Vorteile von Stahlverbundbrücken mit Spundwandwiderlagern

Bauzeit reduzieren und Wartungsaufwand verringern

Brückenbau
Die Ellerholzrampe-Brücke in Deutschland. Foto: Arcelor Mittal

Luxemburg/Luxemburg (ABZ). – Moderne Brückenbauprojekte stehen heute vor großen Herausforderungen. Die Öffentlichkeit, Politik und Baubehörden fordern Bauwerke, die in der Planung und Ausführung, in der Nutzungsphase sowie beim Rückbau kostengünstig sind. Somit bekommen die Lebenszykluskosten aber auch die volkswirtschaftlichen Kosten, die während der Bauzeit und während der Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen entstehen, eine erhöhte Relevanz. Politiker, Baubehörden und Baubeteiligte stehen vor der Herausforderung, zukunftsfähige Brücken zu bauen, für die nicht nur Baukosten zu reduzieren, sondern auch Faktoren wie Bauzeit, soziokulturelle Auswirkungen (während der Bauphase und der Nutzung), ökologische Auswirkungen auf die Umwelt sowie Instandhaltungskosten miteinzubeziehen sind.

In der Regel begünstige die heutige Vergabepraxis nur den billigsten Brückenentwurf, der zwar augenscheinlich zu geringeren Herstellungskosten führt, Folgekosten wie die Instandhaltung bzw. nachträgliche Ertüchtigungen verschiedener Brückenkomponenten aber meist vernachlässige, so Arcelor Mittal. Die Auswirkungen vergleichsweise langer Bauzeiten auf den Verkehr und die damit einhergehenden negativen Folgen für die Gesellschaft werden standardmäßig nicht berücksichtigt.

Ca. 80 % der Brücken im europäischen Straßennetz haben eine kleine oder mittlere Spannweite von weniger als 50 m. Für diese Brücken scheinen auf den ersten Blick die Stahlbeton- und Spannbetonbauweisen die billigsten Lösungen zu sein. Stahl- und Stahlverbundbrücken werden oft nur bei großen Spannweiten, Bauhöhenbeschränkungen oder bei der Anforderung an kurze Bauzeiten eingesetzt. Dass Verbundbrücken auch bei kürzeren Spannweiten ohne die vorgenannten Voraussetzungen wirtschaftlich interessante Lösungen bieten, zeigen laut Arcelor Mittal zahlreiche ausgeführte Beispiele in den vergangenen Jahren.

Bei zweifeldrigen Straßenbrücken mittlerer Spannweite mit konventionellen Widerlagern werden für die Herstellung der Widerlager ohne Bedarf an Verbauten ca. 40 % der gesamten Herstellungskosten der Brücke aufgewendet, mit Bedarf an Verbauten hingegen ca. 55 %. Hier können Arcelor Mittal zufolge Widerlager mit Spundwänden eine intelligente und wirtschaftliche Alternative zur konventionellen Bauweise sein. Denn die Spundwand könne beide Funktionen übernehmen und sowohl als Verbauwand als auch als bleibender, lastabtragender Bauwerksbestandteil dienen. Spundwände seien immer dort besonders wirtschaftlich, wo zur Erstellung des eigentlichen Bauwerks ein zusätzlicher Baugrubenverbau benötigt werde. Dies sei z. B. der Fall, wenn ein Geländesprung während der Bauphase abzufangen ist, beim Bauen unterhalb des Grundwasserspiegels oder wenn die Widerlagerbaugrube gegen Hochwasser zu sichern ist.

Des Weiteren könne die Ausführung von Spundwandwiderlagern, anstelle von Widerlagern mit temporärem Verbau, die Gesamtbauzeit um mindestens 10 % reduzieren, teilt Areclor Mittal mit. Auch der Entwurf einer Brücke mit Überbauten aus Verbundquerschnitten mit Walzprofilen aus hochfestem Histar-Stahl biete erhebliche Vorteile. Um die Baustelleneinrichtung und -arbeitsschritte zu minimieren, können diese Verbundquerschnitte bereits im Werk mit einer dünnen Betonplatte vorgefertigt und als im Bau- und Endzustand tragendes Element angeliefert werden. Während kurzer, nächtlicher Sperrpausen der zu überquerenden Trasse werden die Verbundträger eingehoben und auf den Lagern gesichert, so dass der zu querende Verkehr morgens zur Hauptverkehrszeit wieder freigegeben werden kann und somit Verkehrsbehinderung im Baubereich minimiert werden. Nachfolgende Arbeiten oberhalb der Fahrbahn können dann behinderungsfrei erfolgen.

