Wasserdichte Lösung

Alles fließt – doch die Schalung hält stand

Horkheim (ABZ). – Die Wehranlage Horkheim istin die Jahre gekommen und muss saniert werden. Zunächst wurde geplant, den Großteil dieser Arbeiten mit Tauchern durchzuführen. Diese Vorgehensweise ist aufwändig, teuer, nicht ungefährlich und die Ergebnisse nur schwer kontrollierbar.
NOE Schalung
Zur Fixierung der Schalung wird die Wehrsohle von Tauchern teilweise aufbetoniert.

Die findigen Ingenieure der Firma Heberger kamen mit der Systemschalung von Noe auf die elegantere Idee einer Baugrubenumschließung. Somit werden die Taucharbeiten minimiert und obwohl sich die Baustelle mitten im fließenden Gewässer befindet, kann im Trockenen gearbeitet werden.

Auf dem Neckar reiste schon Mark Twain und der Fluss erfüllt als Bundeswasserstraße, Biotop, Erholungsraum, Stromlieferant und Transportweg auf seinen rund 362 km Länge all diese unterschiedlichen Funktionen, bevor er bei Mannheim in den Rhein mündet. Die jüngste seiner insgesamt 27 Wehranlagen wurde im Jahr 1966 gebaut. Bei ihrer Inbetriebnahme war das älteste Wehr aus dem Jahr 1919 erst 47 Jahre alt und somit gut sieben Jahre jünger als die Anlage von 1966 aus heutiger Sicht. Es ist nicht verwunderlich, dass an diesen betagten Bauwerken der Zahn der Zeit und die beständigen Wasserströme nagen, auch an der im Jahr 1929 in Betrieb genommenen Wehranlage Horkheim im Raum Heilbronn. Das dreifeldrige Wehr dient zur Regulierung des Wasserstandes des Neckars und ist durch einen 3 km langen Kanal mit dem Fluss verbunden. Beim Bau der Anlage wirkte der Architekt Paul Bonatz mit, der auch den Stuttgarter Hauptbahnhof geplant hat. Wie damals in der Region üblich, besteht die Tragkonstruktion aus 4,5 m breiten, nur sparsam bewehrten Betonpfeilern mit einem Kern aus wenig festem Stampfbe-ton (Klasse C 20/25), umgeben von einer 30 cm starken Betonschale höherer Festigkeit (Klasse C 60/70). Durch diese, mit den Jahrzehnten rissig gewordene Schale, dringen Regen und Fluss-wasser ins Pfeilerinnere ein und schwächen die Konstruktion.

Die Firma Heberger wurde als Teil der Arge "Instandsetzung Wehr Horkheim" mit der Sanierung der Anlage beauftragt. Dazu gehören beispielsweise das Erneuern der Antriebstechnik, das Abtragen der alten Antriebshäuschen und insbesondere die Ertüchtigung der porös gewordenen Pfeiler. Insbesondere diese Ertüchtigung hat es in sich: Pro Pfeiler müssen zwischen 70 und 100 Bohrungen mit einer Länge von je 20 m gesetzt werden, durch die der zur Sanierung erforderliche Feinstzement eingepresst wird. Gleichzeitig bleibt die Wehranlage in Betrieb, das heißt die Pfeiler sind vom Fluss umspült und zwei der drei Wehrfelder müssen für den Wasserabfluss stets offengehalten werden.

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NOE Schalung
Sanierung im laufenden Betrieb: Zwei der drei Wehrfelder müssen stets für den Wasserabfluss offen bleiben. Fotos: Noe-Schaltechnik

Die Planer sahen ursprünglich zwei Verfahren zur Lösung der gestellten Aufgabe vor: An allen für Schiffe zugänglichen Stellen werden vor den Pfeilern U-förmige Spundwände errichtet. Nach dem Abpumpen des Wassers entsteht trockener Arbeitsraum für die Verpressarbeiten. An allen anderen Stellen kommen Taucher zum Einsatz, doch das ist leichter gesagt als getan. Eine Taucherkolonne mit Helfer und Reservetaucher besteht aus mindestens drei Personen, wovon nur eine im Wasser tätig ist. Zudem wirbeln Taucher bei ihrer Arbeit Schlamm auf. Die Sicht ist dadurch stark eingeschränkt und verhindert die Qualitätskontrolle der Arbeitsergebnisse. Mit den Tauchern dauerte der erste Bauabschnitt sechs Monate und für die Verantwortlichen war klar, dass zur Lösung dieser Aufgabe eine andere Möglichkeit gefunden werden muss.

Die Ingenieure der Firma Heberger arbeiten seit vielen Jahren und mit gutem Erfolg mit der Firma Noe aus Süßen und deren Schalsystemen. Wenn das NOEtop-System dem Betondruck so gut widersteht, warum dann nicht auch dem Wasserdruck, so ihre Überlegung. Aus den Großflächenelementen der NOEtop werden, analog einer Spundwand, U-förmige Sperren errichtet, um einen trockenen Arbeitsraum an den Pfeilern zu schaffen. Insbesondere das größte Element mit 5,3 m x 2,65 m war wie geschaffen für diesen Einsatz und minimierte die Anzahl der Schalungsstöße erheblich, womit gleichzeitig die Anzahl der möglichen Wassereindringstellen reduziert werden konnte.

Für die Längsseite werden vier 5,3er-Elemente eingesetzt. Sie sorgen mit zusätzlichen Tafeln für eine 3,65 m hohe und fast 28 m lange Sperrwand. Die Stirnseiten messen bei gleicher Höhe jeweils rund 6 m. Die Schalungsstöße und besonders die Sohlfuge zwischen Schalung Betonsohle werden zudem mit Dichtmasse gegen eindringendes Wasser versiegelt. Die gesamte Schalungskonstruktion wird so weit wie möglich an Land vormontiert und dann per Kran auf die Betonsohle vor das betreffende Wehrfeld gestellt. Das teilweise erforderliche Aufbetonieren der alten Sohle ist im neuen Konzept der einzige und sehr überschaubare Einsatz von Tauchern. Anschließend wird die einhäuptig ausgebildete Schalung durch solide Verankerung im Untergrund gegen Auftrieb gesichert. Bei ihrer Bemessung werden zudem die durch Strömungen bei unterschiedlichen Pegelständen implizierten dynamischen Belastungen durch Verwirbelungen berücksichtigt. Angesichts dieser außergewöhnlichen Lösung waren alle Beteiligten zunächst noch etwas vorsichtig. Im Frühjahr 2020 bewies die Konstruktion dann ihre Tauglichkeit auch bei hohem Wasserstand und alle sind sehr zufrieden. Dank der Konstruktion können alle Arbeiten sicher bei guter Sicht im Trockenen durchgeführt sowie ihre Qualität überwacht und gewährleistet werden. Die Sanierung der Wehranlage Horkheim zeigt, wie eine innovative Idee mit vereinten Kräften gut umgesetzt werden kann.

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