Zeppelin-Baumaschinen-Chef Michael Heidemann
Zeppelin und Caterpillar läuten neues Technologie-Zeitalter ein
Die gute Nachricht zu Anfang des bauma-Jahres kam aus Peoria, Stammsitz des weltgrößten Baumaschinenherstellers Caterpillar. Der scheidende Konzernchef Jim Owens teilte mit, dass die Talsohle durchschritten sei. Über die Krisenbewältigung und die Weltmesse bauma 2010 sprach Rainer Oschütz, Chefredakteur der Allgemeinen Bauzeitung (ABZ), mit Michael Heidemann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Zeppelin Baumaschinen GmbH, Garching bei München.
ABZ: Herr Heidemann, ist die Einschätzung von Owens auch ein Signal für Zeppelin zur Wende nach dem "Seuchenjahr 2009"?
Heidemann: Ich kann bestätigen, dass Caterpillar die Geschäftsentwicklung in diesem Jahr verhalten optimistisch sieht. Der Konzern rechnet mit einem weltweiten Zuwachs von zehn bis 25 Prozent. Die hohe Spannweite der Zahlen belegt aber auch, dass es einem Weltkonzern wie Caterpillar gegenwärtig noch schwer fällt, die Situation konkret einzuschätzen. Das Gleiche gilt für meine Prognose. Ich rechne für Deutschland wieder mit einem Marktwachstum, denn wir haben im vergangenen Jahr mit durchschnittlich 50 Prozent Umsatzeinbußen einen extremen Absturz erlebt. Das war für die Baumaschinenindustrie eines der schlechtesten Jahre nach dem zweiten Weltkrieg. Dagegen haben zahlreiche Bauunternehmen 2009 ein Rekordjahr einfahren können. Diese Diskrepanz ist auf der einen Seite der allgemeinen Verunsicherung in der gesamten Wirtschaft geschuldet. Auf der anderen Seite war es aber auch richtig, vorsichtig mit dem vorhandenen Kapital umzugehen. Damit meine ich auch die Sicherung der Arbeitsplätze in einer wirtschaftlich schwierigen Situation. Weltweit gesehen wurden die Märkte von einer bisher noch nie dagewesenen Wirtschafts- und Finanzkrise beherrscht, deren Ausläufer heute noch spürbar sind.
ABZ: Was wurde bei Zeppelin für die Sicherung von Arbeitsplätzen getan?
Heidemann: Wir haben mit unseren Belegschaftsvertretern und unseren Führungskräften eine Art freiwilligen Solidarpakt geschlossen. Ziel war es, möglichst kein Personal in Deutschland und in Zentraleuropa zu entlassen und Zeppelin gestärkt aus der Krise zu führen. So haben die deutschen Führungskräfte – vom Werkstattleiter bis zum Management – freiwillig auf zehn Prozent ihres Einkommens verzichtet. Weiterhin verkürzten alle Mitarbeiter ihren Urlaub um zwei Tage. Eine mögliche Tariferhöhung wurde ausgesetzt. Alle Zeppelin Mitarbeiter verzichteten darüber hinaus auf einen variablen Anteil bei der Vergütung. Dieser Solidarpakt, wie ich die Vereinbarung bezeichnen möchte, hat geholfen, deutlich die Kosten zu reduzieren und die Arbeitsplätze zu erhalten. Es ist für uns als Dienstleiter enorm wichtig, unser Fachpersonal zu halten. Besonders habe ich mich darüber gefreut, dass wir innerhalb von 14 Tagen den Solidaritätspakt in einer konzertierten Aktion geschmiedet haben. Natürlich verzichtet niemand gerne auf sein Geld. Trotzdem gab es eine hohe Bereitschaft und großes Verständnis für die schwierige wirtschaftliche Lage. Mit einhelliger Zustimmung haben die Mitarbeiter diese Vereinbarung unterschrieben. Ich glaube, wir können alle auf diese für Zeppelin typische Unternehmenskultur stolz sein.
ABZ: Wohin geht die "Zeppelin-Reise" in diesem Jahr?