Nicht nur die direkten Bauwerkskosten, sondern auch die volkswirtschaftlichen Kosten infolge von Verspätungen, erhöhten Treibstoffverbräuchen sowie Luftverschmutzungen durch Staus während des Lebenszyklus von Brücken, müssen heute in Betracht gezogen werden. Verkehrsstörungen haben eine immense wirtschaftliche Bedeutung.

Nach im Jahr 2016 veröffentlichten Daten kann überschlägig ein durchschnittlicher Monetarisierungsansatz von 20 Euro/h für einen im Stau stehenden europäischen Pkw-Fahrer angesetzt werden. Die Wahl eines Brückenentwurfs mit reduzierter Bauzeit und mit geringem Wartungsaufwand wird somit zum vorrangigem Ziel bei einer globalen Bewertung unter Berücksichtigung der Kosten externer Effekte. Insbesondere da Baustellen die Hauptursache für Verkehrsbehinderungen sind, und deren Häufigkeit aufgrund der ansteigenden Investitionen in die europäische Infrastruktur in den kommenden Jahren zunehmen werden.

In einer Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wurden Leistungsfähigkeit und Kosten einer auf Spundwandwiderlagern gegründeten Brücke (Entwurf 1) mit einer auf Stahlbeton-Widerlagern gegründeten Brücke (Entwurf 2) verglichen und bewertet. Der Vergleich betrachtet einen 2-feldrigen Überbau mit Spannweiten von jeweils 22,5 m und einer Überbaubreite von 11,5 m und ist repräsentativ für die Überführung einer Landstraße über eine 3-spurige Autobahn mit 70.000 Fahrzeugen pro Tag (DTV):

Entwurf 1 (Spundwandwiderlager): Spundwandlängen

  • 1 m für die Widerlagerwand;
  • 13 m für die Flügelwände.

Entwurf 2 (Stb.-Widerlager): Stahlbeton-Widerlager mit Pfahlgründung

  • vier Pfähle pro Kammerwand und zwei Pfähle pro Flügelwand;
  • Pfahllängen von jeweils 10 m bei einem Pfahldurchmesser von 90 cm.

Der Entwurf einer Verbundbrücke mit Spundwandwiderlagern im Vergleich zu einer Brücke mit Stahlbetonwiderlagern ergibt:

  • 7 % Einsparungen bei den Baukosten;
  • 3,5 % Kostenvorteil bei Betrachtung der Lebenszykluskosten (LZK) über 100 Jahre (unter Ansatz eines realen Diskontierungszinssatzes von 2 %);
  • bis zu 15 % Verringerung der volkswirtschaftlichen Kosten über den Lebenszyklus.

Stahlverbundbrücken mit Spundwandwiderlagern sind robuste Bauwerke und bedürfen geringer Wartung und Instandhaltung durch Verwendung von zeitgemäßen Korrosionsschutzarten, die ohne Erneuerung über den gesamten Lebenszyklus von 100 Jahren auskommen. Am Ende der Lebenszeit können die Stahlkomponenten einfach zurückgewonnen und recycelt werden. Es verbleiben keine Rückstände im Boden. Dies ist ein wertvoller Beitrag zur Kreislaufwirtschaft und schont Ressourcen.

ABZ-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Leitung (m/w/d) der Abteilung Tiefbau, Pullach im Isartal  ansehen
Aufsichtsperson I zur Ausbildung als Technische/r..., Niedersachsen Mitte  ansehen
Seilbaggerfahrer (m/w/d), Jettingen-Scheppach  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

ABZ-Redaktions-Newsletter

Freitags die aktuellen Baunachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen