Wurst Stahlbau

Mit KI Personalmangel in der Provinz begegnen

Bersenbrück (ABZ). - Wurst Stahlbau setzt Künstliche Intelligenz (KI) in der laufenden Fertigung ein, um Mitarbeiter zu entlasten und die Produktivität zu erhöhen. Das Zeman Robotersystem in der Bersenbrücker Produktionshalle ist nach Unternehmensangaben das erste weltweit, das selbstständig entscheidet. Fünf Roboter packen in der Produktion mit an, bewegen automatisch tonnenschwere Teile auf der Fertigungsstraße, übernehmen Schweißarbeiten und erleichtern das passgenaue Zusammenbringen der Teile auf der Baustelle. Die virtuellen Kollegen nehmen ihren menschlichen Kollegen aber nicht nur schwere Arbeit ab. Sie denken selbstständig mit. Stellen „automatisch“ von Serienbetrieb auf „manuelle“ Einzelfertigung um – wenn es sich lohnt. Mit der denkfähigen Maschine seien Bauelemente bis zur Losgröße eins erstmals wirtschaftlich produzierbar.

Die Zeman SBA ist eine von drei Maschinen dieses Typs weltweit. Mit ihrer eingebauten, lernfähigen KI entscheidet sie selbstständig wie sie am effizientesten arbeiten will. Weil sie selbstständig „denken“ kann und selbst entscheidet, was zu tun ist, trägt sie entscheidend zum Erhalt des Standorts und der Arbeitsplätze von über 250 Beschäftigten bei, teilt das Unternehmen mit. Die arbeiten Hand in Hand mit den virtuellen Kollegen zusammen. Die Roboter sind seit dem Probelauf im November letzten Jahres unverrückbar in den Arbeitsalltag integriert.

Die Zusammenarbeit funktioniere – auch weil die Mitarbeiter von Anfang in den digitalen Veränderungs-Prozess bei Wurst Stahlbau involviert waren. Der Umsatz hatte sich in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt, aber die Arbeitsabläufe waren die alten geblieben. Die körperliche Anstrengung machte der Belegschaft in der Produktion zu schaffen.

Mit den tonnenschweren Teilen müssen sie sich nicht mehr belasten. Rund 35 Prozent der Beschäftigten „wandern“ jetzt in die Altersgruppe 50 plus. Eine Migration, die kaum ein mittelständisches Unternehmen verkraften kann, wenn die Mitarbeiter nicht bis zum Rentenalter „durchhalten.“ Denn „Ersatz“ ist nicht in Sicht.

„Es ist essentiell, dass die Arbeitsplätze altersgerecht gestaltet werden, damit die Mitarbeiter gesund bis zur Rente sind und bleiben“, sagt Thomas Wurst, der mit seinen Brüdern Michael und Christian gemeinsam das Unternehmen leitet. In spätestens fünf Jahren will das Unternehmen, das in der zweiten Generation von der Familie geführt wird, vollständig digitalisiert sein. Geplant ist kein Personalabbau – sondern eine Verringerung der Abhängigkeit vom deutschen Arbeitsmarkt.

Eine Standortverlagerung ins - oft kostengünstigere - Ausland komme für die Firmenlenker aus Bersenbrück nicht in Frage. Aber im Hochlohnland Deutschland produzieren und dabei wettbewerbsfähig bleiben – das gehe nur, wenn der „Standortnachteil“ gegenüber Niedriglohnländern durch Effizienz zumindest nivelliert werde.

„Kapazitäten erhöhen, ohne Lohnkostensenkung. Das war die Herausforderung. Die Frage war also, wie die Produktion vor Ort effizienter wird. Die Antwort lautet: Mit KI. Und einer intelligenten Mischkalkulation: Zwei Drittel Handwerk und ein Drittel Roboter“, so Thomas Wurst.

Der Mangel an verfügbaren Facharbeitern hat sich - laut Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. in Berlin - im deutschen Baugewerbe zum größten Geschäftsrisiko entwickelt. „Fachkräfte – zumal Schlosser und Schweißer – sind in Deutschland „Mangelware“.

Die fünf Roboter mit einer Kapazität von 30-40 Mitarbeitern übernehmen in Bersenbrück Arbeiten, für die sich hier niemand mehr findet.

Wurst Stahlbau ist eines der ganz wenigen Unternehmen in Deutschland, die virtuelle Kollegen im laufenden Betrieb einstellen. Lediglich vier Prozent setzen laut aktueller Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Cooper (PwC) KI bereits ein, darunter meist Großunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern.

Eine Ursache für die Zurückhaltung ist die Datenlage: KI funktioniert erst dann, wenn von ihr zu verarbeitende oder zu interpretierende Daten in digitaler Form vorliegen. „Eine intelligente Maschine aufstellen kann jeder, aber die Maschine verlangt ständig mit technischen Daten gefüttert zu werden,“ erläutert Thomas Wurst.

Die Zeman SBA wird gefüttert – mit kompatiblen Konstruktionsdaten direkt aus dem Technischen Büro, die für den gesamten Produktionsprozess „passen“. Der Datentransfer hat eine lange Geschichte, die vor Jahren mit der Verlegung eines eigenen Glasfaserkabels begann. Stand heute ist der Austausch von Planungsdaten mit Zulieferern und Kunden bereits Tagesgeschäft, die Herstellung von genau einem definierten Teil mit eindeutiger Identifikation in der Konstruktion bereits Realität. Ebenso die „Sendungsverfolgung:“ Bauteile lassen sich automatisch verorten, der Fertigstellungsgrad ist digital abrufbar. Dazu mussten die Schnittstellen zum Datenaustausch neu programmiert oder beschafft werden, es folgte die Synchronisierung von Datenstandards, die Gleichschaltung und Programmierung der entsprechenden Datenschnittstellen für einen kompatiblen Datenaustausch. Ein siebenstelliges Investment, das die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens sichert.

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