Heidemann: Ich gehe davon aus, dass der Konjunkturmotor schnell wieder anspringt. Ich sehe für Deutschland 2010 ein Wachstum des Marktes um etwa zehn bis 15 Prozent. So kann die Baumaschinenindustrie relativ schnell in ein normales Fahrwasser zurückfinden. Mit der Prognose ist natürlich eine Portion Hoffnung verbunden. Jedoch gibt es dafür auch ein paar Anzeichen, die meine Annahme bestätigen. Dazu gehört ein ausgesprochen guter Auftragseingang bei Zeppelin in den ersten drei witterungsbedingt schwierigen Monaten dieses Jahres. Das zeigt, dass der im vergangenen Jahr entstandene Investitionsstau – trotz relativ guter Auftragslage zahlreicher Bauunternehmen – wieder abgebaut wird. Die Absicht unserer Kunden, 2010 in neue Technik zu investieren, ist durchaus erkennbar. Besonders überrascht hat mich der Wohnungsbau. Eines der größten Sorgenkinder der vergangenen Jahre verspricht Besserung. Gegenwärtig sind Baufinanzierungen für Bauherren so günstig wie noch nie. Viele stecken heute ihr Geld lieber in Immobilien als in Aktien. In den vergangenen Monaten stiegen die Baugenehmigungen wieder an. Das macht Hoffnung. Auch der Tief- und Straßenbau hat an Fahrt gewonnen. Entscheidend wird aber sein, ob die Lage in Deutschland nach Auslaufen der Konjunkturpakete der Bundesregierung gut genug sein wird, um den Wirtschaftsbau wieder anzukurbeln. Das ist ja auch Ziel der Berliner Konjunkturspritze gewesen, dass wieder ein Stück Normalität in die wirtschaftliche Entwicklung kommt. Was uns selbst betrifft, halte ich mich an Thomas von Aquin: Für Wunder muss man beten, für Veränderung aber arbeiten.
ABZ: Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass Ihr Herstellerpartner Caterpillar die wirtschaftlich schwierigen Monate genutzt hat, um neue beziehungsweise weiterentwickelte Maschinen auf den Markt zu bringen. Nennen Sie Beispiele!
Heidemann: Caterpillar hat trotz erdrutschartiger Umsatzeinbußen von über einem Drittel 2008/2009 sein Forschungs- Entwicklungsbudget – rund 6 Millionen US-Dollar pro Werktag – nicht gekürzt. Im Gegenteil, es wurde aufgrund der Motorenentwicklung sogar verstärkt. Insgesamt hat Caterpillar im Krisenjahr 2009 rund 1,5 Milliarden Dollar für F&E aufgewendet. Der Schritt zur aktuellen Tier 4/Stage IIIB Lösung zur Reduktion der Abgasemissionen bei gleichzeitiger Weiterentwicklung von Leistung und Langlebigkeit ist die aufwendigste und teuerste Produktentwicklungs-Initiative in der Geschichte von Caterpillar. Das Ergebnis können Besucher auf der bauma hautnah in Form des Prototypen Cat 336E erleben. Der Kettenbagger 336E ist der Beginn einer völlig neu entwickelten, zukunftweisenden Maschinengeneration, die schon jetzt die ab nächstem Jahr geltenden Europäischen Abgas-Richtlinien erfüllt. Die neuen Maschinen sind allerdings nicht nur umweltfreundlicher, sondern gleichzeitig nochmals leistungsstärker, schneller und produktiver als ihre Vorgänger. Ein weiterer Meilenstein in der Antriebstechnologie, mit dem ein neues Zeitalter begonnen hat, wird gegenwärtig auf unserem bauma Stand in Halle B6 präsentiert: Der neue Dozer D7E besitzt einen dieselelektrischen Antrieb, der für kommende Maschinengenerationen ein Beispiel sein wird. Damit kann der Betreiber den Dieselverbrauch im Vergleich zu einer herkömmlichen Raupe unter gleichen Einsatzbedingungen um etwa 25 Prozent senken. Zwei Ziele standen bei der Entwicklung dieser neuen Technologie im Vordergrund: Über die gesamte Lebensdauer der Maschine stets die niedrigsten Kosten bezogen auf die Leistung in Tonnen pro Stunde zu erreichen und gleichzeitig den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Der Dozer ist weder auf eine traditionelle mechanische Kraftübertragung mit Getriebe und Kupplung noch auf Motorriemen angewiesen. Zudem kommt der elektrische Antriebsstrang mit 60 Prozent weniger beweglichen Teilen aus als die Vorgängermodelle. Im Vergleich zu allen anderen Planierraupen dieser Klasse verbraucht die D7E nicht nur deutlich weniger Kraftstoff und hat damit auch eine wesentlich geringere Abgas-Emission, auch der Verschleiß ist deutlich geringer. Caterpillar erzielt somit eine bisher unerreichte Effizienz und Umweltfreundlichkeit. Ich bin sicher, wir sind damit auf dem richtigen Weg.
Weitere Innovationen wie Hybridantriebe für Radlader und Hydraulikbagger befinden sich in der Entwicklung bzw. in der Erprobungsphase. Sie werden dann der Fachwelt vorgestellt, wenn Caterpillar sicher ist, dass diese Maschinen auch wirklich serienreif sind.
ABZ: Die bauma, die jetzt ihre Tore öffnet, ist immer ein Füllhorn für neue leistungsfähige Technik. Was bietet Zeppelin beziehungsweise Caterpillar seinen Kunden zusätzlich zu den gerade erwähnten Produkten an?
Heidemann: Caterpillar läutet mit Einführung des Abbruchbaggers DEM 50 auf der bauma ein neues Zeitalter in der Konstruktion von Abbruchmaschinen ein. Der DEM 50 ist das erste und gleichzeitig beeindruckende Ergebnis einer engen Kooperation zwischen Caterpillar und dem französischen Abbruchspezialisten Vensys Group. Mit Demlone hat Vensys eine neue Tochtergesellschaft gegründet, die exklusiv mit Caterpillar bei der Entwicklung einer umfassenden Serie von Abbruchmaschinen mit ultralanger Ausrüstung zusammenarbeitet. Der DEM 50 bedeutet einen Riesenschritt in Sachen Kundennutzen. Er bietet größere Reichhöhen, ein hydraulisches Bolzenwechselsystem, ein innovatives Überwachungssystem, eine Wassersprühanlage ab Werk, ein spezielles Scheibenreinigungssystem mit Druckluft und vieles mehr. In Sachen Spezialmaschinen zeigen wir übrigens auch eine gemeinsame Ingenieursleistung von Zeppelin und Caterpillar: den Tunnelbagger 328D mit einem Einsatzgewicht von 43,5 Tonnen und einem Heckschwenkradius von nur 1,90 Meter. Zeppelin hat für diese Maschine einen speziell für europäische Tunnelprofile und für niedrige Arbeitshöhen geeigneten verkürzten Tunnelausleger konstruiert. Der 328D ist eine echte Bereicherung für den deutschen Markt bezüglich Kundennutzen und Produktivität, denn in dieser Gewichts-klasse gibt es nichts Vergleichbares. Gerade bei Großprojekten wie zum Beispiel Stuttgart 21 kann diese Maschine deutlich effektiver eingesetzt werden als andere. Der 328D ist der einzige 43-Tonnen-Tunnelbagger, der mit dem Platz eines 27-Tonnen-Geräts auskommt, aber durch die höhere Leistung deutlich schneller vordringt. Ein weiterer Schwerpunkt unseres Messeauftritts liegt auf dem Zukunftsaspekt Connected Worksite, also Maschinensteuerungs- und Maschinenmanagement-Systeme. Durch die Zusammenarbeit mit Trimble hat Caterpillar gezielt die eigenen Maschinen auf Connected Worksite ausgerichtet. So entwickelte das Unternehmen CTCT, ein 50:50-Joint Venture, unsere Produktlinien AccuGrade bzw. CGC für die Steuerung von Baumaschinen per Laser-, GPS- oder Tachymetersystemen. Im vergangenen Jahr haben beide Partner ein weiteres Joint-Venture-Unterneh-men gegründet. Virtual Site Solution kümmert sich fortan um die Entwicklung der Baustellen- und Flottenmanagement-Systeme. Überdies schafft Caterpillar durch die Einbindung der Trimble-Produkte auch die Voraussetzungen dafür, dass die Kunden mit einer Systemfamilie Mischflotten managen können. Insgesamt zeigen wir auf unserem Stand in Halle B6 rund 60 Cat Maschinen vom Minibagger bis zum riesigen, 134 Tonnen schweren Radlader 993K. Dabei werden den Besuchern die Maschinen und die dazugehörigen Dienstleistungen beziehungsweise technischen Lösungen als Einheit und ineinander greifende Systeme erfahrbar gemacht. Ziel ist es, zu zeigen, wie man mithilfe moderner Systemlösungen effizienter und produktiver arbeiten kann. Wir sind in vielen Bereichen in ein neues Produktzeitalter vorgedrungen und möchten unsere Kunden dorthin mitnehmen.
