend realisiert hat, ist auch dieser Industriezweig längst in der digitalen Welt angekommen: Allein innerhalb der vergangenen vier Jahre sind mehr als 90 % aller digitalen Daten entstanden – weltweit und ebenso branchenunabhängig. Diese setzen sich aus Projekt- und Unternehmensinformationen auf Basis vieler, unterschiedlichster Datenquellen zusammen. Solche Datenmengen sind mit einer klassischen in-House-Serverlandschaft eines Unternehmens bei gleichzeitig extrem schnell voranschreitendem Fortschritt von Technologien nicht mehr zu überschauen und zu organisieren.Die Herausforderungen des digitalen Zeitalters für ein Unternehmen manifestieren sich bereits, wenn bestimmte Informationen, die für den Projektverlauf zwingend erforderlich sind, sich plötzlich nicht mehr innerhalb der hauseigenen IT zeitnah und zielgerichtet auffinden lassen. Anbieter von modernen Cloud-Technologien versprechen hier Abhilfe. Bei der Nutzung von Plattformen im WWW stellen sich Planer und Bauunternehmen jedoch zunächst die Frage nach der Sicherheit eigener Unternehmensdaten. Dies ist nicht verwunderlich, denn der Begriff Cloud-Services ist größtenteils negativ besetzt. Von den großen, in der B2C-Welt vorherrschenden Anbietern ist bekannt, dass Datenauswertungen häufig dazu dienen, Menschen auszuspionieren, mit dem Ziel, den Anwender mit nutzerspezifischen Werbeangeboten zu überfluten und bei Suchanfragen die ersten Informationen gezielt auf den Anwender zuzuschneiden. Sämtliche Informationen sind den Konzernen bekannt, bis hin zum preislichen Niveau von Artikeln, die ein Internetuser online bestellt. Wie soll eine solche, durch künstliche Intelligenz (KI) unterstützte Technologie einer Branche wie dem Bauwesen konkrete Mehrwerte bringen? Zum einen haben Technologien wie diese keinerlei Kenntnis über die Branche selbst und deren spezielle Anforderungen im Rahmen der Bauprojektabwicklung. Zum anderen betrachten Geschäftsführer und Inhaber sowie IT-Verantwortliche Jobs im Unternehmen als hoch gefährdet, insbesondere in den eigenen IT-Abteilungen. Zusätzlich fürchten sie, dass Unternehmensdaten in einer Cloud nicht ausreichend gesichert sind.Um einem Industriesegment bei den täglichen Aufgaben echte Hilfestellung zu leisten, ist es erforderlich, dass eine solche Cloud-Lösung die Branche selbst und vor allem deren individuelle Anforderungen sehr gut kennt. Um sowohl öffentlichen Verwaltungen als auch privaten Bauunternehmen innerhalb der Bundesrepublik echte Mehrwerte zu bescheren, sollte so eine Technologie in der Lage sein, zum erfolgreichen Abschluss von deutlich mehr Bauvorhaben im Hoch- und im Tiefbau innerhalb kürzester Zeit beizutragen. Eine so genannte "Vertical Cloud Lösung", das heißt ein branchenorientiertes System, sollte dabei im Unternehmen entlang der Prozesskette in einem 5D-BIM-Modell selbst gesammelte Erfahrungswerte intensiv auswerten und auch in neue Bauaufgaben aktiv einbringen können. Und nicht nur das: Auch Erfahrungswerte sämtlicher Projektpartner, heruntergebrochen auf jedes einzelne Gewerk auf einer Baustelle bis hin zur kompletten Baulogistik, gehören in eine solche Auswertung.

Faktoren beeinflussen Projekt
Welche Faktoren beeinflussen die erfolgreiche Realisierung eines Projekts im gewünschten Termin- und Kostenrahmen? Und wie lassen sich unvorhergesehene Ereignisse im Voraus und während der Bauausführung vermeiden? Wie funktioniert eine Vertical Cloud in der Praxis? Als Anschauungsbeispiel soll hier zunächst ein Ausschank- und Verzehrstand auf einem Sommerfest in einer Kommune dienen. Wie viel Essen und wie viele Getränke werden benötigt? Nicht nur die eigenen Erfahrungswerte der Veranstalter aus den Vorjahren oder von vergleichbaren Veranstaltungen helfen, hier eine korrekte Prognose zu treffen. Hinzu kommen viele zusätzliche Faktoren. Es beginnt mit der Wettervorhersage. Bei schlechtem Wetter sind Veranstaltungen im Freien in der Regel schlecht besucht. Wird es sehr heiß, wird mehr Wasser getrunken. Finden in benachbarten Gemeinden zu früheren Uhrzeiten bspw. Sportveranstaltungen statt, kann statistisch ermittelt werden, zu welchem prozentualen Anteil Sportler und Angehörige im Anschluss die Veranstaltung nutzen, um zu essen und zu trinken. Eine KI, die alle diese, vertikal mit dem Event verknüpften Informationen, kennt, kann hochrechnen, wie viele und welche Speisen und Getränke tatsächlich konsumiert werden. Diejenigen Ressourcen, die für ein Sommerfest wie oben beschrieben benötigt werden, sind unbedeutend im Vergleich zu der Menge an Ressourcen, wie Baustoffe, Materialien, Maschinen, Geräte und Personal, die es braucht, um ein Bauprojekt abzuwickeln. Im Hoch- und noch mehr im Tiefbau ist das Wetter ein entscheidender Faktor dafür, wie schnell ein Bauvorhaben voranschreitet. Je größer die Baumaßnahme, desto mehr Subunternehmer sind involviert. Auch hier ist es optimal, zu wissen, wann welches Unternehmen bspw. Betriebsferien hat und wie hoch der aktuelle Krankenstand regional in einer Grippesaison tatsächlich ist. Beim Schlüsselfertigbau eines Hauses sollten schließlich alle Gewerke optimal aufeinander abgestimmt sein, um zu einem zügigen Abschluss zu kommen.