ABZ: Zeppelin hat in der Vergangenheit seine Position in Deutschland und in zahlreichen Ländern ausgebaut. Sehen Sie Ihr Haus weiterhin als mittelständisches Unternehmen?
Heidemann: Per Definition und in Bezug auf Umsatz und Mitarbeiteranzahl ist Zeppelin kein mittelständisches Unternehmen mehr, sondern ein Konzern. Wir haben uns in den letzten Jahren stark entwickelt, sind unabhängiger von Konjunkturzyklen und somit krisensicherer geworden, haben unsere Wertschöpfungskette erweitert und unser Angebot für unsere Kunden ausgebaut. Zum Beispiel sind wir durch die Übernahme der Mietaktivitäten der MVS AG – heute MVS Zeppelin GmbH & Co. KG – zum deutschlandweit stärksten Vermieter in der Baubranche geworden. Auch im Motorenbereich sind wir durch Gründung von Zeppelin Power Systems wesentlich stärker aufgestellt als früher. Dennoch haben wir uns die positiven Aspekte des mittelständischen Unternehmens bewahrt: Wir sind nach wie vor dezentral organisiert und arbeiten sehr nah am Kunden, denn wir verstehen uns als echter Partner. Wir haben flache Hierarchien und es herrscht eine starke Solidarität unter den Mitarbeitern, was der zuvor erwähnte Solidarpakt, mit dem Zeppelin seine Arbeitsplätze erhalten konnte, beweist. Auch das Selbstverständnis, also die Art, wie wir miteinander umgehen und arbeiten, die Kleinteiligkeit unserer Betriebe – 6200 Mitarbeiter arbeiten an rund 200 Standorten – entspricht dieser Unternehmenskultur. Die Kombination der positiven Aspekte eines finanziell starken und unabhängigen Konzerns und die eines schnell agierenden mittelständischen Unternehmens wollen wir uns auch in Zukunft erhalten. Wir sind offen für neue Produkte, Dienstleistungen und auch für neue Gebiete. Eine Expansion muss aber immer zu unserer Kernkompetenz und Unternehmensphilosophie passen. So wollen wir grundsätzlich unter den ersten drei Anbietern eines Geschäftsfeldes sein. Wenn wir das nicht erreichen können, steigen wir auch nicht in neue Bereiche ein. Ziel bleibt immer, die Marktführerschaft mit einem Spitzenprodukt zu erreichen. Das trifft natürlich auch auf unsere Dienstleistungsangebote zu.
ABZ: Ihr Handelshaus ist für moderne, innovative Dienstleistungen bekannt. Sie haben ihre Partner auch in den Krisenmonaten nicht "im Regen stehen lassen". Wie kam die "Schirmaktion" an?
Heidemann: Dienstleistung ist für Zeppelin der absolute Fokus. Natürlich muss zunächst die Qualität des Produkts, also unserer Maschinen stimmen. Da haben wir mit Caterpillar den weltgrößten und besten Partner auf dem Markt. Aber die dazugehörigen Dienstleistungen müssen auch passen: exzellenter Service, perfekte Ersatzteilversorgung, kundenspezifische Finanzierungsprogramme. Und da stehen wir in der Verantwortung. Das gilt besonders in schwierigen Zeiten. Deshalb haben wir 2009 symbolisch einen Schutzschirm aufgespannt. Damit hat Zeppelin deutlich machen wollen, dass wir keinen Kunden im "Regen allein lassen".
Auch und gerade in Krisenzeiten stehen wir mit starken Produkten, gutem Service und vor allem mit attraktiven Finanzierungsangeboten unseren Kunden zur Seite. Daran werden wir auch 2010 festhalten, wie die kommenden bauma-Tage eindrucksvoll beweisen werden.
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