Leerzeiten kosten Geld
Leerlaufzeiten sind unerwünscht und kosten Geld. Materialanlieferungen sollten exakt so geplant sein, dass Baustoffe nicht zwischengelagert oder gar umgeschichtet werden müssen. Insbesondere bei größeren Straßenbauprojekten mit mehreren Bauabschnitten können logistische Fehlplanungen zu massiven Verzögerungen und daraus resultierenden, sehr hohen Mehrkosten führen. Ein entscheidender Faktor, insbesondere im Straßen- und Tiefbau, sind vor allem auch Maschinen. An jedem Abschnitt ist sicherzustellen, dass exakt so viele Maschinen vor Ort und funktionsfähig sind, die benötigt werden, um eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Stehen Maschinen still, wird es teuer. Fehlt ein Lkw oder ein Bagger aufgrund von Defekten, wird es noch teurer. Hierbei können Wartungsinformationen eine große Hilfe sein. Und das nicht nur im firmeneigenen Maschinenpark, sondern genauso bei allen Partnern, die mit Maschinen und Geräten am Projekt mitwirken. Urlaubs- und Krankheitsdaten sowie Informationen über konkrete Qualifikationen, etwa Führerscheine oder Zertifikate für Aufgaben im Sicherheitsbereich, helfen dabei, Baustellenteams exakt so zusammenzustellen, wie sie vor Ort benötigt werden. Für eine einwandfreie Logistik sind Schulferienzeiten – auch in den angrenzenden Bundesländern – ein entscheidendes Kriterium, um den Verkehrsfluss und das rechtzeitige Ankommen von Baustoffen sicherzustellen. Wann sind auf der Strecke zur aktuellen Baumaßnahme größere Baustellen auf der Autobahn geplant und wann sind diese fertiggestellt?Dies sind nur wenige Beispiele, bei denen eine intelligente Vertical Cloud ansetzen könnte, um Bauvorhaben durchgängig zu vereinfachen und damit die Grundsteine für einen reibungslosen Bauablauf zu legen. Werden diejenigen Daten, die für eine umfassende Planung benötigt werden, allesamt vorab ausgewertet, kann die Qualität bei gleichzeitig reduzierten Baukosten nachhaltig gesteigert werden. Dies alles ist jedoch nur dann möglich, wenn unterschiedliche Datenquellen systematisch vernetzt und innerhalb der Baubranche global verarbeitet werden.Eine Lösung, die so aussieht, sollte transparent und hinsichtlich der Kosten kalkulierbar sein. Ein Preismodell mit monatlichen Nutzungsraten wäre hierfür vorstellbar, als Flatrate oder bei dem die Gebühren, je nach Funktionsumfang, den ein Mitarbeiter benötigt, variieren können. Während einem Bauabrechner nur weniger Features dieses Gesamtpakets für seinen Aufgabenbereich ausreichen, sollte ein Projektleiter auf sämtliche Daten in der Vertical Cloud zugreifen können, um aktiv zum Projekterfolg beizutragen.Durch Clouddienste werden dem Unternehmen die Anschaffungs- und Betriebskosten teilweise erspart, da der Service-Provider die komplette IT-Administration und weitere Dienstleistungen, wie Wartungsarbeiten und Updates, übernimmt. Hierbei wird von Managed Services gesprochen. Zu diesem Zweck wird die IT-Infrastruktur, einschließlich aller administrativen Aufgaben, ausgelagert, und der Servicenehmer kann sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Damit die Sicherheit der umfassenden Unternehmensinformationen in der Cloud gewährleistet ist, empfiehlt sich eine bewährte, im B2B-Umfeld etablierte Softwarelösung, die auch andere Branchen, wie etwa der Maschinenbau, bereits mit Erfolg einsetzen. Die IT-Abteilung eines Baukonzerns oder eines öffentlichen Bauherren kann sich dann damit auseinandersetzen, das eigene Unternehmen oder die Behörde mit modernsten, mobilen Endgeräten auszustatten und so ein wirtschaftliches Arbeiten unterstützen. Die riesigen Datenmengen stellen kein Problem mehr dar, denn darum kümmert sich die Vertical Cloud. Ein wichtiger Schritt für die gesamte Baubranche in die Zukunft.Die Autoren sind Product Manager bei dem Sotfware-Unternehmen RIB Deutschland.

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